aber als den letzten bewohnen durfte, -- für ihn wenn kein Sonnen- doch ein Mondtempel, dem nichts fehlte als die Luna dazu. Sogar der blaue Streusand voll Goldsand -- das blauweiße Din¬ tenfaß und Papier -- das blaue Siegellack -- und die Blumendüfte, welche aus dem Neben¬ zimmer einwehten, schmückten sein stilles Aether- Fest der Hoffnung. In der Liebe ist das Erndte¬ fest der Freude nicht um eine halbe Sekunde vom Säetage und Säefest der Freude verschieden.
Als er sich nun abschreibend abmahlte, wie ihm das Herz schlagen würde, das schon heftig schlug, wenn die Liebes-Gestalt aus seinem Kopf und lange Traume wie eine Göttin lebendig ins Leben spränge, nämlich vor ihn hin: so kam nichts als das verhaßte Kammermädchen mit ei¬ nem Stick-Gerüste, aber bald ihr nach die blü¬ hende Wina, die Rose und das Rosenfest zugleich. Es ist schwer zu sagen, womit er sie anmurmel¬ te, da er sie damit nicht anredete. Sie verbeugte sich so tief vor ihm, als wäre er der goldene und figurirte Knopf am Oberstabe des Generals, und sagte das höflichste Bewillkommungs-Wort, und
aber als den letzten bewohnen durfte, — fuͤr ihn wenn kein Sonnen- doch ein Mondtempel, dem nichts fehlte als die Luna dazu. Sogar der blaue Streuſand voll Goldſand — das blauweiße Din¬ tenfaß und Papier — das blaue Siegellack — und die Blumenduͤfte, welche aus dem Neben¬ zimmer einwehten, ſchmuͤckten ſein ſtilles Aether- Feſt der Hoffnung. In der Liebe iſt das Erndte¬ feſt der Freude nicht um eine halbe Sekunde vom Saͤetage und Saͤefeſt der Freude verſchieden.
Als er ſich nun abſchreibend abmahlte, wie ihm das Herz ſchlagen wuͤrde, das ſchon heftig ſchlug, wenn die Liebes-Geſtalt aus ſeinem Kopf und lange Traume wie eine Goͤttin lebendig ins Leben ſpraͤnge, naͤmlich vor ihn hin: ſo kam nichts als das verhaßte Kammermaͤdchen mit ei¬ nem Stick-Geruͤſte, aber bald ihr nach die bluͤ¬ hende Wina, die Roſe und das Roſenfeſt zugleich. Es iſt ſchwer zu ſagen, womit er ſie anmurmel¬ te, da er ſie damit nicht anredete. Sie verbeugte ſich ſo tief vor ihm, als waͤre er der goldene und figurirte Knopf am Oberſtabe des Generals, und ſagte das hoͤflichſte Bewillkommungs-Wort, und
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[204/0210]
aber als den letzten bewohnen durfte, — fuͤr ihn
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nichts fehlte als die Luna dazu. Sogar der blaue
Streuſand voll Goldſand — das blauweiße Din¬
tenfaß und Papier — das blaue Siegellack —
und die Blumenduͤfte, welche aus dem Neben¬
zimmer einwehten, ſchmuͤckten ſein ſtilles Aether-
Feſt der Hoffnung. In der Liebe iſt das Erndte¬
feſt der Freude nicht um eine halbe Sekunde vom
Saͤetage und Saͤefeſt der Freude verſchieden.
Als er ſich nun abſchreibend abmahlte, wie
ihm das Herz ſchlagen wuͤrde, das ſchon heftig
ſchlug, wenn die Liebes-Geſtalt aus ſeinem Kopf
und lange Traume wie eine Goͤttin lebendig ins
Leben ſpraͤnge, naͤmlich vor ihn hin: ſo kam
nichts als das verhaßte Kammermaͤdchen mit ei¬
nem Stick-Geruͤſte, aber bald ihr nach die bluͤ¬
hende Wina, die Roſe und das Roſenfeſt zugleich.
Es iſt ſchwer zu ſagen, womit er ſie anmurmel¬
te, da er ſie damit nicht anredete. Sie verbeugte
ſich ſo tief vor ihm, als waͤre er der goldene und
figurirte Knopf am Oberſtabe des Generals, und
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/210>, abgerufen am 23.11.2024.
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