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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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Walten schien es ein wenig, als komme Vult
eben nicht vom festen Lande her. Beider Abend
wurde aber im Feuer der Liebe vergoldet. Jeder
glaubte, er sehe über den Paradieses-Strom
hinüber recht gut die Quelle der Freude des an¬
dern von weitem rauchen und nebeln. Walt
zwang ihn scherzhaft, es auf einen Bogen zu
schreiben, daß er morgen noch der heutigen Mei¬
nung seyn und blasen und setzen wolle. Vult
schrieb: "ich will, wie Siegwart, den Mond zu
meinem Bettwärmer machen -- oder ein Lauf¬
feuer im Laufe aufhalten -- ja ich will die erste
beste Glaciere von Prüde heirathen und mir es
also gefallen lassen, daß eine Jungfrau die
Früchte der Glutzeit zu Eiszierrathen ausquetscht,
z. B. zu Rosen- und Aprikoseneis, zu Stachel¬
beereneis, zu Citroneneis: wenn ich nicht die
beste Flötenmusik sogleich Mozartisch setze und
blase zur Zauberflöte, in der Minute, wo diese
mein Bruder gedichtet und aufgeschrieben hat;
und ich entsage jeder Exzeption, besonders der,
daß ich heute nicht gewußt hätte, was ich mor¬
gen wollte." --

Walten ſchien es ein wenig, als komme Vult
eben nicht vom feſten Lande her. Beider Abend
wurde aber im Feuer der Liebe vergoldet. Jeder
glaubte, er ſehe uͤber den Paradieſes-Strom
hinuͤber recht gut die Quelle der Freude des an¬
dern von weitem rauchen und nebeln. Walt
zwang ihn ſcherzhaft, es auf einen Bogen zu
ſchreiben, daß er morgen noch der heutigen Mei¬
nung ſeyn und blaſen und ſetzen wolle. Vult
ſchrieb: „ich will, wie Siegwart, den Mond zu
meinem Bettwaͤrmer machen — oder ein Lauf¬
feuer im Laufe aufhalten — ja ich will die erſte
beſte Glacière von Pruͤde heirathen und mir es
alſo gefallen laſſen, daß eine Jungfrau die
Fruͤchte der Glutzeit zu Eiszierrathen ausquetſcht,
z. B. zu Roſen- und Aprikoſeneis, zu Stachel¬
beereneis, zu Citroneneis: wenn ich nicht die
beſte Floͤtenmuſik ſogleich Mozartiſch ſetze und
blaſe zur Zauberfloͤte, in der Minute, wo dieſe
mein Bruder gedichtet und aufgeſchrieben hat;
und ich entſage jeder Exzeption, beſonders der,
daß ich heute nicht gewußt haͤtte, was ich mor¬
gen wollte.“ —

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[223/0229] Walten ſchien es ein wenig, als komme Vult eben nicht vom feſten Lande her. Beider Abend wurde aber im Feuer der Liebe vergoldet. Jeder glaubte, er ſehe uͤber den Paradieſes-Strom hinuͤber recht gut die Quelle der Freude des an¬ dern von weitem rauchen und nebeln. Walt zwang ihn ſcherzhaft, es auf einen Bogen zu ſchreiben, daß er morgen noch der heutigen Mei¬ nung ſeyn und blaſen und ſetzen wolle. Vult ſchrieb: „ich will, wie Siegwart, den Mond zu meinem Bettwaͤrmer machen — oder ein Lauf¬ feuer im Laufe aufhalten — ja ich will die erſte beſte Glacière von Pruͤde heirathen und mir es alſo gefallen laſſen, daß eine Jungfrau die Fruͤchte der Glutzeit zu Eiszierrathen ausquetſcht, z. B. zu Roſen- und Aprikoſeneis, zu Stachel¬ beereneis, zu Citroneneis: wenn ich nicht die beſte Floͤtenmuſik ſogleich Mozartiſch ſetze und blaſe zur Zauberfloͤte, in der Minute, wo dieſe mein Bruder gedichtet und aufgeſchrieben hat; und ich entſage jeder Exzeption, beſonders der, daß ich heute nicht gewußt haͤtte, was ich mor¬ gen wollte.“ —

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/229>, abgerufen am 27.11.2024.