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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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wog auf den seinigen, verschwebt in den Glanz
dieses magischen Kabinets, nicht viel über das
Gewicht von fünf Schmetterlingen, so leicht und
ätherisch flatterte ihm Gegenwart und Leben vor.

Er sezte sich mit weit mehr Welt und Leich¬
tigkeit an das Eß-Täfelgen, als er selber ge¬
dacht hatte. Der General, der ein unaufhör¬
liches Sprechen und Unterhalten begehrte, sann
Walten an, etwas zu erzählen, etwas Aufge¬
wektes. Mit etwas Rührendem wär' er leichter
bei der Hand gewesen; so aber sagt' er: er wolle
nachsinnen. Es fiel ihm nichts bei. Schwerer
ist wohl nichts als das Improvisiren der Erin¬
nerung. Viel leichter improvisirt der Scharf-
und Tiefsinn, die Phantasie, als die Erinnerung,
zumal wenn auf allen Gehirn-Hügeln die freu¬
digsten Feuer brennen. Dreitausend fatale Bon¬
mots hatte der Notar allemal schon gelesen ge¬
habt, sobald er sie von einem andern erzählen
hörte; aber er selber kam nie zuerst darauf und
er schämte sich nachher vor dem Korreferenten.
Sehr hätt' er das Schämen nicht nöthig, da
solche Referendarien des fremden Wizes und

wog auf den ſeinigen, verſchwebt in den Glanz
dieſes magiſchen Kabinets, nicht viel uͤber das
Gewicht von fuͤnf Schmetterlingen, ſo leicht und
aͤtheriſch flatterte ihm Gegenwart und Leben vor.

Er ſezte ſich mit weit mehr Welt und Leich¬
tigkeit an das Eß-Taͤfelgen, als er ſelber ge¬
dacht hatte. Der General, der ein unaufhoͤr¬
liches Sprechen und Unterhalten begehrte, ſann
Walten an, etwas zu erzaͤhlen, etwas Aufge¬
wektes. Mit etwas Ruͤhrendem waͤr' er leichter
bei der Hand geweſen; ſo aber ſagt' er: er wolle
nachſinnen. Es fiel ihm nichts bei. Schwerer
iſt wohl nichts als das Improviſiren der Erin¬
nerung. Viel leichter improviſirt der Scharf-
und Tiefſinn, die Phantaſie, als die Erinnerung,
zumal wenn auf allen Gehirn-Huͤgeln die freu¬
digſten Feuer brennen. Dreitauſend fatale Bon¬
mots hatte der Notar allemal ſchon geleſen ge¬
habt, ſobald er ſie von einem andern erzaͤhlen
hoͤrte; aber er ſelber kam nie zuerſt darauf und
er ſchaͤmte ſich nachher vor dem Korreferenten.
Sehr haͤtt' er das Schaͤmen nicht noͤthig, da
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[174/0182] wog auf den ſeinigen, verſchwebt in den Glanz dieſes magiſchen Kabinets, nicht viel uͤber das Gewicht von fuͤnf Schmetterlingen, ſo leicht und aͤtheriſch flatterte ihm Gegenwart und Leben vor. Er ſezte ſich mit weit mehr Welt und Leich¬ tigkeit an das Eß-Taͤfelgen, als er ſelber ge¬ dacht hatte. Der General, der ein unaufhoͤr¬ liches Sprechen und Unterhalten begehrte, ſann Walten an, etwas zu erzaͤhlen, etwas Aufge¬ wektes. Mit etwas Ruͤhrendem waͤr' er leichter bei der Hand geweſen; ſo aber ſagt' er: er wolle nachſinnen. Es fiel ihm nichts bei. Schwerer iſt wohl nichts als das Improviſiren der Erin¬ nerung. Viel leichter improviſirt der Scharf- und Tiefſinn, die Phantaſie, als die Erinnerung, zumal wenn auf allen Gehirn-Huͤgeln die freu¬ digſten Feuer brennen. Dreitauſend fatale Bon¬ mots hatte der Notar allemal ſchon geleſen ge¬ habt, ſobald er ſie von einem andern erzaͤhlen hoͤrte; aber er ſelber kam nie zuerſt darauf und er ſchaͤmte ſich nachher vor dem Korreferenten. Sehr haͤtt' er das Schaͤmen nicht noͤthig, da ſolche Referendarien des fremden Wizes und

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/182>, abgerufen am 24.11.2024.