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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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denn Sie sind, höre ich, ein Namensvetter des
heutigen Charfreitags -- entfährt jedem Schuld¬
ner so viel auf dem Krankenbette als mir (z. B.
etwa den Blutschuldnern, Ehrenschuldnern,) so
ists schlimm für Gläubiger. Denn mir für meine
Person ist rein alles entfallen, was ich schuldig
bin; -- Sie werden mir kaum glauben, wenn
ich Sie an meine Krankenmatraze führe, wo ich
geschwitzt, und gefiebert, daß ich nichts behalten
habe. Münzen helfen hier wenig ohne Gedächt¬
niß-Münzen; es ist aber betrübt, Rellstab."

Er heiße Freytag, sagt' er. "Das hole der
Teufel, sagt' ich, brauch' ich auch gar einen Kor-
Repetitor? Nun, ich will nicht vergessen, mich
zu erinnern." --

Der Kammerherr Julius ..... trat ein und
wünschte zu meiner Genesung sich sowohl Glück
als die zwanzig Friedrichsdo'r Spielgeld von mir.
"Ich soll Sie kennen," sagt' ich. -- "Quod¬
deusvult? -- Ich hoffe, du verstehst mich,"
sagt' er. -- "Entschieden!" sagt' ich. "Aber
du verschreckst; denn wenn ich weiß, ob ich mehr
dir oder dem Mann im Mond oder dem Gro߬

wessir

denn Sie ſind, hoͤre ich, ein Namensvetter des
heutigen Charfreitags — entfaͤhrt jedem Schuld¬
ner ſo viel auf dem Krankenbette als mir (z. B.
etwa den Blutſchuldnern, Ehrenſchuldnern,) ſo
iſts ſchlimm fuͤr Glaͤubiger. Denn mir fuͤr meine
Perſon iſt rein alles entfallen, was ich ſchuldig
bin; — Sie werden mir kaum glauben, wenn
ich Sie an meine Krankenmatraze fuͤhre, wo ich
geſchwitzt, und gefiebert, daß ich nichts behalten
habe. Muͤnzen helfen hier wenig ohne Gedaͤcht¬
niß-Muͤnzen; es iſt aber betruͤbt, Rellſtab.”

Er heiße Freytag, ſagt' er. „Das hole der
Teufel, ſagt' ich, brauch' ich auch gar einen Kor-
Repetitor? Nun, ich will nicht vergeſſen, mich
zu erinnern.” —

Der Kammerherr Julius ..... trat ein und
wuͤnſchte zu meiner Geneſung ſich ſowohl Gluͤck
als die zwanzig Friedrichsdo'r Spielgeld von mir.
„Ich ſoll Sie kennen,” ſagt' ich. — „Quod¬
deusvult? — Ich hoffe, du verſtehſt mich,”
ſagt' er. — „Entſchieden!” ſagt' ich. „Aber
du verſchreckſt; denn wenn ich weiß, ob ich mehr
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[96/0102] denn Sie ſind, hoͤre ich, ein Namensvetter des heutigen Charfreitags — entfaͤhrt jedem Schuld¬ ner ſo viel auf dem Krankenbette als mir (z. B. etwa den Blutſchuldnern, Ehrenſchuldnern,) ſo iſts ſchlimm fuͤr Glaͤubiger. Denn mir fuͤr meine Perſon iſt rein alles entfallen, was ich ſchuldig bin; — Sie werden mir kaum glauben, wenn ich Sie an meine Krankenmatraze fuͤhre, wo ich geſchwitzt, und gefiebert, daß ich nichts behalten habe. Muͤnzen helfen hier wenig ohne Gedaͤcht¬ niß-Muͤnzen; es iſt aber betruͤbt, Rellſtab.” Er heiße Freytag, ſagt' er. „Das hole der Teufel, ſagt' ich, brauch' ich auch gar einen Kor- Repetitor? Nun, ich will nicht vergeſſen, mich zu erinnern.” — Der Kammerherr Julius ..... trat ein und wuͤnſchte zu meiner Geneſung ſich ſowohl Gluͤck als die zwanzig Friedrichsdo'r Spielgeld von mir. „Ich ſoll Sie kennen,” ſagt' ich. — „Quod¬ deusvult? — Ich hoffe, du verſtehſt mich,” ſagt' er. — „Entſchieden!” ſagt' ich. „Aber du verſchreckſt; denn wenn ich weiß, ob ich mehr dir oder dem Mann im Mond oder dem Gro߬ weſſir

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/102>, abgerufen am 27.11.2024.