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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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stand aber darinn, daß er sich um nichts be¬
kümmerte, sondern auswärts that, als siz' er warm
zu Hause, und es gebe keine Fremden auf der
Welt. Sollt' es nicht einige Verachtung oder
Härte anzeigen, dachte Walt, durchaus keine
fremde erste Stunde anzuerkennen, sondern nur
eine vertraute zweite, zehnte etc.? -- Dabei mach¬
te Vult das ruhigste Gesicht von der Welt vor
je dem schönsten, trat sehr nahe an dieses, klagte,
sein Auge komme täglich mehr herunter und blik¬
te (als Schein-Myops) unbeschreiblich kalt an,
und weg, als size die Physiognomie verblasen
zu einem gestaltlosen Nebel an einer Bergspize
hängend vor ihm da. Sehr fiel dem Notarius
-- welcher glaubte, auch gesehen zu haben in
Leipzig in Rudolphs Garten, was feinste Sit¬
ten und Menschen sind, und mit welchen forcier¬
ten Märschen junge männliche Kaufmannschaft
weibliche bedient und bezaubert, gleichsam wil¬
lige Kartesianische Täucherlein, die der Damen¬
finger auf und nieder springen lässet -- sehr fiel
ihm Vults männliche Ruhe auf, bis er zulezt
gar seine Definizion des Anstands änderte und

ſtand aber darinn, daß er ſich um nichts be¬
kuͤmmerte, ſondern auswaͤrts that, als ſiz' er warm
zu Hauſe, und es gebe keine Fremden auf der
Welt. Sollt' es nicht einige Verachtung oder
Haͤrte anzeigen, dachte Walt, durchaus keine
fremde erſte Stunde anzuerkennen, ſondern nur
eine vertraute zweite, zehnte ꝛc.? — Dabei mach¬
te Vult das ruhigſte Geſicht von der Welt vor
je dem ſchoͤnſten, trat ſehr nahe an dieſes, klagte,
ſein Auge komme taͤglich mehr herunter und blik¬
te (als Schein-Myops) unbeſchreiblich kalt an,
und weg, als ſize die Phyſiognomie verblaſen
zu einem geſtaltloſen Nebel an einer Bergſpize
haͤngend vor ihm da. Sehr fiel dem Notarius
— welcher glaubte, auch geſehen zu haben in
Leipzig in Rudolphs Garten, was feinſte Sit¬
ten und Menſchen ſind, und mit welchen forcier¬
ten Maͤrſchen junge maͤnnliche Kaufmannſchaft
weibliche bedient und bezaubert, gleichſam wil¬
lige Karteſianiſche Taͤucherlein, die der Damen¬
finger auf und nieder ſpringen laͤſſet — ſehr fiel
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[229/0239] ſtand aber darinn, daß er ſich um nichts be¬ kuͤmmerte, ſondern auswaͤrts that, als ſiz' er warm zu Hauſe, und es gebe keine Fremden auf der Welt. Sollt' es nicht einige Verachtung oder Haͤrte anzeigen, dachte Walt, durchaus keine fremde erſte Stunde anzuerkennen, ſondern nur eine vertraute zweite, zehnte ꝛc.? — Dabei mach¬ te Vult das ruhigſte Geſicht von der Welt vor je dem ſchoͤnſten, trat ſehr nahe an dieſes, klagte, ſein Auge komme taͤglich mehr herunter und blik¬ te (als Schein-Myops) unbeſchreiblich kalt an, und weg, als ſize die Phyſiognomie verblaſen zu einem geſtaltloſen Nebel an einer Bergſpize haͤngend vor ihm da. Sehr fiel dem Notarius — welcher glaubte, auch geſehen zu haben in Leipzig in Rudolphs Garten, was feinſte Sit¬ ten und Menſchen ſind, und mit welchen forcier¬ ten Maͤrſchen junge maͤnnliche Kaufmannſchaft weibliche bedient und bezaubert, gleichſam wil¬ lige Karteſianiſche Taͤucherlein, die der Damen¬ finger auf und nieder ſpringen laͤſſet — ſehr fiel ihm Vults maͤnnliche Ruhe auf, bis er zulezt gar ſeine Definizion des Anſtands aͤnderte und

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/239>, abgerufen am 24.11.2024.