Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.Wina begann, ihre süße Sprache zer¬ "Was sind so Ihre vorzüglichsten Notariats- Wina begann, ihre ſuͤße Sprache zer¬ „Was ſind ſo Ihre vorzuͤglichſten Notariats- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0037" n="29"/> <p>Wina begann, ihre ſuͤße Sprache zer¬<lb/> ſchmolz in den noch ſuͤßern Geſang, aus Nach¬<lb/> tigallen und Echo's gemacht — ſie wollte ihr<lb/> liebewarmes Herz in jeden Ton draͤngen und<lb/> gießen, gleichſam in einen toͤnenden Seufzer; —<lb/> den Notar umfieng der lang getraͤumte Seelen¬<lb/> klang mit der Herrlichkeit der Gegenwart ſo,<lb/> daß ihn das heranrollende Meer, das er von<lb/> Fernen rollen und wallen ſahen, nun mit hohen<lb/> Fluthen nahm und deckte. Der General ſah un¬<lb/> ter dem Singen die Kopie des frechen lezten Brie¬<lb/> fes mit einiger witziger Heiterkeit auf dem Ge¬<lb/> ſichte durch und fragte laͤchelnd: wie gefaͤllt Ih¬<lb/> nen die wilde Libette? — „Wie der jezige Ge¬<lb/> ſang, ſo wahr, ſo innig und ſo tief gefuͤhlt“<lb/> verſezte Gottwalt. — „Das glaub' ich auch“<lb/> ſagte Zablocki mit einem ironiſchen Minen-<lb/> Glanz, den Walt fuͤr Hoͤr-Verklaͤrung nahm.</p><lb/> <p>„Was ſind ſo Ihre vorzuͤglichſten Notariats-<lb/> Inſtrumente bisher geweſen?“ fragte der Gene¬<lb/> ral. Walt gab viele kurz und ſchleunig an,<lb/> ſehr verdruͤslich, daß er ſein Ohr — wie ſein<lb/> Leben — zwiſchen <hi rendition="#g">Geſang</hi> und <hi rendition="#g">Proſa</hi> thei¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [29/0037]
Wina begann, ihre ſuͤße Sprache zer¬
ſchmolz in den noch ſuͤßern Geſang, aus Nach¬
tigallen und Echo's gemacht — ſie wollte ihr
liebewarmes Herz in jeden Ton draͤngen und
gießen, gleichſam in einen toͤnenden Seufzer; —
den Notar umfieng der lang getraͤumte Seelen¬
klang mit der Herrlichkeit der Gegenwart ſo,
daß ihn das heranrollende Meer, das er von
Fernen rollen und wallen ſahen, nun mit hohen
Fluthen nahm und deckte. Der General ſah un¬
ter dem Singen die Kopie des frechen lezten Brie¬
fes mit einiger witziger Heiterkeit auf dem Ge¬
ſichte durch und fragte laͤchelnd: wie gefaͤllt Ih¬
nen die wilde Libette? — „Wie der jezige Ge¬
ſang, ſo wahr, ſo innig und ſo tief gefuͤhlt“
verſezte Gottwalt. — „Das glaub' ich auch“
ſagte Zablocki mit einem ironiſchen Minen-
Glanz, den Walt fuͤr Hoͤr-Verklaͤrung nahm.
„Was ſind ſo Ihre vorzuͤglichſten Notariats-
Inſtrumente bisher geweſen?“ fragte der Gene¬
ral. Walt gab viele kurz und ſchleunig an,
ſehr verdruͤslich, daß er ſein Ohr — wie ſein
Leben — zwiſchen Geſang und Proſa thei¬
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/37>, abgerufen am 01.08.2024. |