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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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ausgenommen, Thüren und Fenster standen of¬
fen; aber alles war in den Stein der Ewigkeit
gehauen; der rothe Tisch, die rothen Wandbänke,
die runden Löffel in der hölzernen WandLeiste, um
den Ofen das TrokenGerüste, der tiefe Stuben¬
balken mit herunterhängenden Kalendern und Hee¬
ringsKöpfen, alles war über das Meer der lan¬
gen Zeit, gut eingepakt, ganz und wie neu her¬
übergeführt, auch die alte Dürftigkeit.

Er wollte am Fenster länger empfinden, als
er über sich Leute hörte, und am Apfelbaum den
Lichtschimmer der obern Stube erblikte. Er lief
auf den Baum, woran der Vater Treppe und
Altan gebaut: und sah nun gerade in die Stube
hinein, und hatte das ganze Nest.

Darinn sah er seine Mutter Veronika, mit
einer weißen Küchenschürze stehend, eine starke,
etwas breite gesund nachblühende Frau, das stille
scharfe, aber höfliche Weiberauge auf den Hof¬
fiskal gelegt -- dieser ruhig sizend und an seinem
breiten Kopfe das NabelGehenke eines Pfeifen¬
kopfes befestigend -- der Vater gepudert, und
im heiligen AbendmahlsRok unruhig laufend,

ausgenommen, Thuͤren und Fenſter ſtanden of¬
fen; aber alles war in den Stein der Ewigkeit
gehauen; der rothe Tiſch, die rothen Wandbaͤnke,
die runden Loͤffel in der hoͤlzernen WandLeiſte, um
den Ofen das TrokenGeruͤſte, der tiefe Stuben¬
balken mit herunterhaͤngenden Kalendern und Hee¬
ringsKoͤpfen, alles war uͤber das Meer der lan¬
gen Zeit, gut eingepakt, ganz und wie neu her¬
uͤbergefuͤhrt, auch die alte Duͤrftigkeit.

Er wollte am Fenſter laͤnger empfinden, als
er uͤber ſich Leute hoͤrte, und am Apfelbaum den
Lichtſchimmer der obern Stube erblikte. Er lief
auf den Baum, woran der Vater Treppe und
Altan gebaut: und ſah nun gerade in die Stube
hinein, und hatte das ganze Neſt.

Darinn ſah er ſeine Mutter Veronika, mit
einer weißen Kuͤchenſchuͤrze ſtehend, eine ſtarke,
etwas breite geſund nachbluͤhende Frau, das ſtille
ſcharfe, aber hoͤfliche Weiberauge auf den Hof¬
fiſkal gelegt — dieſer ruhig ſizend und an ſeinem
breiten Kopfe das NabelGehenke eines Pfeifen¬
kopfes befeſtigend — der Vater gepudert, und
im heiligen AbendmahlsRok unruhig laufend,

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[84/0094] ausgenommen, Thuͤren und Fenſter ſtanden of¬ fen; aber alles war in den Stein der Ewigkeit gehauen; der rothe Tiſch, die rothen Wandbaͤnke, die runden Loͤffel in der hoͤlzernen WandLeiſte, um den Ofen das TrokenGeruͤſte, der tiefe Stuben¬ balken mit herunterhaͤngenden Kalendern und Hee¬ ringsKoͤpfen, alles war uͤber das Meer der lan¬ gen Zeit, gut eingepakt, ganz und wie neu her¬ uͤbergefuͤhrt, auch die alte Duͤrftigkeit. Er wollte am Fenſter laͤnger empfinden, als er uͤber ſich Leute hoͤrte, und am Apfelbaum den Lichtſchimmer der obern Stube erblikte. Er lief auf den Baum, woran der Vater Treppe und Altan gebaut: und ſah nun gerade in die Stube hinein, und hatte das ganze Neſt. Darinn ſah er ſeine Mutter Veronika, mit einer weißen Kuͤchenſchuͤrze ſtehend, eine ſtarke, etwas breite geſund nachbluͤhende Frau, das ſtille ſcharfe, aber hoͤfliche Weiberauge auf den Hof¬ fiſkal gelegt — dieſer ruhig ſizend und an ſeinem breiten Kopfe das NabelGehenke eines Pfeifen¬ kopfes befeſtigend — der Vater gepudert, und im heiligen AbendmahlsRok unruhig laufend,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/94>, abgerufen am 28.11.2024.