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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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Augenbraunen im Priesterornat und verdunkelte
doch den Kandidaten wie ein Kaiser oder Pabst ei¬
nen Landesregenten, den er besucht: wie sü߬
schauerlich! Wie groß fiel jeder Laut seiner Ba߬
stimme! Wie wollte man das Höchste werden!
Wie wurde jedes Wort unsers Schomakers drei¬
fach besiegelt durch seines!

"Ich glaube, man ist schon darum in der
Kindheit glücklicher als im Alter, weil es in ihr
leichter wird, einen großen Mann zu finden und
zu wähnen; ein geglaubter großer Mensch ist doch
der einzige Vorschmack des Himmels."

In sofern, sagte Vult, möcht' ich ein Kind
seyn, blos um zu bewundern, weil man damit
sich so gut kitzelt als andere. Ja ich möchte als
ein Fötus mit Spinnenarmen an die Welt treten,
um die Wehmutter als eine Juno Ludovisi anzu¬
staunen. Ein Floh findet leicht seinen Elephanten;
ist man hingegen älter, so bewundert man am
Ende keinen Hund mehr. Doch muß ich dir be¬
kennen, daß ich schon damals unserem knurrenden
Pfarrer Gelbköppel aus seiner Kragen-Glorie ei¬
nige Strahlen ausrupfte. Ich hatte, wie gewöhn¬

Augenbraunen im Prieſterornat und verdunkelte
doch den Kandidaten wie ein Kaiſer oder Pabſt ei¬
nen Landesregenten, den er beſucht: wie ſuͤ߬
ſchauerlich! Wie groß fiel jeder Laut ſeiner Ba߬
ſtimme! Wie wollte man das Hoͤchſte werden!
Wie wurde jedes Wort unſers Schomakers drei¬
fach beſiegelt durch ſeines!

„Ich glaube, man iſt ſchon darum in der
Kindheit gluͤcklicher als im Alter, weil es in ihr
leichter wird, einen großen Mann zu finden und
zu waͤhnen; ein geglaubter großer Menſch iſt doch
der einzige Vorſchmack des Himmels.”

In ſofern, ſagte Vult, moͤcht' ich ein Kind
ſeyn, blos um zu bewundern, weil man damit
ſich ſo gut kitzelt als andere. Ja ich moͤchte als
ein Foͤtus mit Spinnenarmen an die Welt treten,
um die Wehmutter als eine Juno Ludoviſi anzu¬
ſtaunen. Ein Floh findet leicht ſeinen Elephanten;
iſt man hingegen aͤlter, ſo bewundert man am
Ende keinen Hund mehr. Doch muß ich dir be¬
kennen, daß ich ſchon damals unſerem knurrenden
Pfarrer Gelbkoͤppel aus ſeiner Kragen-Glorie ei¬
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[171/0177] Augenbraunen im Prieſterornat und verdunkelte doch den Kandidaten wie ein Kaiſer oder Pabſt ei¬ nen Landesregenten, den er beſucht: wie ſuͤ߬ ſchauerlich! Wie groß fiel jeder Laut ſeiner Ba߬ ſtimme! Wie wollte man das Hoͤchſte werden! Wie wurde jedes Wort unſers Schomakers drei¬ fach beſiegelt durch ſeines! „Ich glaube, man iſt ſchon darum in der Kindheit gluͤcklicher als im Alter, weil es in ihr leichter wird, einen großen Mann zu finden und zu waͤhnen; ein geglaubter großer Menſch iſt doch der einzige Vorſchmack des Himmels.” In ſofern, ſagte Vult, moͤcht' ich ein Kind ſeyn, blos um zu bewundern, weil man damit ſich ſo gut kitzelt als andere. Ja ich moͤchte als ein Foͤtus mit Spinnenarmen an die Welt treten, um die Wehmutter als eine Juno Ludoviſi anzu¬ ſtaunen. Ein Floh findet leicht ſeinen Elephanten; iſt man hingegen aͤlter, ſo bewundert man am Ende keinen Hund mehr. Doch muß ich dir be¬ kennen, daß ich ſchon damals unſerem knurrenden Pfarrer Gelbkoͤppel aus ſeiner Kragen-Glorie ei¬ nige Strahlen ausrupfte. Ich hatte, wie gewoͤhn¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/177>, abgerufen am 27.11.2024.