"Einen Menschen, versezte Vult, muß jeder, der auf den Rest Dampf und Nebel loslässet, besizen, einen Auserwählten, vor dem er Panzer und Brust aufmacht und sagt: guck' hinein. Der Glückliche bist nun du; blos weil du -- so viel du auch, merk' ich, Welt hast, -- doch im Ganzen ein frommer, fester Geselle bist, ein reiner Dichter und dabei mein Bruder, ja Zwil¬ ling und -- so lass' es dabei!" --
Walt wuste sich in keine Stelle so leicht und gut zu sezen als in die fremde; er sah der schö¬ nen Gestalt des Geliebten diese Sommersprossen und Hizblattern des Reiselebens nach und glaub¬ te, ein Schattenleben wie seines hätte Vulten die¬ se vielfärbige moralische Nesselsucht gewiß er¬ spart. Bis tief in die Nacht, brachten beide sie mit friedlichen Entwürfen und Gränzrezessen ihres Doppelromans zu und das ganze histori¬ sche erste Viertel ihrer romantischen Himmels¬ kugel stieg so hell am Horizonte empor, daß Walt den andern Tag weiter nichts brauchte, als Stuhl und Dinte und Papier und anzufan¬ gen. Froh sah er dem morgenden Sonntag ent¬
„Einen Menſchen, verſezte Vult, muß jeder, der auf den Reſt Dampf und Nebel loslaͤſſet, beſizen, einen Auserwaͤhlten, vor dem er Panzer und Bruſt aufmacht und ſagt: guck' hinein. Der Gluͤckliche biſt nun du; blos weil du — ſo viel du auch, merk' ich, Welt haſt, — doch im Ganzen ein frommer, feſter Geſelle biſt, ein reiner Dichter und dabei mein Bruder, ja Zwil¬ ling und — ſo laſſ' es dabei!“ —
Walt wuſte ſich in keine Stelle ſo leicht und gut zu ſezen als in die fremde; er ſah der ſchoͤ¬ nen Geſtalt des Geliebten dieſe Sommerſproſſen und Hizblattern des Reiſelebens nach und glaub¬ te, ein Schattenleben wie ſeines haͤtte Vulten die¬ ſe vielfaͤrbige moraliſche Neſſelſucht gewiß er¬ ſpart. Bis tief in die Nacht, brachten beide ſie mit friedlichen Entwuͤrfen und Graͤnzrezeſſen ihres Doppelromans zu und das ganze hiſtori¬ ſche erſte Viertel ihrer romantiſchen Himmels¬ kugel ſtieg ſo hell am Horizonte empor, daß Walt den andern Tag weiter nichts brauchte, als Stuhl und Dinte und Papier und anzufan¬ gen. Froh ſah er dem morgenden Sonntag ent¬
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„Einen Menſchen, verſezte Vult, muß jeder,
der auf den Reſt Dampf und Nebel loslaͤſſet,
beſizen, einen Auserwaͤhlten, vor dem er Panzer
und Bruſt aufmacht und ſagt: guck' hinein.
Der Gluͤckliche biſt nun du; blos weil du —
ſo viel du auch, merk' ich, Welt haſt, — doch
im Ganzen ein frommer, feſter Geſelle biſt, ein
reiner Dichter und dabei mein Bruder, ja Zwil¬
ling und — ſo laſſ' es dabei!“ —
Walt wuſte ſich in keine Stelle ſo leicht und
gut zu ſezen als in die fremde; er ſah der ſchoͤ¬
nen Geſtalt des Geliebten dieſe Sommerſproſſen
und Hizblattern des Reiſelebens nach und glaub¬
te, ein Schattenleben wie ſeines haͤtte Vulten die¬
ſe vielfaͤrbige moraliſche Neſſelſucht gewiß er¬
ſpart. Bis tief in die Nacht, brachten beide
ſie mit friedlichen Entwuͤrfen und Graͤnzrezeſſen
ihres Doppelromans zu und das ganze hiſtori¬
ſche erſte Viertel ihrer romantiſchen Himmels¬
kugel ſtieg ſo hell am Horizonte empor, daß
Walt den andern Tag weiter nichts brauchte,
als Stuhl und Dinte und Papier und anzufan¬
gen. Froh ſah er dem morgenden Sonntag ent¬
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/215>, abgerufen am 16.07.2024.
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