Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.bar Flitte stellen, der mit ihm in Aufmerksamkeit Flegeljahre II. Bd. 6
bar Flitte ſtellen, der mit ihm in Aufmerkſamkeit Flegeljahre II. Bd. 6
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0081" n="73"/> bar Flitte ſtellen, der mit ihm in Aufmerkſamkeit<lb/> und Achtung fuͤr dieſelbe haͤsliche Raphaela wett¬<lb/> eiferte! Er druͤckte Flitten — der als armer Teu¬<lb/> fel nichts weiter von der verhaſten Schoͤnheit<lb/> wollte, als die Hand mit dem Heirathsgut —<lb/> unter der Serviette die ſeinige; und ſagte nach<lb/> dem dritten Glas Wein: auch ich wuͤrde mit ei¬<lb/> ner Haͤslichen zuerſt ſprechen und tanzen unter<lb/> vielen Schoͤnen — „Sehr galant! (ſagte der El¬<lb/> ſaſſer) Sahen Sie aber je eine ſuperbere Tail¬<lb/> le?“ — Dieſe nahm jezt erſt der Notar an bei¬<lb/> den Toͤchtern auf Erinnern wahr; wer ſie koͤpf¬<lb/> te, machte jede zur Venus, ja mit dem Kopfe<lb/> ſogar konnte jede ſich fuͤr eine Grazie halten, aber<lb/> in doppelten Spiegeln. Gelehrte kennen keine<lb/> Schoͤnheiten, als phyſiognomiſche; Walt war<lb/> majorenn geworden, ohne zu wiſſen, daß er zwei<lb/> Backenbaͤrte habe, oder andere Leute Taillen,<lb/> ſchoͤne Finger, haͤsliche Finger u. ſ. w. —<lb/> „Wahrhaftig, antwortete der Notar dem El¬<lb/> ſaſſer, ich wollte wohl einer Haͤslichen ohne al¬<lb/> len Gewiſſensbiß die ſchoͤne Taille ins Geſicht ſa¬<lb/> gen, und loben, um die Arme damit bekannt<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Flegeljahre <hi rendition="#aq">II</hi>. Bd. 6<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [73/0081]
bar Flitte ſtellen, der mit ihm in Aufmerkſamkeit
und Achtung fuͤr dieſelbe haͤsliche Raphaela wett¬
eiferte! Er druͤckte Flitten — der als armer Teu¬
fel nichts weiter von der verhaſten Schoͤnheit
wollte, als die Hand mit dem Heirathsgut —
unter der Serviette die ſeinige; und ſagte nach
dem dritten Glas Wein: auch ich wuͤrde mit ei¬
ner Haͤslichen zuerſt ſprechen und tanzen unter
vielen Schoͤnen — „Sehr galant! (ſagte der El¬
ſaſſer) Sahen Sie aber je eine ſuperbere Tail¬
le?“ — Dieſe nahm jezt erſt der Notar an bei¬
den Toͤchtern auf Erinnern wahr; wer ſie koͤpf¬
te, machte jede zur Venus, ja mit dem Kopfe
ſogar konnte jede ſich fuͤr eine Grazie halten, aber
in doppelten Spiegeln. Gelehrte kennen keine
Schoͤnheiten, als phyſiognomiſche; Walt war
majorenn geworden, ohne zu wiſſen, daß er zwei
Backenbaͤrte habe, oder andere Leute Taillen,
ſchoͤne Finger, haͤsliche Finger u. ſ. w. —
„Wahrhaftig, antwortete der Notar dem El¬
ſaſſer, ich wollte wohl einer Haͤslichen ohne al¬
len Gewiſſensbiß die ſchoͤne Taille ins Geſicht ſa¬
gen, und loben, um die Arme damit bekannt
Flegeljahre II. Bd. 6
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