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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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ten jagt (dann gewänne eben Vult), oder ihm,
wie eine Krähe der andern, nichts aushackt
(dann könnte Vult sehr zanken und sich spät
versöhnen ); -- und einen dritten Fall giebt es
eben nicht.

Der Notar kam ziemlich beklommen bei dem
Bruder an. "hier, sagte Vult, liegt der men¬
schenhassende Meinau aus Kotzebues Menschen¬
haß und Reue auf dem Stuhl" und zeigte auf
den feinsten Ueberrock, den Purzel für edle Büh¬
nen-Karaktere gekehrt hatte, ferner einen lang¬
haarigen Rundhut, gespornte Steifstiefel, drei
Ellen lange Halsbinden für den Hals, um die
Farben im Gesicht zu unterbinden, und seidene
Unterkleider. Aber was vorher leicht durch den
Aether der Einbildung flog, steckte jezt fest vor
Walt in der unbehülflichen Gegenwart, und die
Sünde zerfiel in Sünden.

"Beim Henker, sagte Vult und streifte dem No¬
tarius das Zöpflein herunter, skrupelst du doch als
könnt' es nicht eben so gut eine An- als Verklei¬
dung vorstellen. Besteht denn ein Edelmann in
einem Paar Stiefeln und Sporen? Versäuere
mir nichts!" --

ten jagt (dann gewaͤnne eben Vult), oder ihm,
wie eine Kraͤhe der andern, nichts aushackt
(dann koͤnnte Vult ſehr zanken und ſich ſpaͤt
verſoͤhnen ); — und einen dritten Fall giebt es
eben nicht.

Der Notar kam ziemlich beklommen bei dem
Bruder an. „hier, ſagte Vult, liegt der men¬
ſchenhaſſende Meinau aus Kotzebues Menſchen¬
haß und Reue auf dem Stuhl“ und zeigte auf
den feinſten Ueberrock, den Purzel fuͤr edle Buͤh¬
nen-Karaktere gekehrt hatte, ferner einen lang¬
haarigen Rundhut, geſpornte Steifſtiefel, drei
Ellen lange Halsbinden fuͤr den Hals, um die
Farben im Geſicht zu unterbinden, und ſeidene
Unterkleider. Aber was vorher leicht durch den
Aether der Einbildung flog, ſteckte jezt feſt vor
Walt in der unbehuͤlflichen Gegenwart, und die
Suͤnde zerfiel in Suͤnden.

„Beim Henker, ſagte Vult und ſtreifte dem No¬
tarius das Zoͤpflein herunter, ſkrupelſt du doch als
koͤnnt' es nicht eben ſo gut eine An- als Verklei¬
dung vorſtellen. Beſteht denn ein Edelmann in
einem Paar Stiefeln und Sporen? Verſaͤuere
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[205/0213] ten jagt (dann gewaͤnne eben Vult), oder ihm, wie eine Kraͤhe der andern, nichts aushackt (dann koͤnnte Vult ſehr zanken und ſich ſpaͤt verſoͤhnen ); — und einen dritten Fall giebt es eben nicht. Der Notar kam ziemlich beklommen bei dem Bruder an. „hier, ſagte Vult, liegt der men¬ ſchenhaſſende Meinau aus Kotzebues Menſchen¬ haß und Reue auf dem Stuhl“ und zeigte auf den feinſten Ueberrock, den Purzel fuͤr edle Buͤh¬ nen-Karaktere gekehrt hatte, ferner einen lang¬ haarigen Rundhut, geſpornte Steifſtiefel, drei Ellen lange Halsbinden fuͤr den Hals, um die Farben im Geſicht zu unterbinden, und ſeidene Unterkleider. Aber was vorher leicht durch den Aether der Einbildung flog, ſteckte jezt feſt vor Walt in der unbehuͤlflichen Gegenwart, und die Suͤnde zerfiel in Suͤnden. „Beim Henker, ſagte Vult und ſtreifte dem No¬ tarius das Zoͤpflein herunter, ſkrupelſt du doch als koͤnnt' es nicht eben ſo gut eine An- als Verklei¬ dung vorſtellen. Beſteht denn ein Edelmann in einem Paar Stiefeln und Sporen? Verſaͤuere mir nichts!“ —

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/213>, abgerufen am 27.11.2024.