Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.Parnas spazieren gehen durfte, und oben mit Oft sprang er auf, beschauete den duftigen Parnas ſpazieren gehen durfte, und oben mit Oft ſprang er auf, beſchauete den duftigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0217" n="207"/> Parnas ſpazieren gehen durfte, und oben mit<lb/> einer Muſe ſpielen; indem er, hoft' er, ge¬<lb/> ſtern im juriſtiſchen Fache das Seinige gearbeitet,<lb/> naͤmlich das Teſtament vernommen und erwogen.<lb/> Da den Abend vorher war ausgemacht worden,<lb/> daß der Held des Doppelromans einen langen<lb/> Band hindurch ſich nach nichts ſehnen ſollte, als<lb/> blos nach einem Freunde, nicht nach einer Hel¬<lb/> din: ſo ließ er ihn es zwei Stunden, oder im Bu¬<lb/> che ſelber ſo viele Jahre lang, wirklich thun; er<lb/> ſelber aber ſehnte ſich auch mit und uͤber die Maſ¬<lb/> ſen. Das Schmachten nach Freundſchaft, dieſer<lb/> Doppelfloͤte des Lebens, holt' er ganz aus eigner<lb/> Bruſt; denn der geliebte Bruder konnte ihm ſo<lb/> wenig wie der geliebte Vater, einen Freund erſpa¬<lb/> ren.</p><lb/> <p>Oft ſprang er auf, beſchauete den duftigen<lb/> goldhellen Morgen, oͤfnete das Fenſter und ſeg¬<lb/> nete die ganze frohe Welt, vom Maͤdchen am<lb/> Springbrunnen an bis zur luſtigen Schwalbe im<lb/> blauen Himmel. So ruͤkt die Bergluft der eig¬<lb/> nen Dichtung alle Weſen naͤher an das Herz des<lb/> Dichters und ihm, erhoben uͤber das Leben, naͤ¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [207/0217]
Parnas ſpazieren gehen durfte, und oben mit
einer Muſe ſpielen; indem er, hoft' er, ge¬
ſtern im juriſtiſchen Fache das Seinige gearbeitet,
naͤmlich das Teſtament vernommen und erwogen.
Da den Abend vorher war ausgemacht worden,
daß der Held des Doppelromans einen langen
Band hindurch ſich nach nichts ſehnen ſollte, als
blos nach einem Freunde, nicht nach einer Hel¬
din: ſo ließ er ihn es zwei Stunden, oder im Bu¬
che ſelber ſo viele Jahre lang, wirklich thun; er
ſelber aber ſehnte ſich auch mit und uͤber die Maſ¬
ſen. Das Schmachten nach Freundſchaft, dieſer
Doppelfloͤte des Lebens, holt' er ganz aus eigner
Bruſt; denn der geliebte Bruder konnte ihm ſo
wenig wie der geliebte Vater, einen Freund erſpa¬
ren.
Oft ſprang er auf, beſchauete den duftigen
goldhellen Morgen, oͤfnete das Fenſter und ſeg¬
nete die ganze frohe Welt, vom Maͤdchen am
Springbrunnen an bis zur luſtigen Schwalbe im
blauen Himmel. So ruͤkt die Bergluft der eig¬
nen Dichtung alle Weſen naͤher an das Herz des
Dichters und ihm, erhoben uͤber das Leben, naͤ¬
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