terlings erschienen, oder wächsern an der Puppe eines Kindes; er hätte beide nicht kalt eindrücken können mit dem Daumen.
Er stieg aus dem Bette in einen platt-gemäh¬ ten Herbsttag; denn er wollte, wie er pflegte, lieben, und der süßesten Empfindung kaum mäch¬ tig seyn; fand aber nichts Brauchbares dazu, sondern nur die Zuckersäure der vorigen Zuckerin¬ sel. Jetzt stellte er sich, da es sein erstes Zürnen war, recht dazu an. Ein Herz voll Liebe kann alles vergeben, sogar Härte gegen sich, aber nicht Härte gegen andere; denn jene zu verzeihen, ist Verdienst, diese aber Mitschuld.
Darauf machte er sich auf den matten Weg aufs Rathhaus, um da, wie bisher, sich für seine Erbamts-Sünden wacker abstrafen zu las¬ sen. Der Spaßvogel Flitte, jetzt sein gestriger Unglücksvogel, war schon da -- denn er hatte fast nichts auf der Erde, als Zeit --; sammt Paßvogeln, dem Buchhändler. Walt sah so lie¬ be-gießend dem Elsaßer ins Auge, als hätte die¬ ser sich für ihn verbürgt; nie warf irgend ein Feg¬ feuer auf den Gegenstand, der es für ihn schuld¬
terlings erſchienen, oder waͤchſern an der Puppe eines Kindes; er haͤtte beide nicht kalt eindruͤcken koͤnnen mit dem Daumen.
Er ſtieg aus dem Bette in einen platt-gemaͤh¬ ten Herbſttag; denn er wollte, wie er pflegte, lieben, und der ſuͤßeſten Empfindung kaum maͤch¬ tig ſeyn; fand aber nichts Brauchbares dazu, ſondern nur die Zuckerſaͤure der vorigen Zuckerin¬ ſel. Jetzt ſtellte er ſich, da es ſein erſtes Zuͤrnen war, recht dazu an. Ein Herz voll Liebe kann alles vergeben, ſogar Haͤrte gegen ſich, aber nicht Haͤrte gegen andere; denn jene zu verzeihen, iſt Verdienſt, dieſe aber Mitſchuld.
Darauf machte er ſich auf den matten Weg aufs Rathhaus, um da, wie bisher, ſich fuͤr ſeine Erbamts-Suͤnden wacker abſtrafen zu laſ¬ ſen. Der Spaßvogel Flitte, jetzt ſein geſtriger Ungluͤcksvogel, war ſchon da — denn er hatte faſt nichts auf der Erde, als Zeit —; ſammt Paßvogeln, dem Buchhaͤndler. Walt ſah ſo lie¬ be-gießend dem Elſaßer ins Auge, als haͤtte die¬ ſer ſich fuͤr ihn verbuͤrgt; nie warf irgend ein Feg¬ feuer auf den Gegenſtand, der es fuͤr ihn ſchuld¬
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terlings erſchienen, oder waͤchſern an der Puppe
eines Kindes; er haͤtte beide nicht kalt eindruͤcken
koͤnnen mit dem Daumen.
Er ſtieg aus dem Bette in einen platt-gemaͤh¬
ten Herbſttag; denn er wollte, wie er pflegte,
lieben, und der ſuͤßeſten Empfindung kaum maͤch¬
tig ſeyn; fand aber nichts Brauchbares dazu,
ſondern nur die Zuckerſaͤure der vorigen Zuckerin¬
ſel. Jetzt ſtellte er ſich, da es ſein erſtes Zuͤrnen
war, recht dazu an. Ein Herz voll Liebe kann
alles vergeben, ſogar Haͤrte gegen ſich, aber nicht
Haͤrte gegen andere; denn jene zu verzeihen, iſt
Verdienſt, dieſe aber Mitſchuld.
Darauf machte er ſich auf den matten Weg
aufs Rathhaus, um da, wie bisher, ſich fuͤr
ſeine Erbamts-Suͤnden wacker abſtrafen zu laſ¬
ſen. Der Spaßvogel Flitte, jetzt ſein geſtriger
Ungluͤcksvogel, war ſchon da — denn er hatte
faſt nichts auf der Erde, als Zeit —; ſammt
Paßvogeln, dem Buchhaͤndler. Walt ſah ſo lie¬
be-gießend dem Elſaßer ins Auge, als haͤtte die¬
ſer ſich fuͤr ihn verbuͤrgt; nie warf irgend ein Feg¬
feuer auf den Gegenſtand, der es fuͤr ihn ſchuld¬
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/107>, abgerufen am 24.11.2024.
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