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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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und befahl mir, zu warten; sie wolle mir bis
ins Wirthshaus vorausgehen und jeden Anstoß
und Eckstein melden. Die Freundliche thats
wahrhaftig und gieng mit dem ewig nach mir
umgebognen Halse, bis sie einem jungen Lehn¬
bauer hinter seinem Pfluge begegnete, dem sie
ein Stück Geld und die Bitte gab, mit dem
blinden Herrn vor das Wirthshaus zu fahren.
Sie sagte liebreich gute Nacht, und die lang¬
haarigen Augenlieder nikten zu schnellenmalen über
den grosen Augen.

"Der Satan hole -- vergieb aber, Nota¬
rius, den Fluch -- den Grafen von Klothar,
wenn er einer so gutmüthigen Weiberseele nur
die dünneste, leichteste Zähre aus den schönen
bräutlichen Augen preste, dem armen Kinde, das
das einzige ist, dem ich noch die freie Reichs-
Ritterschaft gegönnt. Denn mit wie viel Gall' und
Grimm ich in jedes Adels-Dorf eintrete, wor¬
inn -- wenn bei den Römern ein ganzes Volk
für das Geiseln Eines Menschen votieren muste --
umgekehrt nur Ein stimmender Mensch zum
Prügeln eines Volks erfordert wird, das kennst

und befahl mir, zu warten; ſie wolle mir bis
ins Wirthshaus vorausgehen und jeden Anſtoß
und Eckſtein melden. Die Freundliche thats
wahrhaftig und gieng mit dem ewig nach mir
umgebognen Halſe, bis ſie einem jungen Lehn¬
bauer hinter ſeinem Pfluge begegnete, dem ſie
ein Stuͤck Geld und die Bitte gab, mit dem
blinden Herrn vor das Wirthshaus zu fahren.
Sie ſagte liebreich gute Nacht, und die lang¬
haarigen Augenlieder nikten zu ſchnellenmalen uͤber
den groſen Augen.

„Der Satan hole — vergieb aber, Nota¬
rius, den Fluch — den Grafen von Klothar,
wenn er einer ſo gutmuͤthigen Weiberſeele nur
die duͤnneſte, leichteſte Zaͤhre aus den ſchoͤnen
braͤutlichen Augen preſte, dem armen Kinde, das
das einzige iſt, dem ich noch die freie Reichs-
Ritterſchaft gegoͤnnt. Denn mit wie viel Gall' und
Grimm ich in jedes Adels-Dorf eintrete, wor¬
inn — wenn bei den Roͤmern ein ganzes Volk
fuͤr das Geiſeln Eines Menſchen votieren muſte —
umgekehrt nur Ein ſtimmender Menſch zum
Pruͤgeln eines Volks erfordert wird, das kennſt

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[175/0183] und befahl mir, zu warten; ſie wolle mir bis ins Wirthshaus vorausgehen und jeden Anſtoß und Eckſtein melden. Die Freundliche thats wahrhaftig und gieng mit dem ewig nach mir umgebognen Halſe, bis ſie einem jungen Lehn¬ bauer hinter ſeinem Pfluge begegnete, dem ſie ein Stuͤck Geld und die Bitte gab, mit dem blinden Herrn vor das Wirthshaus zu fahren. Sie ſagte liebreich gute Nacht, und die lang¬ haarigen Augenlieder nikten zu ſchnellenmalen uͤber den groſen Augen. „Der Satan hole — vergieb aber, Nota¬ rius, den Fluch — den Grafen von Klothar, wenn er einer ſo gutmuͤthigen Weiberſeele nur die duͤnneſte, leichteſte Zaͤhre aus den ſchoͤnen braͤutlichen Augen preſte, dem armen Kinde, das das einzige iſt, dem ich noch die freie Reichs- Ritterſchaft gegoͤnnt. Denn mit wie viel Gall' und Grimm ich in jedes Adels-Dorf eintrete, wor¬ inn — wenn bei den Roͤmern ein ganzes Volk fuͤr das Geiſeln Eines Menſchen votieren muſte — umgekehrt nur Ein ſtimmender Menſch zum Pruͤgeln eines Volks erfordert wird, das kennſt

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/183>, abgerufen am 22.11.2024.