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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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unsere auch nicht durch blosse Augenlieder zuge¬
schlossen wird. Sobald nun einmal die farbigen
Wesen am Tage Licht und Kraft verspüren: so
können sie ja auch Nachts einen träumerischen
Wiederschein des Tages geniessen. Der Allse¬
hende droben wird den Traum einer Rose und
den Traum einer Lilie kennen und scheiden. Ei¬
ne Rose könnte wohl von Bienen träumen, ei¬
ne Lilie von Schmetterlingen -- in dieser Minu¬
te kommt es mir ordentlich fast gewisser vor --
das Vergißmeinnicht von einem Sonnenstrahl --
die Tulpe von einer Biene -- manche Blume
von einem Zephyr -- Denn wo könnte denn
Gottes oder der Geister Reich aufhören? Für
ihn mag wohl ein Blumenkelch auch ein Herz
sein, und umgekehrt manches Herz ein Blumen-
Kelch." --

Izt traten sie in den Zauber-Garten ein,
dessen weisse Gänge und finstere Blättergruppen
einander wechselnd färbten. Die Berge waren,
wie Nachtgötter, hoch aufgestanden, und hoben
ihr dunkles Erdenhaupt kühn unter die himmli¬
schen Sterne hinein. Der Notar sah den bisher

unſere auch nicht durch bloſſe Augenlieder zuge¬
ſchloſſen wird. Sobald nun einmal die farbigen
Weſen am Tage Licht und Kraft verſpuͤren: ſo
koͤnnen ſie ja auch Nachts einen traͤumeriſchen
Wiederſchein des Tages genieſſen. Der Allſe¬
hende droben wird den Traum einer Roſe und
den Traum einer Lilie kennen und ſcheiden. Ei¬
ne Roſe koͤnnte wohl von Bienen traͤumen, ei¬
ne Lilie von Schmetterlingen — in dieſer Minu¬
te kommt es mir ordentlich faſt gewiſſer vor —
das Vergißmeinnicht von einem Sonnenſtrahl —
die Tulpe von einer Biene — manche Blume
von einem Zephyr — Denn wo koͤnnte denn
Gottes oder der Geiſter Reich aufhoͤren? Fuͤr
ihn mag wohl ein Blumenkelch auch ein Herz
ſein, und umgekehrt manches Herz ein Blumen-
Kelch.“ —

Izt traten ſie in den Zauber-Garten ein,
deſſen weiſſe Gaͤnge und finſtere Blaͤttergruppen
einander wechſelnd faͤrbten. Die Berge waren,
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ſchen Sterne hinein. Der Notar ſah den bisher

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[188/0196] unſere auch nicht durch bloſſe Augenlieder zuge¬ ſchloſſen wird. Sobald nun einmal die farbigen Weſen am Tage Licht und Kraft verſpuͤren: ſo koͤnnen ſie ja auch Nachts einen traͤumeriſchen Wiederſchein des Tages genieſſen. Der Allſe¬ hende droben wird den Traum einer Roſe und den Traum einer Lilie kennen und ſcheiden. Ei¬ ne Roſe koͤnnte wohl von Bienen traͤumen, ei¬ ne Lilie von Schmetterlingen — in dieſer Minu¬ te kommt es mir ordentlich faſt gewiſſer vor — das Vergißmeinnicht von einem Sonnenſtrahl — die Tulpe von einer Biene — manche Blume von einem Zephyr — Denn wo koͤnnte denn Gottes oder der Geiſter Reich aufhoͤren? Fuͤr ihn mag wohl ein Blumenkelch auch ein Herz ſein, und umgekehrt manches Herz ein Blumen- Kelch.“ — Izt traten ſie in den Zauber-Garten ein, deſſen weiſſe Gaͤnge und finſtere Blaͤttergruppen einander wechſelnd faͤrbten. Die Berge waren, wie Nachtgoͤtter, hoch aufgeſtanden, und hoben ihr dunkles Erdenhaupt kuͤhn unter die himmli¬ ſchen Sterne hinein. Der Notar ſah den bisher

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/196>, abgerufen am 24.11.2024.