Freude dabei, nur keine Schadenfreude." Aber die Lustigkeit über die Holz-Einbusse wurde Walten etwas verkümmert, als er den alten Schulzen aus der Stadt schreiten und ins Holz dringen sah, Märtirerkrone und Zepter tragend. Auf die ange¬ plätzten Stämme lief Lukas zu -- fragte, sagte dieß oder das und keifte -- durchschnitt den Gehau nach allen Ecken -- stritt ohne Vollmacht wider alles -- flog als ein flüchtiges Waldgericht und Forstkollegium hin und her, an jeden Busch, neben jede Säge -- machte die Wüste, seines Gesichts im¬ mer dürrer und arabischer, je mehrere Erben an¬ kamen, die größten Baumschänder, die er sich den¬ ken konnte -- sah seufzend zu jedem Gipfel auf, der stürzen wollte -- und trieb nichts durch als forst¬ gerecht den Weg, auf welchem der fallende Baum das Buschholz schonen mußte.
Walt schaute erbärmlich herüber; so leicht er sonst sein schwarzes Schicksal wie sein weisses nur zu dichterischer Farbengebung verrieb, gleichsam zu Kohle und zu Kreide: so konnt' er sich doch den Holz¬ schlag des Schlagholzes zu keinem dichterischen Baumschlag ausmalen, weil ihn der Vater pei¬
Freude dabei, nur keine Schadenfreude.“ Aber die Luſtigkeit uͤber die Holz-Einbuſſe wurde Walten etwas verkuͤmmert, als er den alten Schulzen aus der Stadt ſchreiten und ins Holz dringen ſah, Maͤrtirerkrone und Zepter tragend. Auf die ange¬ plaͤtzten Staͤmme lief Lukas zu — fragte, ſagte dieß oder das und keifte — durchſchnitt den Gehau nach allen Ecken — ſtritt ohne Vollmacht wider alles — flog als ein fluͤchtiges Waldgericht und Forſtkollegium hin und her, an jeden Buſch, neben jede Saͤge — machte die Wuͤſte, ſeines Geſichts im¬ mer duͤrrer und arabiſcher, je mehrere Erben an¬ kamen, die groͤßten Baumſchaͤnder, die er ſich den¬ ken konnte — ſah ſeufzend zu jedem Gipfel auf, der ſtuͤrzen wollte — und trieb nichts durch als forſt¬ gerecht den Weg, auf welchem der fallende Baum das Buſchholz ſchonen mußte.
Walt ſchaute erbaͤrmlich heruͤber; ſo leicht er ſonſt ſein ſchwarzes Schickſal wie ſein weiſſes nur zu dichteriſcher Farbengebung verrieb, gleichſam zu Kohle und zu Kreide: ſo konnt' er ſich doch den Holz¬ ſchlag des Schlagholzes zu keinem dichteriſchen Baumſchlag ausmalen, weil ihn der Vater pei¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0029"n="23"/>
Freude dabei, nur keine Schadenfreude.“ Aber die<lb/>
Luſtigkeit uͤber die Holz-Einbuſſe wurde Walten<lb/>
etwas verkuͤmmert, als er den alten Schulzen<lb/>
aus der Stadt ſchreiten und ins Holz dringen ſah,<lb/>
Maͤrtirerkrone und Zepter tragend. Auf die ange¬<lb/>
plaͤtzten Staͤmme lief Lukas zu — fragte, ſagte<lb/>
dieß oder das und keifte — durchſchnitt den Gehau<lb/>
nach allen Ecken —ſtritt ohne Vollmacht wider<lb/>
alles — flog als ein fluͤchtiges Waldgericht und<lb/>
Forſtkollegium hin und her, an jeden Buſch, neben<lb/>
jede Saͤge — machte die Wuͤſte, ſeines Geſichts im¬<lb/>
mer duͤrrer und arabiſcher, je mehrere Erben an¬<lb/>
kamen, die groͤßten Baumſchaͤnder, die er ſich den¬<lb/>
ken konnte —ſah ſeufzend zu jedem Gipfel auf, der<lb/>ſtuͤrzen wollte — und trieb nichts durch als forſt¬<lb/>
gerecht den Weg, auf welchem der fallende Baum<lb/>
das Buſchholz ſchonen mußte.</p><lb/><p>Walt ſchaute erbaͤrmlich heruͤber; ſo leicht er<lb/>ſonſt ſein ſchwarzes Schickſal wie ſein weiſſes nur zu<lb/>
dichteriſcher Farbengebung verrieb, gleichſam zu<lb/>
Kohle und zu Kreide: ſo konnt' er ſich doch den Holz¬<lb/>ſchlag des Schlagholzes zu keinem dichteriſchen<lb/>
Baumſchlag ausmalen, weil ihn der Vater pei¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[23/0029]
Freude dabei, nur keine Schadenfreude.“ Aber die
Luſtigkeit uͤber die Holz-Einbuſſe wurde Walten
etwas verkuͤmmert, als er den alten Schulzen
aus der Stadt ſchreiten und ins Holz dringen ſah,
Maͤrtirerkrone und Zepter tragend. Auf die ange¬
plaͤtzten Staͤmme lief Lukas zu — fragte, ſagte
dieß oder das und keifte — durchſchnitt den Gehau
nach allen Ecken — ſtritt ohne Vollmacht wider
alles — flog als ein fluͤchtiges Waldgericht und
Forſtkollegium hin und her, an jeden Buſch, neben
jede Saͤge — machte die Wuͤſte, ſeines Geſichts im¬
mer duͤrrer und arabiſcher, je mehrere Erben an¬
kamen, die groͤßten Baumſchaͤnder, die er ſich den¬
ken konnte — ſah ſeufzend zu jedem Gipfel auf, der
ſtuͤrzen wollte — und trieb nichts durch als forſt¬
gerecht den Weg, auf welchem der fallende Baum
das Buſchholz ſchonen mußte.
Walt ſchaute erbaͤrmlich heruͤber; ſo leicht er
ſonſt ſein ſchwarzes Schickſal wie ſein weiſſes nur zu
dichteriſcher Farbengebung verrieb, gleichſam zu
Kohle und zu Kreide: ſo konnt' er ſich doch den Holz¬
ſchlag des Schlagholzes zu keinem dichteriſchen
Baumſchlag ausmalen, weil ihn der Vater pei¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/29>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.