wovon du sprachst, ist darum noch keine für Zeich¬ nung; inzwischen kannst du immer, wenn die eine Art Mahler sich von fremder Hand die Landschaf¬ ten, die andere sich die Menschen darin mahlen ließ, beide Arten in dir vereinen. Vergieb den Spaß!"
"Recht gern! Wir zogen als vornehme Gä¬ ste durchs Dorf nach Hause, wo der Vater die Scharlachweste anlegte und mit mir und der Mut¬ ter spazieren ging, um Abends gegen 6 Uhr im Gartenhäuschen zu essen. Nun glaub' ich nicht, daß an einem solchen Abende, wo alle Welt im Freien und angeputzt und freudig ist, und die Ge¬ neralin und andere Vornehme mit roth seidnen Sonnenschirmen spazieren gehen, irgend ein Herz, wenn es zumal in einem Bruder schlägt, es er¬ tragen kann, daß du allein im Kerker hausest."
"Sakerment!" sagte Vult.
"Sondern es war natürlich, daß ich und der Knecht dir eine Dachleiter ans Fenster setzten, damit du herunter könntest ins Dorf zur Lust. -- Nein, kein Spaziergang mit Menschen ist so schön als der eines Kindes mit den Eltern. Wir gingen
wovon du ſprachſt, iſt darum noch keine fuͤr Zeich¬ nung; inzwiſchen kannſt du immer, wenn die eine Art Mahler ſich von fremder Hand die Landſchaf¬ ten, die andere ſich die Menſchen darin mahlen ließ, beide Arten in dir vereinen. Vergieb den Spaß!“
„Recht gern! Wir zogen als vornehme Gaͤ¬ ſte durchs Dorf nach Hauſe, wo der Vater die Scharlachweſte anlegte und mit mir und der Mut¬ ter ſpazieren ging, um Abends gegen 6 Uhr im Gartenhaͤuschen zu eſſen. Nun glaub' ich nicht, daß an einem ſolchen Abende, wo alle Welt im Freien und angeputzt und freudig iſt, und die Ge¬ neralin und andere Vornehme mit roth ſeidnen Sonnenſchirmen ſpazieren gehen, irgend ein Herz, wenn es zumal in einem Bruder ſchlaͤgt, es er¬ tragen kann, daß du allein im Kerker hauſeſt.“
„Sakerment!“ ſagte Vult.
„Sondern es war natuͤrlich, daß ich und der Knecht dir eine Dachleiter ans Fenſter ſetzten, damit du herunter koͤnnteſt ins Dorf zur Luſt. — Nein, kein Spaziergang mit Menſchen iſt ſo ſchoͤn als der eines Kindes mit den Eltern. Wir gingen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0194"n="188"/>
wovon du ſprachſt, iſt darum noch keine fuͤr Zeich¬<lb/>
nung; inzwiſchen kannſt du immer, wenn die eine<lb/>
Art Mahler ſich von fremder Hand die Landſchaf¬<lb/>
ten, die andere ſich die Menſchen darin mahlen<lb/>
ließ, beide Arten in dir vereinen. Vergieb den<lb/>
Spaß!“</p><lb/><p>„Recht gern! Wir zogen als vornehme Gaͤ¬<lb/>ſte durchs Dorf nach Hauſe, wo der Vater die<lb/>
Scharlachweſte anlegte und mit mir und der Mut¬<lb/>
ter ſpazieren ging, um Abends gegen 6 Uhr im<lb/>
Gartenhaͤuschen zu eſſen. Nun glaub' ich nicht,<lb/>
daß an einem ſolchen Abende, wo alle Welt im<lb/>
Freien und angeputzt und freudig iſt, und die Ge¬<lb/>
neralin und andere Vornehme mit roth ſeidnen<lb/>
Sonnenſchirmen ſpazieren gehen, irgend ein Herz,<lb/>
wenn es zumal in einem Bruder ſchlaͤgt, es er¬<lb/>
tragen kann, daß du allein im Kerker hauſeſt.“</p><lb/><p>„Sakerment!“ſagte Vult.</p><lb/><p>„Sondern es war natuͤrlich, daß ich und<lb/>
der Knecht dir eine Dachleiter ans Fenſter ſetzten,<lb/>
damit du herunter koͤnnteſt ins Dorf zur Luſt. —<lb/>
Nein, kein Spaziergang mit Menſchen iſt ſo ſchoͤn<lb/>
als der eines Kindes mit den Eltern. Wir gingen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[188/0194]
wovon du ſprachſt, iſt darum noch keine fuͤr Zeich¬
nung; inzwiſchen kannſt du immer, wenn die eine
Art Mahler ſich von fremder Hand die Landſchaf¬
ten, die andere ſich die Menſchen darin mahlen
ließ, beide Arten in dir vereinen. Vergieb den
Spaß!“
„Recht gern! Wir zogen als vornehme Gaͤ¬
ſte durchs Dorf nach Hauſe, wo der Vater die
Scharlachweſte anlegte und mit mir und der Mut¬
ter ſpazieren ging, um Abends gegen 6 Uhr im
Gartenhaͤuschen zu eſſen. Nun glaub' ich nicht,
daß an einem ſolchen Abende, wo alle Welt im
Freien und angeputzt und freudig iſt, und die Ge¬
neralin und andere Vornehme mit roth ſeidnen
Sonnenſchirmen ſpazieren gehen, irgend ein Herz,
wenn es zumal in einem Bruder ſchlaͤgt, es er¬
tragen kann, daß du allein im Kerker hauſeſt.“
„Sakerment!“ ſagte Vult.
„Sondern es war natuͤrlich, daß ich und
der Knecht dir eine Dachleiter ans Fenſter ſetzten,
damit du herunter koͤnnteſt ins Dorf zur Luſt. —
Nein, kein Spaziergang mit Menſchen iſt ſo ſchoͤn
als der eines Kindes mit den Eltern. Wir gingen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/194>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.