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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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Wirthshaus. Drinnen thaten sich schon an ei¬
nem Tische, der die Marschalls- Pagen- und
Lakaientafel war, schnelle Freszangen auf und
zu. Der Wein wurde auf einen Stuhl gesezt ins
Freie. Das weisse Tischtuch ihres verschobenen
Soupers glänzte schon aus der wandlosen Stu¬
be herab. Vult fieng damit an, daß er dem
Modelle der künftigen Aethermühle das Lob von
Walts gestrigen Strekversen voraus schickte --
daß er sein Erstaunen bezeugte, wie Walt bei
sonstigem Ueberwallen im Leben, doch jene Ru¬
he im Dichten habe, durch welche ein Dichter es
dem Wasser-Rennen der Bayerinnen gleich thut,
welche mit einem Scheffel Wasser oder Hippokre¬
ne auf dem Kopfe unter der Bedingung wettlau¬
fen, nichts zu verschütten, und daß er fragte,
wie er als Jurist zu dieser poetischen Ausbildung
gekommen.

Der Notarius trank mit Geschmack den Krä¬
zer, und sagte zweifelnd vor Freude: wenn würk¬
lich etwas poetisches an ihm wäre, auch nur
der Flaum einer Dichterschwinge, so käme es
freilich von seinem ewigen Bestreben in Leipzig

Wirthshaus. Drinnen thaten ſich ſchon an ei¬
nem Tiſche, der die Marſchalls- Pagen- und
Lakaientafel war, ſchnelle Freszangen auf und
zu. Der Wein wurde auf einen Stuhl geſezt ins
Freie. Das weiſſe Tiſchtuch ihres verſchobenen
Soupers glaͤnzte ſchon aus der wandloſen Stu¬
be herab. Vult fieng damit an, daß er dem
Modelle der kuͤnftigen Aethermuͤhle das Lob von
Walts geſtrigen Strekverſen voraus ſchickte —
daß er ſein Erſtaunen bezeugte, wie Walt bei
ſonſtigem Ueberwallen im Leben, doch jene Ru¬
he im Dichten habe, durch welche ein Dichter es
dem Waſſer-Rennen der Bayerinnen gleich thut,
welche mit einem Scheffel Waſſer oder Hippokre¬
ne auf dem Kopfe unter der Bedingung wettlau¬
fen, nichts zu verſchuͤtten, und daß er fragte,
wie er als Juriſt zu dieſer poetiſchen Ausbildung
gekommen.

Der Notarius trank mit Geſchmack den Kraͤ¬
zer, und ſagte zweifelnd vor Freude: wenn wuͤrk¬
lich etwas poetiſches an ihm waͤre, auch nur
der Flaum einer Dichterſchwinge, ſo kaͤme es
freilich von ſeinem ewigen Beſtreben in Leipzig

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[165/0175] Wirthshaus. Drinnen thaten ſich ſchon an ei¬ nem Tiſche, der die Marſchalls- Pagen- und Lakaientafel war, ſchnelle Freszangen auf und zu. Der Wein wurde auf einen Stuhl geſezt ins Freie. Das weiſſe Tiſchtuch ihres verſchobenen Soupers glaͤnzte ſchon aus der wandloſen Stu¬ be herab. Vult fieng damit an, daß er dem Modelle der kuͤnftigen Aethermuͤhle das Lob von Walts geſtrigen Strekverſen voraus ſchickte — daß er ſein Erſtaunen bezeugte, wie Walt bei ſonſtigem Ueberwallen im Leben, doch jene Ru¬ he im Dichten habe, durch welche ein Dichter es dem Waſſer-Rennen der Bayerinnen gleich thut, welche mit einem Scheffel Waſſer oder Hippokre¬ ne auf dem Kopfe unter der Bedingung wettlau¬ fen, nichts zu verſchuͤtten, und daß er fragte, wie er als Juriſt zu dieſer poetiſchen Ausbildung gekommen. Der Notarius trank mit Geſchmack den Kraͤ¬ zer, und ſagte zweifelnd vor Freude: wenn wuͤrk¬ lich etwas poetiſches an ihm waͤre, auch nur der Flaum einer Dichterſchwinge, ſo kaͤme es freilich von ſeinem ewigen Beſtreben in Leipzig

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/175>, abgerufen am 26.11.2024.