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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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rieth fast leichter Seelen-Schminke, als Wangen-
Schminke, diese rothe Herbstfarbe fallender Blät¬
ter, statt der Frühlingsröthe jungfräulicher Blü¬
the. Weisse Schminke errathen Gelehrte noch
schwerer oder gar nicht, weil sie nicht absehen
können, sagen sie, wo sie nur anfange.

Die Maske saß auf, und sprengte seit ab
nach St. Lüne zu. Gottwalt wußte, daß, wenn
er den Weg nach Jodiz einschlüge, der weissagen¬
de Traum, daß er da Mittags essen werde, schon
halb in Erfüllung gehe; -- er nahm also diesen
Weg. Es sei, daß der zweite Reisetag an der
Natur den blendenden Glanz abwischet, oder daß
sein unruhiger Blik in das geweissagte Rosenhof
und dessen Gaben, das leise Grün der Natur, das
wie ein Gemälde nur in ein stilles Auge kommt,
verscheuchte: genug, statt des gestrigen beschauli¬
chen Morgens hatt' er jezt einen strebenden thäti¬
gen. Er saß selten nieder, er flog, er stand und
gieng als Befehlshaber an der Spize seiner Tage.
Wär' ihm Don Quixote's Rosinante auf einer
Wiese grasend begegnet, er hätte sich frei auf die
nakte geschwungen, (er wäre sein eigner Sattel

rieth faſt leichter Seelen-Schminke, als Wangen-
Schminke, dieſe rothe Herbſtfarbe fallender Blaͤt¬
ter, ſtatt der Fruͤhlingsroͤthe jungfraͤulicher Bluͤ¬
the. Weiſſe Schminke errathen Gelehrte noch
ſchwerer oder gar nicht, weil ſie nicht abſehen
koͤnnen, ſagen ſie, wo ſie nur anfange.

Die Maske ſaß auf, und ſprengte ſeit ab
nach St. Luͤne zu. Gottwalt wußte, daß, wenn
er den Weg nach Jodiz einſchluͤge, der weiſſagen¬
de Traum, daß er da Mittags eſſen werde, ſchon
halb in Erfuͤllung gehe; — er nahm alſo dieſen
Weg. Es ſei, daß der zweite Reiſetag an der
Natur den blendenden Glanz abwiſchet, oder daß
ſein unruhiger Blik in das geweiſſagte Roſenhof
und deſſen Gaben, das leiſe Gruͤn der Natur, das
wie ein Gemaͤlde nur in ein ſtilles Auge kommt,
verſcheuchte: genug, ſtatt des geſtrigen beſchauli¬
chen Morgens hatt' er jezt einen ſtrebenden thaͤti¬
gen. Er ſaß ſelten nieder, er flog, er ſtand und
gieng als Befehlshaber an der Spize ſeiner Tage.
Waͤr' ihm Don Quixote's Roſinante auf einer
Wieſe graſend begegnet, er haͤtte ſich frei auf die
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[152/0160] rieth faſt leichter Seelen-Schminke, als Wangen- Schminke, dieſe rothe Herbſtfarbe fallender Blaͤt¬ ter, ſtatt der Fruͤhlingsroͤthe jungfraͤulicher Bluͤ¬ the. Weiſſe Schminke errathen Gelehrte noch ſchwerer oder gar nicht, weil ſie nicht abſehen koͤnnen, ſagen ſie, wo ſie nur anfange. Die Maske ſaß auf, und ſprengte ſeit ab nach St. Luͤne zu. Gottwalt wußte, daß, wenn er den Weg nach Jodiz einſchluͤge, der weiſſagen¬ de Traum, daß er da Mittags eſſen werde, ſchon halb in Erfuͤllung gehe; — er nahm alſo dieſen Weg. Es ſei, daß der zweite Reiſetag an der Natur den blendenden Glanz abwiſchet, oder daß ſein unruhiger Blik in das geweiſſagte Roſenhof und deſſen Gaben, das leiſe Gruͤn der Natur, das wie ein Gemaͤlde nur in ein ſtilles Auge kommt, verſcheuchte: genug, ſtatt des geſtrigen beſchauli¬ chen Morgens hatt' er jezt einen ſtrebenden thaͤti¬ gen. Er ſaß ſelten nieder, er flog, er ſtand und gieng als Befehlshaber an der Spize ſeiner Tage. Waͤr' ihm Don Quixote's Roſinante auf einer Wieſe graſend begegnet, er haͤtte ſich frei auf die nakte geſchwungen, (er waͤre ſein eigner Sattel

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/160>, abgerufen am 24.11.2024.