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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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tem Handschlag sagend: "mich schröckt das
Schneegestöber draußen wenig ab, dich in deiner
Einsiedelei aufzusuchen und sie vielleicht zu ver¬
wandeln in eine lachende Zweisiedelei." -- "Bru¬
der, sagte Walt, vom Schreibetisch aufstehend,
könnt' ich komisch dichten oder dürfte man einen
Freund abschatten in Rissen und Schattenrissen:
wahrlich ich schriebe jeden Schritt ab von dir.
Aber ich glaube nicht, daß es sich geziemt, ein
geliebtes Herz auf den poetischen Markt zur
Schau zu legen. Bin ich etwa zu sehr im Schreib¬
feuer?"

"Nein, versetzte Vult, auch nicht im Rech¬
te; ists Zufall oder was, daß du in der Stube
wieder ein Linker bist, und ich ein Rechter? *)
-- Aber ich muß endlich nach Hause, Alter, und
da spaßen -- vor Welt und Nachwelt." Er ging.
Walt hielt es für Pflicht, ihn auch bald zu be¬
suchen, um ihm die Einsperrung in eine halbirte

*) Bekanntlich hießen im Dorfe Elterlein die fürst¬
lichen Unterthanen am rechten Bachufer die Rech¬
ten, die adelichen am linken die Linken.

tem Handſchlag ſagend: „mich ſchroͤckt das
Schneegeſtoͤber draußen wenig ab, dich in deiner
Einſiedelei aufzuſuchen und ſie vielleicht zu ver¬
wandeln in eine lachende Zweiſiedelei.“ — „Bru¬
der, ſagte Walt, vom Schreibetiſch aufſtehend,
koͤnnt' ich komiſch dichten oder duͤrfte man einen
Freund abſchatten in Riſſen und Schattenriſſen:
wahrlich ich ſchriebe jeden Schritt ab von dir.
Aber ich glaube nicht, daß es ſich geziemt, ein
geliebtes Herz auf den poetiſchen Markt zur
Schau zu legen. Bin ich etwa zu ſehr im Schreib¬
feuer?“

„Nein, verſetzte Vult, auch nicht im Rech¬
te; iſts Zufall oder was, daß du in der Stube
wieder ein Linker biſt, und ich ein Rechter? *)
— Aber ich muß endlich nach Hauſe, Alter, und
da ſpaßen — vor Welt und Nachwelt.“ Er ging.
Walt hielt es fuͤr Pflicht, ihn auch bald zu be¬
ſuchen, um ihm die Einſperrung in eine halbirte

*) Bekanntlich hießen im Dorfe Elterlein die fuͤrſt¬
lichen Unterthanen am rechten Bachufer die Rech¬
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[142/0148] tem Handſchlag ſagend: „mich ſchroͤckt das Schneegeſtoͤber draußen wenig ab, dich in deiner Einſiedelei aufzuſuchen und ſie vielleicht zu ver¬ wandeln in eine lachende Zweiſiedelei.“ — „Bru¬ der, ſagte Walt, vom Schreibetiſch aufſtehend, koͤnnt' ich komiſch dichten oder duͤrfte man einen Freund abſchatten in Riſſen und Schattenriſſen: wahrlich ich ſchriebe jeden Schritt ab von dir. Aber ich glaube nicht, daß es ſich geziemt, ein geliebtes Herz auf den poetiſchen Markt zur Schau zu legen. Bin ich etwa zu ſehr im Schreib¬ feuer?“ „Nein, verſetzte Vult, auch nicht im Rech¬ te; iſts Zufall oder was, daß du in der Stube wieder ein Linker biſt, und ich ein Rechter? *) — Aber ich muß endlich nach Hauſe, Alter, und da ſpaßen — vor Welt und Nachwelt.“ Er ging. Walt hielt es fuͤr Pflicht, ihn auch bald zu be¬ ſuchen, um ihm die Einſperrung in eine halbirte *) Bekanntlich hießen im Dorfe Elterlein die fuͤrſt¬ lichen Unterthanen am rechten Bachufer die Rech¬ ten, die adelichen am linken die Linken.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/148>, abgerufen am 27.11.2024.