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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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um gleichsam zu danken. Aber er legte sich bald
ins hohe Ufer-Gras, um der guten Erde, die
zugleich der Stuhl, der Tisch und das Bette der
Menschen ist, näher zu seyn, und regte sich we¬
nig, um die im warmen stillen Uferwinkel spie¬
lenden Eintags-Fischgen nicht wegzuschrecken. Er
liebte nicht einen und den andern Lebendigen, son¬
dern das Leben, nicht einmal die Aussichten, son¬
dern alles, die Wolke und den Gros-Wald der
goldnen Würmgen, und er bog ihn aus einander,
um ihren Aufenthalt zu sehen und ihre Brodbäum¬
gen und ihre Lustgärtgen. Er hielt lieber mit
Schreiben und Dichten auf seiner Schreibtafel in¬
nen, wenn ein buntes weiches Wesen über die
glatte Fläche sich wegarbeitete, als daß er es
weggeschnellet oder gar erdrükt hätte. "Gott, wie
könnte man ein Leben tödten, das man recht an¬
gesehen, z. B. nur eine halbe Minute lang"
fragt' er.

Er hörte die Flöte, die gleichsam aus dem
Herzen der stummen Nachtigallen sprach. Heisse
Freudentropfen sog das dunkle Getön aus seinem
von tausend Reizen überfüllten Auge. Izt schlu¬

um gleichſam zu danken. Aber er legte ſich bald
ins hohe Ufer-Gras, um der guten Erde, die
zugleich der Stuhl, der Tiſch und das Bette der
Menſchen iſt, naͤher zu ſeyn, und regte ſich we¬
nig, um die im warmen ſtillen Uferwinkel ſpie¬
lenden Eintags-Fiſchgen nicht wegzuſchrecken. Er
liebte nicht einen und den andern Lebendigen, ſon¬
dern das Leben, nicht einmal die Ausſichten, ſon¬
dern alles, die Wolke und den Gros-Wald der
goldnen Wuͤrmgen, und er bog ihn aus einander,
um ihren Aufenthalt zu ſehen und ihre Brodbaͤum¬
gen und ihre Luſtgaͤrtgen. Er hielt lieber mit
Schreiben und Dichten auf ſeiner Schreibtafel in¬
nen, wenn ein buntes weiches Weſen uͤber die
glatte Flaͤche ſich wegarbeitete, als daß er es
weggeſchnellet oder gar erdruͤkt haͤtte. „Gott, wie
koͤnnte man ein Leben toͤdten, das man recht an¬
geſehen, z. B. nur eine halbe Minute lang“
fragt' er.

Er hoͤrte die Floͤte, die gleichſam aus dem
Herzen der ſtummen Nachtigallen ſprach. Heiſſe
Freudentropfen ſog das dunkle Getoͤn aus ſeinem
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[90/0098] um gleichſam zu danken. Aber er legte ſich bald ins hohe Ufer-Gras, um der guten Erde, die zugleich der Stuhl, der Tiſch und das Bette der Menſchen iſt, naͤher zu ſeyn, und regte ſich we¬ nig, um die im warmen ſtillen Uferwinkel ſpie¬ lenden Eintags-Fiſchgen nicht wegzuſchrecken. Er liebte nicht einen und den andern Lebendigen, ſon¬ dern das Leben, nicht einmal die Ausſichten, ſon¬ dern alles, die Wolke und den Gros-Wald der goldnen Wuͤrmgen, und er bog ihn aus einander, um ihren Aufenthalt zu ſehen und ihre Brodbaͤum¬ gen und ihre Luſtgaͤrtgen. Er hielt lieber mit Schreiben und Dichten auf ſeiner Schreibtafel in¬ nen, wenn ein buntes weiches Weſen uͤber die glatte Flaͤche ſich wegarbeitete, als daß er es weggeſchnellet oder gar erdruͤkt haͤtte. „Gott, wie koͤnnte man ein Leben toͤdten, das man recht an¬ geſehen, z. B. nur eine halbe Minute lang“ fragt' er. Er hoͤrte die Floͤte, die gleichſam aus dem Herzen der ſtummen Nachtigallen ſprach. Heiſſe Freudentropfen ſog das dunkle Getoͤn aus ſeinem von tauſend Reizen uͤberfuͤllten Auge. Izt ſchlu¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/98>, abgerufen am 28.11.2024.