Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

H. Grafen etwas in einem Seiten-Zimmer zu
übergeben habe, dieser und seine Braut mögen
nun dabei stehen oder nicht; und dabei seh' ich
doch auch einmal einen General, ja einen pol¬
nischen." Sehr sucht' er sich unterwegs keine
andere Freude vorzuhalten als die, einen Gene¬
ral zu hören. Drei Viertel-Stunden hatt' er
einmal in Leipzig am Hotel de Baviere ge¬
lauert, um einen Ambassadeur einsteigen zu se¬
hen. Denselben Durst hatte sein Herz nach dem
Anblick eines preussischen Ministers. Dieses
Triumvirat war ihm der Dreizak der Gewalt,
der Feinheit und des Verstandes; feinere Tour¬
nüren als die sind, womit dieser Staats-Tri¬
dent guten Morgen, guten Abend und alles sa¬
gen werde, (indeß ohne Blumen) konnt' er nicht
wohl für möglich halten, weil er glaubte sie de¬
nen gleich setzen zu können, womit Louis XIV
und Versailles auf die Nachwelt kamen. Nur
drei Personen, gleichsam Kuriazier, stellt' er die¬
sen drei Horaziern entgegen und sogar voraus --
deren Gemahlinnen; oft lies er besonders eine
Ambassadrice durch seinen Kopf gehen, welche

H. Grafen etwas in einem Seiten-Zimmer zu
uͤbergeben habe, dieſer und ſeine Braut moͤgen
nun dabei ſtehen oder nicht; und dabei ſeh' ich
doch auch einmal einen General, ja einen pol¬
niſchen.“ Sehr ſucht' er ſich unterwegs keine
andere Freude vorzuhalten als die, einen Gene¬
ral zu hoͤren. Drei Viertel-Stunden hatt' er
einmal in Leipzig am Hotel de Baviére ge¬
lauert, um einen Ambaſſadeur einſteigen zu ſe¬
hen. Denſelben Durſt hatte ſein Herz nach dem
Anblick eines preuſſiſchen Miniſters. Dieſes
Triumvirat war ihm der Dreizak der Gewalt,
der Feinheit und des Verſtandes; feinere Tour¬
nuͤren als die ſind, womit dieſer Staats-Tri¬
dent guten Morgen, guten Abend und alles ſa¬
gen werde, (indeß ohne Blumen) konnt' er nicht
wohl fuͤr moͤglich halten, weil er glaubte ſie de¬
nen gleich ſetzen zu koͤnnen, womit Louis XIV
und Verſailles auf die Nachwelt kamen. Nur
drei Perſonen, gleichſam Kuriazier, ſtellt' er die¬
ſen drei Horaziern entgegen und ſogar voraus —
deren Gemahlinnen; oft lies er beſonders eine
Ambaſſadrice durch ſeinen Kopf gehen, welche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0155" n="147"/>
H. Grafen etwas in einem Seiten-Zimmer zu<lb/>
u&#x0364;bergeben habe, die&#x017F;er und &#x017F;eine Braut mo&#x0364;gen<lb/>
nun dabei &#x017F;tehen oder nicht; und dabei &#x017F;eh' ich<lb/>
doch auch einmal einen General, ja einen pol¬<lb/>
ni&#x017F;chen.&#x201C; Sehr &#x017F;ucht' er &#x017F;ich unterwegs keine<lb/>
andere Freude vorzuhalten als die, einen Gene¬<lb/>
ral zu ho&#x0364;ren. Drei Viertel-Stunden hatt' er<lb/>
einmal in Leipzig am <hi rendition="#aq">Hotel de Baviére</hi> ge¬<lb/>
lauert, um einen Amba&#x017F;&#x017F;adeur ein&#x017F;teigen zu &#x017F;<lb/>
hen. Den&#x017F;elben Dur&#x017F;t hatte &#x017F;ein Herz nach dem<lb/>
Anblick eines preu&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Mini&#x017F;ters. Die&#x017F;es<lb/>
Triumvirat war ihm der Dreizak der Gewalt,<lb/>
der Feinheit und des Ver&#x017F;tandes; feinere Tour¬<lb/>
nu&#x0364;ren als die &#x017F;ind, womit die&#x017F;er Staats-Tri¬<lb/>
dent guten Morgen, guten Abend und alles &#x017F;<lb/>
gen werde, (indeß ohne Blumen) konnt' er nicht<lb/>
wohl fu&#x0364;r mo&#x0364;glich halten, weil er glaubte &#x017F;ie de¬<lb/>
nen gleich &#x017F;etzen zu ko&#x0364;nnen, womit <hi rendition="#aq">Louis XIV</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">Ver&#x017F;ailles</hi> auf die Nachwelt kamen. Nur<lb/>
drei Per&#x017F;onen, gleich&#x017F;am Kuriazier, &#x017F;tellt' er die¬<lb/>
&#x017F;en drei Horaziern entgegen und &#x017F;ogar voraus &#x2014;<lb/>
deren Gemahlinnen; oft lies er be&#x017F;onders eine<lb/>
Amba&#x017F;&#x017F;adrice durch &#x017F;einen Kopf gehen, welche<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0155] H. Grafen etwas in einem Seiten-Zimmer zu uͤbergeben habe, dieſer und ſeine Braut moͤgen nun dabei ſtehen oder nicht; und dabei ſeh' ich doch auch einmal einen General, ja einen pol¬ niſchen.“ Sehr ſucht' er ſich unterwegs keine andere Freude vorzuhalten als die, einen Gene¬ ral zu hoͤren. Drei Viertel-Stunden hatt' er einmal in Leipzig am Hotel de Baviére ge¬ lauert, um einen Ambaſſadeur einſteigen zu ſe¬ hen. Denſelben Durſt hatte ſein Herz nach dem Anblick eines preuſſiſchen Miniſters. Dieſes Triumvirat war ihm der Dreizak der Gewalt, der Feinheit und des Verſtandes; feinere Tour¬ nuͤren als die ſind, womit dieſer Staats-Tri¬ dent guten Morgen, guten Abend und alles ſa¬ gen werde, (indeß ohne Blumen) konnt' er nicht wohl fuͤr moͤglich halten, weil er glaubte ſie de¬ nen gleich ſetzen zu koͤnnen, womit Louis XIV und Verſailles auf die Nachwelt kamen. Nur drei Perſonen, gleichſam Kuriazier, ſtellt' er die¬ ſen drei Horaziern entgegen und ſogar voraus — deren Gemahlinnen; oft lies er beſonders eine Ambaſſadrice durch ſeinen Kopf gehen, welche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/155
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/155>, abgerufen am 22.11.2024.