Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.ihn hundertmal gesehen, ist man ein alter Hering, "Gut, sagte Walt, aber mein ganzer Him¬ *) "Es geschah der Schamhaftigkeit und Wohlgestalt
zu Liebe." ihn hundertmal geſehen, iſt man ein alter Hering, „Gut, ſagte Walt, aber mein ganzer Him¬ *) „Es geſchah der Schamhaftigkeit und Wohlgeſtalt
zu Liebe.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0210" n="200"/> ihn hundertmal geſehen, iſt man ein alter Hering,<lb/> der zu lange in der aufgeſchlagenen Tonne auf<lb/> dem Markte blos geſtanden.“</p><lb/> <p>„Gut, ſagte Walt, aber mein ganzer Him¬<lb/> mel fiel mir aus dem Herzen heraus, da ich vor¬<lb/> hin in dem Wochenblatte die Augenkrankheit las“<lb/> — und zog leiſe die Thuͤre des Schlafkaͤmmer¬<lb/> gens zu, worinn Flora bettete. „Die Sache<lb/> bleibt wohl die — fieng Vult an und ſties<lb/> Kopfſchuͤttelnd die Pforte wieder auf — „<hi rendition="#aq">pu¬<lb/> doris gratia factum eſt atque formoſita¬<lb/> tis</hi> <note place="foot" n="*)">„Es geſchah der Schamhaftigkeit und Wohlgeſtalt<lb/> zu Liebe.“<lb/></note>, erwiederte Walt auf das Schuͤtteln —<lb/> bleibt wohl die, ſag' ich, was Sie auch moͤgen<lb/> hier eingewendet haben, die daß das deutſche<lb/> Kunſtpublikum ſich in nichts inniger verbeiſſet<lb/> als in Wunden oder in Metaſtaſen. Ich meine<lb/> aber weiter nichts als ſoviel: daß das Publikum<lb/> z. B. einen Maler ſehr gut bezahlt und rekom¬<lb/> mandirt, der aber etwan mit dem lincken Fuße<lb/> pinſelte — oder einen Horniſten, der aber mit<lb/> der Naſe blieſe — desgleichen einen Harfenierer,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [200/0210]
ihn hundertmal geſehen, iſt man ein alter Hering,
der zu lange in der aufgeſchlagenen Tonne auf
dem Markte blos geſtanden.“
„Gut, ſagte Walt, aber mein ganzer Him¬
mel fiel mir aus dem Herzen heraus, da ich vor¬
hin in dem Wochenblatte die Augenkrankheit las“
— und zog leiſe die Thuͤre des Schlafkaͤmmer¬
gens zu, worinn Flora bettete. „Die Sache
bleibt wohl die — fieng Vult an und ſties
Kopfſchuͤttelnd die Pforte wieder auf — „pu¬
doris gratia factum eſt atque formoſita¬
tis *), erwiederte Walt auf das Schuͤtteln —
bleibt wohl die, ſag' ich, was Sie auch moͤgen
hier eingewendet haben, die daß das deutſche
Kunſtpublikum ſich in nichts inniger verbeiſſet
als in Wunden oder in Metaſtaſen. Ich meine
aber weiter nichts als ſoviel: daß das Publikum
z. B. einen Maler ſehr gut bezahlt und rekom¬
mandirt, der aber etwan mit dem lincken Fuße
pinſelte — oder einen Horniſten, der aber mit
der Naſe blieſe — desgleichen einen Harfenierer,
*) „Es geſchah der Schamhaftigkeit und Wohlgeſtalt
zu Liebe.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |