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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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seine lezte Liebe, leid' er wie er will." Der Arme
fühlte den Stich der fliegenden Schlange, des
Amors, und schauerte, brannte, zitterte, und
das vergiftete Herz schwoll. Es fiel ihm nicht
ein, daß sie schön sei, oder von Stand, oder
die Aurikeln-Braut der Kindheit, oder die des
Grafen; es war ihm nur als sei die geliebte ewi¬
ge Göttin, die sich bisher fest in sein Herz zu
ihm eingeschlossen und die seinem Geiste Seelig¬
keit, und Heiligkeit und Schönheit gegeben, als
sei diese jezt aus seiner Brust durch Wunden her¬
ausgetreten und stehe jezt, wie der Himmel aus¬
ser ihm, weit von ihm (o! alles ist Ferne, je¬
de Nähe) und blühe glänzend, überirdisch vor
dem einsamen wunden Geiste, den sie verlassen
hat, und der sie nicht entbehren kann.

Jezt kam Wina an der angeklammerten Ra¬
phaela, die aus eitler Vertraulichkeit sich neben
ihr unter die Menge drängen wollte, den Weg
zu Walten daher. Als sie ganz dicht vor ihm
vorbei gieng, und er das gesenkte schwarze Zau¬
ber-Auge nahe sah, das nur Jüdinnen so schön
haben, aber nicht so still, ein sanft strömende

ſeine lezte Liebe, leid' er wie er will.“ Der Arme
fuͤhlte den Stich der fliegenden Schlange, des
Amors, und ſchauerte, brannte, zitterte, und
das vergiftete Herz ſchwoll. Es fiel ihm nicht
ein, daß ſie ſchoͤn ſei, oder von Stand, oder
die Aurikeln-Braut der Kindheit, oder die des
Grafen; es war ihm nur als ſei die geliebte ewi¬
ge Goͤttin, die ſich bisher feſt in ſein Herz zu
ihm eingeſchloſſen und die ſeinem Geiſte Seelig¬
keit, und Heiligkeit und Schoͤnheit gegeben, als
ſei dieſe jezt aus ſeiner Bruſt durch Wunden her¬
ausgetreten und ſtehe jezt, wie der Himmel auſ¬
ſer ihm, weit von ihm (o! alles iſt Ferne, je¬
de Naͤhe) und bluͤhe glaͤnzend, uͤberirdiſch vor
dem einſamen wunden Geiſte, den ſie verlaſſen
hat, und der ſie nicht entbehren kann.

Jezt kam Wina an der angeklammerten Ra¬
phaela, die aus eitler Vertraulichkeit ſich neben
ihr unter die Menge draͤngen wollte, den Weg
zu Walten daher. Als ſie ganz dicht vor ihm
vorbei gieng, und er das geſenkte ſchwarze Zau¬
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[116/0124] ſeine lezte Liebe, leid' er wie er will.“ Der Arme fuͤhlte den Stich der fliegenden Schlange, des Amors, und ſchauerte, brannte, zitterte, und das vergiftete Herz ſchwoll. Es fiel ihm nicht ein, daß ſie ſchoͤn ſei, oder von Stand, oder die Aurikeln-Braut der Kindheit, oder die des Grafen; es war ihm nur als ſei die geliebte ewi¬ ge Goͤttin, die ſich bisher feſt in ſein Herz zu ihm eingeſchloſſen und die ſeinem Geiſte Seelig¬ keit, und Heiligkeit und Schoͤnheit gegeben, als ſei dieſe jezt aus ſeiner Bruſt durch Wunden her¬ ausgetreten und ſtehe jezt, wie der Himmel auſ¬ ſer ihm, weit von ihm (o! alles iſt Ferne, je¬ de Naͤhe) und bluͤhe glaͤnzend, uͤberirdiſch vor dem einſamen wunden Geiſte, den ſie verlaſſen hat, und der ſie nicht entbehren kann. Jezt kam Wina an der angeklammerten Ra¬ phaela, die aus eitler Vertraulichkeit ſich neben ihr unter die Menge draͤngen wollte, den Weg zu Walten daher. Als ſie ganz dicht vor ihm vorbei gieng, und er das geſenkte ſchwarze Zau¬ ber-Auge nahe ſah, das nur Juͤdinnen ſo ſchoͤn haben, aber nicht ſo ſtill, ein ſanft ſtroͤmende

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/124>, abgerufen am 27.11.2024.