Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

"Ein harthöriger Minister -- fieng er an
-- hörte an einer fürstlichen Tafel". . . . "Wie
heisset er und wo?" fragte Zablocki. Das wust'
er nicht. Allein da der Notar den wenigen Hi¬
storien, die ihm zufielen, keinen Boden, Ge¬
burtstag und Geburtsschein zuzuwenden wuste --
vorfabeln wollt' er nie: -- so braucht es Sozie¬
täten nicht erst bewiesen zu werden, wie farben¬
los er als Historienmaler auftrat, und wie sehr
eigentlich als ein luftiger historischer Improvisa¬
tore. "Ein harthöriger Minister hörte an einer
fürstlichen Tafel die Fürstin eine komische Anek¬
dote erzählen, und lachte darüber mit dem gan¬
zen Zirkel unbeschreiblich mit, ob er gleich kein
Wort davon vernommen. Izt versprach er eine
eben so komische zu erzählen. Da trug er, zum
allgemeinen Erstaunen, die eben erzählte wieder
als eine neue vor."

Der General glaubte, so schnapp' es nicht
ab; da er aber hörte, es sei aus: so sagt'
er spät: "Deliziös!" lachte indeß erst zwei
Minuten später hell auf, weil er gerade so viele
brauchte, um sich heimlich die Anekdote noch

„Ein harthoͤriger Miniſter — fieng er an
— hoͤrte an einer fuͤrſtlichen Tafel“. . . . „Wie
heiſſet er und wo?“ fragte Zablocki. Das wuſt'
er nicht. Allein da der Notar den wenigen Hi¬
ſtorien, die ihm zufielen, keinen Boden, Ge¬
burtstag und Geburtsſchein zuzuwenden wuſte —
vorfabeln wollt' er nie: — ſo braucht es Sozie¬
taͤten nicht erſt bewieſen zu werden, wie farben¬
los er als Hiſtorienmaler auftrat, und wie ſehr
eigentlich als ein luftiger hiſtoriſcher Improviſa¬
tore. „Ein harthoͤriger Miniſter hoͤrte an einer
fuͤrſtlichen Tafel die Fuͤrſtin eine komiſche Anek¬
dote erzaͤhlen, und lachte daruͤber mit dem gan¬
zen Zirkel unbeſchreiblich mit, ob er gleich kein
Wort davon vernommen. Izt verſprach er eine
eben ſo komiſche zu erzaͤhlen. Da trug er, zum
allgemeinen Erſtaunen, die eben erzaͤhlte wieder
als eine neue vor.“

Der General glaubte, ſo ſchnapp' es nicht
ab; da er aber hoͤrte, es ſei aus: ſo ſagt'
er ſpaͤt: „Delizioͤs!“ lachte indeß erſt zwei
Minuten ſpaͤter hell auf, weil er gerade ſo viele
brauchte, um ſich heimlich die Anekdote noch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0186" n="178"/>
        <p>&#x201E;Ein hartho&#x0364;riger Mini&#x017F;ter &#x2014; fieng er an<lb/>
&#x2014; ho&#x0364;rte an einer fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Tafel&#x201C;. . . . &#x201E;Wie<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;et er und wo?&#x201C; fragte Zablocki. Das wu&#x017F;t'<lb/>
er nicht. Allein da der Notar den wenigen Hi¬<lb/>
&#x017F;torien, die ihm zufielen, keinen Boden, Ge¬<lb/>
burtstag und Geburts&#x017F;chein zuzuwenden wu&#x017F;te &#x2014;<lb/>
vorfabeln wollt' er nie: &#x2014; &#x017F;o braucht es Sozie¬<lb/>
ta&#x0364;ten nicht er&#x017F;t bewie&#x017F;en zu werden, wie farben¬<lb/>
los er als Hi&#x017F;torienmaler auftrat, und wie &#x017F;ehr<lb/>
eigentlich als ein luftiger hi&#x017F;tori&#x017F;cher Improvi&#x017F;<lb/>
tore. &#x201E;Ein hartho&#x0364;riger Mini&#x017F;ter ho&#x0364;rte an einer<lb/>
fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Tafel die Fu&#x0364;r&#x017F;tin eine komi&#x017F;che Anek¬<lb/>
dote erza&#x0364;hlen, und lachte daru&#x0364;ber mit dem gan¬<lb/>
zen Zirkel unbe&#x017F;chreiblich mit, ob er gleich kein<lb/>
Wort davon vernommen. Izt ver&#x017F;prach er eine<lb/>
eben &#x017F;o komi&#x017F;che zu erza&#x0364;hlen. Da trug er, zum<lb/>
allgemeinen Er&#x017F;taunen, die eben erza&#x0364;hlte wieder<lb/>
als eine neue vor.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der General glaubte, &#x017F;o &#x017F;chnapp' es nicht<lb/>
ab; da er aber ho&#x0364;rte, es &#x017F;ei aus: &#x017F;o &#x017F;agt'<lb/>
er &#x017F;pa&#x0364;t: &#x201E;Delizio&#x0364;s!&#x201C; lachte indeß er&#x017F;t zwei<lb/>
Minuten &#x017F;pa&#x0364;ter hell auf, weil er gerade &#x017F;o viele<lb/>
brauchte, um &#x017F;ich heimlich die Anekdote noch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0186] „Ein harthoͤriger Miniſter — fieng er an — hoͤrte an einer fuͤrſtlichen Tafel“. . . . „Wie heiſſet er und wo?“ fragte Zablocki. Das wuſt' er nicht. Allein da der Notar den wenigen Hi¬ ſtorien, die ihm zufielen, keinen Boden, Ge¬ burtstag und Geburtsſchein zuzuwenden wuſte — vorfabeln wollt' er nie: — ſo braucht es Sozie¬ taͤten nicht erſt bewieſen zu werden, wie farben¬ los er als Hiſtorienmaler auftrat, und wie ſehr eigentlich als ein luftiger hiſtoriſcher Improviſa¬ tore. „Ein harthoͤriger Miniſter hoͤrte an einer fuͤrſtlichen Tafel die Fuͤrſtin eine komiſche Anek¬ dote erzaͤhlen, und lachte daruͤber mit dem gan¬ zen Zirkel unbeſchreiblich mit, ob er gleich kein Wort davon vernommen. Izt verſprach er eine eben ſo komiſche zu erzaͤhlen. Da trug er, zum allgemeinen Erſtaunen, die eben erzaͤhlte wieder als eine neue vor.“ Der General glaubte, ſo ſchnapp' es nicht ab; da er aber hoͤrte, es ſei aus: ſo ſagt' er ſpaͤt: „Delizioͤs!“ lachte indeß erſt zwei Minuten ſpaͤter hell auf, weil er gerade ſo viele brauchte, um ſich heimlich die Anekdote noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/186
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/186>, abgerufen am 24.11.2024.