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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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Das überfiel den Notarius wie eine verstek¬
te Musik, die an einem Geburtstage heraus
bricht. Er konnte nicht aufhören, zu jubeln und
zu loben. Vult aber eröfnete, warum er da
bleibe, nähmlich erstlich und hauptsächlich, um
ihm als einem arglosen Singvogel, der besser
oben fliegen als unten scharren könne, unter dem
adelichen Inkognito gegen die 7 Spizbuben bei¬
zustehen; denn, wie gesagt, er glaube nicht son¬
derlich an dessen Sieg.

"Du bist freilich, versezte Walt betroffen,
ein gereiseter Weltmann, und ich hätte zu wenig
gelesen und gesehen, wollt' ich das nicht merken;
aber ich hoffe doch, daß ich, wenn ich mir im¬
mer meine Eltern vorhalte, wie sie so lange an¬
gekettet auf dem dunstigen Ruderschiffe der Schul¬
den ein bitteres Leben befahren, und wenn ich
alle meine Kräfte zur Erfüllung der Testaments-
Bedingungen zusammen nehme, ich hoffe wohl,
daß ich dann die Stunde erzwinge, wo ihnen
die Ketten entzwei geschlagen, und sie auf ein
grünes Ufer einer Zuckerinsel ausgeschift sind,
und wir uns alle frei unter dem Himmel umar¬

Das uͤberfiel den Notarius wie eine verſtek¬
te Muſik, die an einem Geburtstage heraus
bricht. Er konnte nicht aufhoͤren, zu jubeln und
zu loben. Vult aber eroͤfnete, warum er da
bleibe, naͤhmlich erſtlich und hauptſaͤchlich, um
ihm als einem argloſen Singvogel, der beſſer
oben fliegen als unten ſcharren koͤnne, unter dem
adelichen Inkognito gegen die 7 Spizbuben bei¬
zuſtehen; denn, wie geſagt, er glaube nicht ſon¬
derlich an deſſen Sieg.

„Du biſt freilich, verſezte Walt betroffen,
ein gereiſeter Weltmann, und ich haͤtte zu wenig
geleſen und geſehen, wollt' ich das nicht merken;
aber ich hoffe doch, daß ich, wenn ich mir im¬
mer meine Eltern vorhalte, wie ſie ſo lange an¬
gekettet auf dem dunſtigen Ruderſchiffe der Schul¬
den ein bitteres Leben befahren, und wenn ich
alle meine Kraͤfte zur Erfuͤllung der Teſtaments-
Bedingungen zuſammen nehme, ich hoffe wohl,
daß ich dann die Stunde erzwinge, wo ihnen
die Ketten entzwei geſchlagen, und ſie auf ein
gruͤnes Ufer einer Zuckerinſel ausgeſchift ſind,
und wir uns alle frei unter dem Himmel umar¬

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[163/0173] Das uͤberfiel den Notarius wie eine verſtek¬ te Muſik, die an einem Geburtstage heraus bricht. Er konnte nicht aufhoͤren, zu jubeln und zu loben. Vult aber eroͤfnete, warum er da bleibe, naͤhmlich erſtlich und hauptſaͤchlich, um ihm als einem argloſen Singvogel, der beſſer oben fliegen als unten ſcharren koͤnne, unter dem adelichen Inkognito gegen die 7 Spizbuben bei¬ zuſtehen; denn, wie geſagt, er glaube nicht ſon¬ derlich an deſſen Sieg. „Du biſt freilich, verſezte Walt betroffen, ein gereiſeter Weltmann, und ich haͤtte zu wenig geleſen und geſehen, wollt' ich das nicht merken; aber ich hoffe doch, daß ich, wenn ich mir im¬ mer meine Eltern vorhalte, wie ſie ſo lange an¬ gekettet auf dem dunſtigen Ruderſchiffe der Schul¬ den ein bitteres Leben befahren, und wenn ich alle meine Kraͤfte zur Erfuͤllung der Teſtaments- Bedingungen zuſammen nehme, ich hoffe wohl, daß ich dann die Stunde erzwinge, wo ihnen die Ketten entzwei geſchlagen, und ſie auf ein gruͤnes Ufer einer Zuckerinſel ausgeſchift ſind, und wir uns alle frei unter dem Himmel umar¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/173>, abgerufen am 26.11.2024.