Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.Nach wenigen Tagen erkrankte der Elsasser Walt erschrak; Flittens tanzende blühende Walt nahm stumm voll Mitleids des Pa¬ Nach wenigen Tagen erkrankte der Elſaſſer Walt erſchrak; Flittens tanzende bluͤhende Walt nahm ſtumm voll Mitleids des Pa¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0059" n="51"/> <p>Nach wenigen Tagen erkrankte der Elſaſſer<lb/> ſehr toͤdtlich — erbrach ſich — aß und trank nichts<lb/> mehr (ausgenommen in ſeltenen einſamen Augen¬<lb/> blicken) — nahm das Abendmahl, das er und<lb/> andere, wie er dachte, ja auch in geſunden Ta¬<lb/> gen naͤhmen. Endlich mußte zum Notar in der<lb/> Nacht geſchikt werden, damit er den lezten Wil¬<lb/> len aufſezte.</p><lb/> <p>Walt erſchrak; Flittens tanzende bluͤhende<lb/> Jugend hatt' er geliebt und ihn dauerte ihre Nie¬<lb/> derlage. Schwer, ſchwuͤl, bewoͤlkt legt' er den<lb/> langen hohen Treppen-Gang zuruͤk. Die dicke<lb/> Glocke ſchlug 11 Uhr, und ihm klang's, als be¬<lb/> wegte der Todesengel den Leichen-Kloͤppel darin.<lb/> Matt und leiſe und geſchminkt (aber weiß) lag<lb/> der Elſaſſer da, unter ſieben Teſtir-Zeugen, wo¬<lb/> von der Fruͤhprediger Flachs auch einer war, der<lb/> es mit ſeinem blaſſen langen Geſicht zu keinem<lb/> Veſperprediger bringen konnte.</p><lb/> <p>Walt nahm ſtumm voll Mitleids des Pa¬<lb/> zienten Hand mit der Rechten und zog mit der<lb/> Linken ſein Petſchaft und Papier aus der Taſche;<lb/> und uͤberzaͤhlte mit den Augen kurz die Zeugen.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [51/0059]
Nach wenigen Tagen erkrankte der Elſaſſer
ſehr toͤdtlich — erbrach ſich — aß und trank nichts
mehr (ausgenommen in ſeltenen einſamen Augen¬
blicken) — nahm das Abendmahl, das er und
andere, wie er dachte, ja auch in geſunden Ta¬
gen naͤhmen. Endlich mußte zum Notar in der
Nacht geſchikt werden, damit er den lezten Wil¬
len aufſezte.
Walt erſchrak; Flittens tanzende bluͤhende
Jugend hatt' er geliebt und ihn dauerte ihre Nie¬
derlage. Schwer, ſchwuͤl, bewoͤlkt legt' er den
langen hohen Treppen-Gang zuruͤk. Die dicke
Glocke ſchlug 11 Uhr, und ihm klang's, als be¬
wegte der Todesengel den Leichen-Kloͤppel darin.
Matt und leiſe und geſchminkt (aber weiß) lag
der Elſaſſer da, unter ſieben Teſtir-Zeugen, wo¬
von der Fruͤhprediger Flachs auch einer war, der
es mit ſeinem blaſſen langen Geſicht zu keinem
Veſperprediger bringen konnte.
Walt nahm ſtumm voll Mitleids des Pa¬
zienten Hand mit der Rechten und zog mit der
Linken ſein Petſchaft und Papier aus der Taſche;
und uͤberzaͤhlte mit den Augen kurz die Zeugen.
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/59>, abgerufen am 16.02.2025. |