ihm ganz einerlei -- so freudig ging sein Puls -- worüber er ein Instrument aufsetzte, ob über die Verlassenschaft eines Hofpredigers, oder über eine angebohrte Oel-Tonne, oder über eine Wette: immer dacht' er an das Haus des Generals, oder an den Wasserfall, oder an Leipzig und es konnte ihm gleichgültig seyn, (denn er gab nicht darauf Acht,) was er niederschrieb als offner kaiserlicher Notar.
So glänzend-umsponnen vom Nachsommer des Herzens kam er aus dem September und dem Notariat endlich in den Oktober hinüber, wo er vor den Kabelschen Testaments-Exekutoren die Rechnung über das bisherige Erbamt abzulegen hatte, vor welcher ihm nicht im geringsten bange war; denn Wina's Blick hatte in ihm einen so feurigen Herzschlag entzündet, daß er mit einem solchen Frühlings-Pulse vermochte, in jeder äus¬ sern Kälte des Schicksals warm zu bleiben.
Sein Vater Lukas hatte ihn neuerlich in mehreren Kopien von Brief-Originalen (die der Schulze behielt, weil im Briefschreiben das Ori¬ ginal das schlechtere ist) seine Angst vor dem No¬
ihm ganz einerlei — ſo freudig ging ſein Puls — woruͤber er ein Inſtrument aufſetzte, ob uͤber die Verlaſſenſchaft eines Hofpredigers, oder uͤber eine angebohrte Oel-Tonne, oder uͤber eine Wette: immer dacht' er an das Haus des Generals, oder an den Waſſerfall, oder an Leipzig und es konnte ihm gleichguͤltig ſeyn, (denn er gab nicht darauf Acht,) was er niederſchrieb als offner kaiſerlicher Notar.
So glaͤnzend-umſponnen vom Nachſommer des Herzens kam er aus dem September und dem Notariat endlich in den Oktober hinuͤber, wo er vor den Kabelſchen Teſtaments-Exekutoren die Rechnung uͤber das bisherige Erbamt abzulegen hatte, vor welcher ihm nicht im geringſten bange war; denn Wina's Blick hatte in ihm einen ſo feurigen Herzſchlag entzuͤndet, daß er mit einem ſolchen Fruͤhlings-Pulſe vermochte, in jeder aͤuſ¬ ſern Kaͤlte des Schickſals warm zu bleiben.
Sein Vater Lukas hatte ihn neuerlich in mehreren Kopien von Brief-Originalen (die der Schulze behielt, weil im Briefſchreiben das Ori¬ ginal das ſchlechtere iſt) ſeine Angſt vor dem No¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0021"n="15"/>
ihm ganz einerlei —ſo freudig ging ſein Puls —<lb/>
woruͤber er ein Inſtrument aufſetzte, ob uͤber die<lb/>
Verlaſſenſchaft eines Hofpredigers, oder uͤber eine<lb/>
angebohrte Oel-Tonne, oder uͤber eine Wette:<lb/>
immer dacht' er an das Haus des Generals, oder<lb/>
an den Waſſerfall, oder an Leipzig und es konnte<lb/>
ihm gleichguͤltig ſeyn, (denn er gab nicht darauf<lb/>
Acht,) was er niederſchrieb als offner kaiſerlicher<lb/>
Notar.</p><lb/><p>So glaͤnzend-umſponnen vom Nachſommer<lb/>
des Herzens kam er aus dem September und dem<lb/>
Notariat endlich in den Oktober hinuͤber, wo er<lb/>
vor den Kabelſchen Teſtaments-Exekutoren die<lb/>
Rechnung uͤber das bisherige Erbamt abzulegen<lb/>
hatte, vor welcher ihm nicht im geringſten bange<lb/>
war; denn Wina's Blick hatte in ihm einen ſo<lb/>
feurigen Herzſchlag entzuͤndet, daß er mit einem<lb/>ſolchen Fruͤhlings-Pulſe vermochte, in jeder aͤuſ¬<lb/>ſern Kaͤlte des Schickſals warm zu bleiben.</p><lb/><p>Sein Vater Lukas hatte ihn neuerlich in<lb/>
mehreren Kopien von Brief-Originalen (die der<lb/>
Schulze behielt, weil im Briefſchreiben das Ori¬<lb/>
ginal das ſchlechtere iſt) ſeine Angſt vor dem No¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[15/0021]
ihm ganz einerlei — ſo freudig ging ſein Puls —
woruͤber er ein Inſtrument aufſetzte, ob uͤber die
Verlaſſenſchaft eines Hofpredigers, oder uͤber eine
angebohrte Oel-Tonne, oder uͤber eine Wette:
immer dacht' er an das Haus des Generals, oder
an den Waſſerfall, oder an Leipzig und es konnte
ihm gleichguͤltig ſeyn, (denn er gab nicht darauf
Acht,) was er niederſchrieb als offner kaiſerlicher
Notar.
So glaͤnzend-umſponnen vom Nachſommer
des Herzens kam er aus dem September und dem
Notariat endlich in den Oktober hinuͤber, wo er
vor den Kabelſchen Teſtaments-Exekutoren die
Rechnung uͤber das bisherige Erbamt abzulegen
hatte, vor welcher ihm nicht im geringſten bange
war; denn Wina's Blick hatte in ihm einen ſo
feurigen Herzſchlag entzuͤndet, daß er mit einem
ſolchen Fruͤhlings-Pulſe vermochte, in jeder aͤuſ¬
ſern Kaͤlte des Schickſals warm zu bleiben.
Sein Vater Lukas hatte ihn neuerlich in
mehreren Kopien von Brief-Originalen (die der
Schulze behielt, weil im Briefſchreiben das Ori¬
ginal das ſchlechtere iſt) ſeine Angſt vor dem No¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/21>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.