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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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Recht gehabt. Nachdem er eilig seinem geängstig¬
ten Vater den schönen Ablauf seines Wochenam¬
tes geschrieben hatte: so machte er sich ernsthafter
an seine alte Versetzung ins fremde Ich, und
fragte: "kann denn Vult seine Handlungen nach
andern Grundsätzen zuschneiden, als nach seinen
eigenen? Und wollt' er denn anders, als ich sel¬
ber, eben für mich handeln? -- Jeder begehrt
von Andern Gerechtigkeit und dann noch ein we¬
nig Nachsicht dazu; ei gut, so geb' er andern
auch beides, und das will ich thun." Er fand
zuletzt in Vults Stoßkraft eine Ergänzung seiner
eigenen weichwolligen Außenseite; die Freundschaft
und Ehe wird, so wie ein Fernrohr, durch Zu¬
sammensetzung erhobner und hohler Gläser gemacht.

Was half aber sein aufgethanes Herz? Nie¬
mand ging hinein. Liebes-schamhaft harrte er,
daß Vult nur eine Viertels-Elle von einer weissen
Friedensfahne flattern ließe, um sogleich mit Lie¬
besaugen in die fremde Seele einzuziehen; aber
nicht einen Fingerbreit davon streckte dieser aus,
sondern er schickte ihm Ausschweifungen für den
Hoppelpoppel ohne ein Wort dazu. Walt sandte

Recht gehabt. Nachdem er eilig ſeinem geaͤngſtig¬
ten Vater den ſchoͤnen Ablauf ſeines Wochenam¬
tes geſchrieben hatte: ſo machte er ſich ernſthafter
an ſeine alte Verſetzung ins fremde Ich, und
fragte: „kann denn Vult ſeine Handlungen nach
andern Grundſaͤtzen zuſchneiden, als nach ſeinen
eigenen? Und wollt' er denn anders, als ich ſel¬
ber, eben fuͤr mich handeln? — Jeder begehrt
von Andern Gerechtigkeit und dann noch ein we¬
nig Nachſicht dazu; ei gut, ſo geb' er andern
auch beides, und das will ich thun.“ Er fand
zuletzt in Vults Stoßkraft eine Ergaͤnzung ſeiner
eigenen weichwolligen Außenſeite; die Freundſchaft
und Ehe wird, ſo wie ein Fernrohr, durch Zu¬
ſammenſetzung erhobner und hohler Glaͤſer gemacht.

Was half aber ſein aufgethanes Herz? Nie¬
mand ging hinein. Liebes-ſchamhaft harrte er,
daß Vult nur eine Viertels-Elle von einer weiſſen
Friedensfahne flattern ließe, um ſogleich mit Lie¬
besaugen in die fremde Seele einzuziehen; aber
nicht einen Fingerbreit davon ſtreckte dieſer aus,
ſondern er ſchickte ihm Ausſchweifungen fuͤr den
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[104/0110] Recht gehabt. Nachdem er eilig ſeinem geaͤngſtig¬ ten Vater den ſchoͤnen Ablauf ſeines Wochenam¬ tes geſchrieben hatte: ſo machte er ſich ernſthafter an ſeine alte Verſetzung ins fremde Ich, und fragte: „kann denn Vult ſeine Handlungen nach andern Grundſaͤtzen zuſchneiden, als nach ſeinen eigenen? Und wollt' er denn anders, als ich ſel¬ ber, eben fuͤr mich handeln? — Jeder begehrt von Andern Gerechtigkeit und dann noch ein we¬ nig Nachſicht dazu; ei gut, ſo geb' er andern auch beides, und das will ich thun.“ Er fand zuletzt in Vults Stoßkraft eine Ergaͤnzung ſeiner eigenen weichwolligen Außenſeite; die Freundſchaft und Ehe wird, ſo wie ein Fernrohr, durch Zu¬ ſammenſetzung erhobner und hohler Glaͤſer gemacht. Was half aber ſein aufgethanes Herz? Nie¬ mand ging hinein. Liebes-ſchamhaft harrte er, daß Vult nur eine Viertels-Elle von einer weiſſen Friedensfahne flattern ließe, um ſogleich mit Lie¬ besaugen in die fremde Seele einzuziehen; aber nicht einen Fingerbreit davon ſtreckte dieſer aus, ſondern er ſchickte ihm Ausſchweifungen fuͤr den Hoppelpoppel ohne ein Wort dazu. Walt ſandte

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/110>, abgerufen am 24.11.2024.