Reisen an 1001 erlebt, nicht einmal gehört; die¬ se werden sämmtlich genommen, sehr gut ver¬ schnitten und verkleidet. Wie Zwillinge in ein Dintenfas tunken? Beaumont und Fletscher, sich Hundsfremd, nähten an Einem gemeinschaft¬ lichen Schneider-Tische Schauspiele, nach de¬ ren Naht und Suturen noch bis heute die Kriti¬ ker fühlen und tasten. Bei den spanischen Dichtern hatte oft ein Kind an neun Väter, nämlich eine Ko¬ mödie, nämlich Autoren. Und im 1sten Buch Mosis kannst du es am allerersten lesen, wenn du den Pro¬ fessor Eichhorn dazu liesest, der allein in der Sünd¬ fluht drei Autoren annimmt, ausser dem vier¬ ten im Himmel. Es giebt in jedem epischen Werke Kapitel, worüber der Mensch lachen muß, Ausschweifungen, die das Leben des Hel¬ den unterbrechen; diese kann, denk' ich, der Bru¬ der machen und liefern, der die Flöte bläset. Freilich Parität, wie in Reichsstädten, muß sein, die eine Parthei muß so viele Zensoren, Büttel, Nachtwächter haben als die andere. Geschieht nun das mit Verstand, so mag wohl ein Werk zu hecken sein, ein Leda's Ei, das sich sogar
Reiſen an 1001 erlebt, nicht einmal gehoͤrt; die¬ ſe werden ſaͤmmtlich genommen, ſehr gut ver¬ ſchnitten und verkleidet. Wie Zwillinge in ein Dintenfas tunken? Beaumont und Fletſcher, ſich Hundsfremd, naͤhten an Einem gemeinſchaft¬ lichen Schneider-Tiſche Schauſpiele, nach de¬ ren Naht und Suturen noch bis heute die Kriti¬ ker fuͤhlen und taſten. Bei den ſpaniſchen Dichtern hatte oft ein Kind an neun Vaͤter, naͤmlich eine Ko¬ moͤdie, naͤmlich Autoren. Und im 1ſten Buch Moſis kannſt du es am allererſten leſen, wenn du den Pro¬ feſſor Eichhorn dazu lieſeſt, der allein in der Suͤnd¬ fluht drei Autoren annimmt, auſſer dem vier¬ ten im Himmel. Es giebt in jedem epiſchen Werke Kapitel, woruͤber der Menſch lachen muß, Ausſchweifungen, die das Leben des Hel¬ den unterbrechen; dieſe kann, denk' ich, der Bru¬ der machen und liefern, der die Floͤte blaͤſet. Freilich Paritaͤt, wie in Reichsſtaͤdten, muß ſein, die eine Parthei muß ſo viele Zenſoren, Buͤttel, Nachtwaͤchter haben als die andere. Geſchieht nun das mit Verſtand, ſo mag wohl ein Werk zu hecken ſein, ein Leda's Ei, das ſich ſogar
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Reiſen an 1001 erlebt, nicht einmal gehoͤrt; die¬
ſe werden ſaͤmmtlich genommen, ſehr gut ver¬
ſchnitten und verkleidet. Wie Zwillinge in ein
Dintenfas tunken? Beaumont und Fletſcher,
ſich Hundsfremd, naͤhten an Einem gemeinſchaft¬
lichen Schneider-Tiſche Schauſpiele, nach de¬
ren Naht und Suturen noch bis heute die Kriti¬
ker fuͤhlen und taſten. Bei den ſpaniſchen Dichtern
hatte oft ein Kind an neun Vaͤter, naͤmlich eine Ko¬
moͤdie, naͤmlich Autoren. Und im 1ſten Buch Moſis
kannſt du es am allererſten leſen, wenn du den Pro¬
feſſor Eichhorn dazu lieſeſt, der allein in der Suͤnd¬
fluht drei Autoren annimmt, auſſer dem vier¬
ten im Himmel. Es giebt in jedem epiſchen
Werke Kapitel, woruͤber der Menſch lachen
muß, Ausſchweifungen, die das Leben des Hel¬
den unterbrechen; dieſe kann, denk' ich, der Bru¬
der machen und liefern, der die Floͤte blaͤſet.
Freilich Paritaͤt, wie in Reichsſtaͤdten, muß ſein,
die eine Parthei muß ſo viele Zenſoren, Buͤttel,
Nachtwaͤchter haben als die andere. Geſchieht
nun das mit Verſtand, ſo mag wohl ein Werk
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/182>, abgerufen am 18.07.2024.
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