Augenbraunen im Priesterornat und verdunkelte doch den Kandidaten wie ein Kaiser oder Pabst ei¬ nen Landesregenten, den er besucht: wie sü߬ schauerlich! Wie groß fiel jeder Laut seiner Ba߬ stimme! Wie wollte man das Höchste werden! Wie wurde jedes Wort unsers Schomakers drei¬ fach besiegelt durch seines!
"Ich glaube, man ist schon darum in der Kindheit glücklicher als im Alter, weil es in ihr leichter wird, einen großen Mann zu finden und zu wähnen; ein geglaubter großer Mensch ist doch der einzige Vorschmack des Himmels."
In sofern, sagte Vult, möcht' ich ein Kind seyn, blos um zu bewundern, weil man damit sich so gut kitzelt als andere. Ja ich möchte als ein Fötus mit Spinnenarmen an die Welt treten, um die Wehmutter als eine Juno Ludovisi anzu¬ staunen. Ein Floh findet leicht seinen Elephanten; ist man hingegen älter, so bewundert man am Ende keinen Hund mehr. Doch muß ich dir be¬ kennen, daß ich schon damals unserem knurrenden Pfarrer Gelbköppel aus seiner Kragen-Glorie ei¬ nige Strahlen ausrupfte. Ich hatte, wie gewöhn¬
Augenbraunen im Prieſterornat und verdunkelte doch den Kandidaten wie ein Kaiſer oder Pabſt ei¬ nen Landesregenten, den er beſucht: wie ſuͤ߬ ſchauerlich! Wie groß fiel jeder Laut ſeiner Ba߬ ſtimme! Wie wollte man das Hoͤchſte werden! Wie wurde jedes Wort unſers Schomakers drei¬ fach beſiegelt durch ſeines!
„Ich glaube, man iſt ſchon darum in der Kindheit gluͤcklicher als im Alter, weil es in ihr leichter wird, einen großen Mann zu finden und zu waͤhnen; ein geglaubter großer Menſch iſt doch der einzige Vorſchmack des Himmels.”
In ſofern, ſagte Vult, moͤcht' ich ein Kind ſeyn, blos um zu bewundern, weil man damit ſich ſo gut kitzelt als andere. Ja ich moͤchte als ein Foͤtus mit Spinnenarmen an die Welt treten, um die Wehmutter als eine Juno Ludoviſi anzu¬ ſtaunen. Ein Floh findet leicht ſeinen Elephanten; iſt man hingegen aͤlter, ſo bewundert man am Ende keinen Hund mehr. Doch muß ich dir be¬ kennen, daß ich ſchon damals unſerem knurrenden Pfarrer Gelbkoͤppel aus ſeiner Kragen-Glorie ei¬ nige Strahlen ausrupfte. Ich hatte, wie gewoͤhn¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0177"n="171"/>
Augenbraunen im Prieſterornat und verdunkelte<lb/>
doch den Kandidaten wie ein Kaiſer oder Pabſt ei¬<lb/>
nen Landesregenten, den er beſucht: wie ſuͤ߬<lb/>ſchauerlich! Wie groß fiel jeder Laut ſeiner Ba߬<lb/>ſtimme! Wie wollte man das Hoͤchſte werden!<lb/>
Wie wurde jedes Wort unſers Schomakers drei¬<lb/>
fach beſiegelt durch ſeines!</p><lb/><p>„Ich glaube, man iſt ſchon darum in der<lb/>
Kindheit gluͤcklicher als im Alter, weil es in ihr<lb/>
leichter wird, einen großen Mann zu finden und<lb/>
zu waͤhnen; ein geglaubter großer Menſch iſt doch<lb/>
der einzige Vorſchmack des Himmels.”</p><lb/><p>In ſofern, ſagte Vult, moͤcht' ich ein Kind<lb/>ſeyn, blos um zu bewundern, weil man damit<lb/>ſich ſo gut kitzelt als andere. Ja ich moͤchte als<lb/>
ein Foͤtus mit Spinnenarmen an die Welt treten,<lb/>
um die Wehmutter als eine Juno Ludoviſi anzu¬<lb/>ſtaunen. Ein Floh findet leicht ſeinen Elephanten;<lb/>
iſt man hingegen aͤlter, ſo bewundert man am<lb/>
Ende keinen Hund mehr. Doch muß ich dir be¬<lb/>
kennen, daß ich ſchon damals unſerem knurrenden<lb/>
Pfarrer Gelbkoͤppel aus ſeiner Kragen-Glorie ei¬<lb/>
nige Strahlen ausrupfte. Ich hatte, wie gewoͤhn¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[171/0177]
Augenbraunen im Prieſterornat und verdunkelte
doch den Kandidaten wie ein Kaiſer oder Pabſt ei¬
nen Landesregenten, den er beſucht: wie ſuͤ߬
ſchauerlich! Wie groß fiel jeder Laut ſeiner Ba߬
ſtimme! Wie wollte man das Hoͤchſte werden!
Wie wurde jedes Wort unſers Schomakers drei¬
fach beſiegelt durch ſeines!
„Ich glaube, man iſt ſchon darum in der
Kindheit gluͤcklicher als im Alter, weil es in ihr
leichter wird, einen großen Mann zu finden und
zu waͤhnen; ein geglaubter großer Menſch iſt doch
der einzige Vorſchmack des Himmels.”
In ſofern, ſagte Vult, moͤcht' ich ein Kind
ſeyn, blos um zu bewundern, weil man damit
ſich ſo gut kitzelt als andere. Ja ich moͤchte als
ein Foͤtus mit Spinnenarmen an die Welt treten,
um die Wehmutter als eine Juno Ludoviſi anzu¬
ſtaunen. Ein Floh findet leicht ſeinen Elephanten;
iſt man hingegen aͤlter, ſo bewundert man am
Ende keinen Hund mehr. Doch muß ich dir be¬
kennen, daß ich ſchon damals unſerem knurrenden
Pfarrer Gelbkoͤppel aus ſeiner Kragen-Glorie ei¬
nige Strahlen ausrupfte. Ich hatte, wie gewoͤhn¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/177>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.