Stolzes, und Egoismus sind die beiden Brenn- oder Frostpunkte seiner Ellipse. Mir misfällt ein junger elender Fant gar nicht -- denn ich seh' ihn nicht, -- der ein Narr ist, ein Bilderdiener seines Spiegelbilds, ein Spiegel seiner Pfauen¬ spiegel; und so gern ich in effigie jedem männ¬ lichen Frazen, der sich hinsezen und als Elegant einem Mode-Journalisten sizen kan, einen tapfern Fustritt gäbe: so bekümmern mich doch die Nar¬ ren zu wenig, ja ich könnte einem, der frei seine Eitelkeit erklärte, solche nachsehen . . . Hingegen einem, der sie läugnet -- der den Pfauenschweif hinter den Adlersflügeln einheften will -- der nur an Sonntagen schwarz gehet, weil da der Schornsteinfeger weis gehet -- der sehr ernst sich blos die Glaze auskämmt -- der wie eine Spinne nächtlich das Gewebe, womit er die Sums- Müke, Lob einfängt, wieder verschlukt und dann wieder ausspannt -- und der die Ansprüche des Philosophen und Narren gern verbände -- und der natürlich noch dabei vollends so egoistisch ist . . . Ich sage egoistisch.
Macht sich ein Mensch, Bruder, aus den
Stolzes, und Egoiſmus ſind die beiden Brenn- oder Froſtpunkte ſeiner Ellipſe. Mir misfaͤllt ein junger elender Fant gar nicht — denn ich ſeh' ihn nicht, — der ein Narr iſt, ein Bilderdiener ſeines Spiegelbilds, ein Spiegel ſeiner Pfauen¬ ſpiegel; und ſo gern ich in effigie jedem maͤnn¬ lichen Frazen, der ſich hinſezen und als Elegant einem Mode-Journaliſten ſizen kan, einen tapfern Fustritt gaͤbe: ſo bekuͤmmern mich doch die Nar¬ ren zu wenig, ja ich koͤnnte einem, der frei ſeine Eitelkeit erklaͤrte, ſolche nachſehen . . . Hingegen einem, der ſie laͤugnet — der den Pfauenſchweif hinter den Adlersfluͤgeln einheften will — der nur an Sonntagen ſchwarz gehet, weil da der Schornſteinfeger weis gehet — der ſehr ernſt ſich blos die Glaze auskaͤmmt — der wie eine Spinne naͤchtlich das Gewebe, womit er die Sums- Muͤke, Lob einfaͤngt, wieder verſchlukt und dann wieder ausſpannt — und der die Anſpruͤche des Philoſophen und Narren gern verbaͤnde — und der natuͤrlich noch dabei vollends ſo egoiſtiſch iſt . . . Ich ſage egoiſtiſch.
Macht ſich ein Menſch, Bruder, aus den
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Stolzes, und Egoiſmus ſind die beiden Brenn-
oder Froſtpunkte ſeiner Ellipſe. Mir misfaͤllt
ein junger elender Fant gar nicht — denn ich ſeh'
ihn nicht, — der ein Narr iſt, ein Bilderdiener
ſeines Spiegelbilds, ein Spiegel ſeiner Pfauen¬
ſpiegel; und ſo gern ich in effigie jedem maͤnn¬
lichen Frazen, der ſich hinſezen und als Elegant
einem Mode-Journaliſten ſizen kan, einen tapfern
Fustritt gaͤbe: ſo bekuͤmmern mich doch die Nar¬
ren zu wenig, ja ich koͤnnte einem, der frei ſeine
Eitelkeit erklaͤrte, ſolche nachſehen . . . Hingegen
einem, der ſie laͤugnet — der den Pfauenſchweif
hinter den Adlersfluͤgeln einheften will — der
nur an Sonntagen ſchwarz gehet, weil da der
Schornſteinfeger weis gehet — der ſehr ernſt ſich
blos die Glaze auskaͤmmt — der wie eine Spinne
naͤchtlich das Gewebe, womit er die Sums-
Muͤke, Lob einfaͤngt, wieder verſchlukt und dann
wieder ausſpannt — und der die Anſpruͤche des
Philoſophen und Narren gern verbaͤnde — und
der natuͤrlich noch dabei vollends ſo egoiſtiſch iſt . . .
Ich ſage egoiſtiſch.
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/21>, abgerufen am 16.02.2025.
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