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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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gen durch die Rede: wie er nach Rosenhof kom¬
me? Walt wuste keine rechte ostensible Ursa¬
chen -- wiewohl diese ihm gegenüber saß im
weissen Hute -- anzugeben, ausgenommen Na¬
tur und Reiselust. Da aber diese keine Geschäf¬
te waren: so begriff ihn Zablocki nicht, sondern
glaubte, er halte hinter irgend einem Berge,
und wollte durchaus hinter ihm kommen. Walt
schüttelte von seinen poetischen Schwingen die
köstlichen Berge und Thäler und Bäume auf das
Tischtuch, die er auf dem seeligen Wege mehr
aufgeladen, als durchflogen hatte. Zablocki
sagte nach Walts langer Ausspende von Bil¬
dern: "beim Teufel! nimm' oder ich fress'
nicht!" Wina -- denn diese hatt' er in jenem
Liebes-Zorn angeredet, den weniger die Väter
gegen ihre Töchter als die Männer gegen ihre
Weiber haben -- nahm erschrocken ein grosses
Stück vom Schnepfen, dem Schoos-Kinde des
väterlichen Gaumens, und reichte, höflicher als
Zablocki, den Teller dem betretenen Notar hin¬
über, um ein Paar hundert Verlegenheiten zu
ersparen. Walt konnte auf keine Weise fassen,

gen durch die Rede: wie er nach Roſenhof kom¬
me? Walt wuſte keine rechte oſtenſible Urſa¬
chen — wiewohl dieſe ihm gegenuͤber ſaß im
weiſſen Hute — anzugeben, ausgenommen Na¬
tur und Reiſeluſt. Da aber dieſe keine Geſchaͤf¬
te waren: ſo begriff ihn Zablocki nicht, ſondern
glaubte, er halte hinter irgend einem Berge,
und wollte durchaus hinter ihm kommen. Walt
ſchuͤttelte von ſeinen poetiſchen Schwingen die
koͤſtlichen Berge und Thaͤler und Baͤume auf das
Tiſchtuch, die er auf dem ſeeligen Wege mehr
aufgeladen, als durchflogen hatte. Zablocki
ſagte nach Walts langer Ausſpende von Bil¬
dern: „beim Teufel! nimm' oder ich freſſ'
nicht!“ Wina — denn dieſe hatt' er in jenem
Liebes-Zorn angeredet, den weniger die Vaͤter
gegen ihre Toͤchter als die Maͤnner gegen ihre
Weiber haben — nahm erſchrocken ein groſſes
Stuͤck vom Schnepfen, dem Schoos-Kinde des
vaͤterlichen Gaumens, und reichte, hoͤflicher als
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[176/0184] gen durch die Rede: wie er nach Roſenhof kom¬ me? Walt wuſte keine rechte oſtenſible Urſa¬ chen — wiewohl dieſe ihm gegenuͤber ſaß im weiſſen Hute — anzugeben, ausgenommen Na¬ tur und Reiſeluſt. Da aber dieſe keine Geſchaͤf¬ te waren: ſo begriff ihn Zablocki nicht, ſondern glaubte, er halte hinter irgend einem Berge, und wollte durchaus hinter ihm kommen. Walt ſchuͤttelte von ſeinen poetiſchen Schwingen die koͤſtlichen Berge und Thaͤler und Baͤume auf das Tiſchtuch, die er auf dem ſeeligen Wege mehr aufgeladen, als durchflogen hatte. Zablocki ſagte nach Walts langer Ausſpende von Bil¬ dern: „beim Teufel! nimm' oder ich freſſ' nicht!“ Wina — denn dieſe hatt' er in jenem Liebes-Zorn angeredet, den weniger die Vaͤter gegen ihre Toͤchter als die Maͤnner gegen ihre Weiber haben — nahm erſchrocken ein groſſes Stuͤck vom Schnepfen, dem Schoos-Kinde des vaͤterlichen Gaumens, und reichte, hoͤflicher als Zablocki, den Teller dem betretenen Notar hin¬ uͤber, um ein Paar hundert Verlegenheiten zu erſparen. Walt konnte auf keine Weiſe faſſen,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/184>, abgerufen am 24.11.2024.