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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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Walt ging in eine Larven-Bude, und suchte
lange nach einer Larve, welche einen Apollo oder
Jupiter darstellte; er begreife nicht, sagte er,
warum man fast nur häßliche vorstecke. Da Vult
ihm gerathen, erst um 11 Uhr in den vollen Saal
zu kommen: so holte er im gemächlichen Anputzen
sich aus jedem Kleidungsstück wie aus Blumen¬
kelchen feinen Traum-Honig. -- Das Ankleiden
gerade in der Zeit des Auskleidens, und das all¬
gemeine späte Wachen und Lärmen der Stadt so
wie des Hauses, färbte ihm die Nachtwelt mit
romantischem Scheine, besonders der Punkt, daß
er eine Rolle in diesem großen Fastnachtsspiele
hatte. Wie anders klingt das Rollen der Wagen,
wenn man weiß, man kommt ihnen nach, als
wenn man es hört, mit der Nachtmütze vor dem
Bett-Bret stehend! --

Da er aus dem Stübchen trat, bat er Gott,
daß er es froh wieder finden möge, es war ihm
wie einem ruhmdurstigen Helden, der in seine er¬
ste Schlacht auszieht. Mit häuslichem Gefühle,
in der Doppelmaske des Bergknappen und Fuhr¬
manns gleichsam zu Hause zu seyn, und nur

Walt ging in eine Larven-Bude, und ſuchte
lange nach einer Larve, welche einen Apollo oder
Jupiter darſtellte; er begreife nicht, ſagte er,
warum man faſt nur haͤßliche vorſtecke. Da Vult
ihm gerathen, erſt um 11 Uhr in den vollen Saal
zu kommen: ſo holte er im gemaͤchlichen Anputzen
ſich aus jedem Kleidungsſtuͤck wie aus Blumen¬
kelchen feinen Traum-Honig. — Das Ankleiden
gerade in der Zeit des Auskleidens, und das all¬
gemeine ſpaͤte Wachen und Laͤrmen der Stadt ſo
wie des Hauſes, faͤrbte ihm die Nachtwelt mit
romantiſchem Scheine, beſonders der Punkt, daß
er eine Rolle in dieſem großen Faſtnachtsſpiele
hatte. Wie anders klingt das Rollen der Wagen,
wenn man weiß, man kommt ihnen nach, als
wenn man es hoͤrt, mit der Nachtmuͤtze vor dem
Bett-Bret ſtehend! —

Da er aus dem Stuͤbchen trat, bat er Gott,
daß er es froh wieder finden moͤge, es war ihm
wie einem ruhmdurſtigen Helden, der in ſeine er¬
ſte Schlacht auszieht. Mit haͤuslichem Gefuͤhle,
in der Doppelmaske des Bergknappen und Fuhr¬
manns gleichſam zu Hauſe zu ſeyn, und nur

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[274/0280] Walt ging in eine Larven-Bude, und ſuchte lange nach einer Larve, welche einen Apollo oder Jupiter darſtellte; er begreife nicht, ſagte er, warum man faſt nur haͤßliche vorſtecke. Da Vult ihm gerathen, erſt um 11 Uhr in den vollen Saal zu kommen: ſo holte er im gemaͤchlichen Anputzen ſich aus jedem Kleidungsſtuͤck wie aus Blumen¬ kelchen feinen Traum-Honig. — Das Ankleiden gerade in der Zeit des Auskleidens, und das all¬ gemeine ſpaͤte Wachen und Laͤrmen der Stadt ſo wie des Hauſes, faͤrbte ihm die Nachtwelt mit romantiſchem Scheine, beſonders der Punkt, daß er eine Rolle in dieſem großen Faſtnachtsſpiele hatte. Wie anders klingt das Rollen der Wagen, wenn man weiß, man kommt ihnen nach, als wenn man es hoͤrt, mit der Nachtmuͤtze vor dem Bett-Bret ſtehend! — Da er aus dem Stuͤbchen trat, bat er Gott, daß er es froh wieder finden moͤge, es war ihm wie einem ruhmdurſtigen Helden, der in ſeine er¬ ſte Schlacht auszieht. Mit haͤuslichem Gefuͤhle, in der Doppelmaske des Bergknappen und Fuhr¬ manns gleichſam zu Hauſe zu ſeyn, und nur

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/280>, abgerufen am 25.11.2024.