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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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Er frisset aber brav, sagte der Wirth, der ihn
bat nachzufolgen in sein Zimmer. Als ers auf¬
schlos, war die Abendwand nicht sowohl ganz
zerstört -- denn sie lag ein Stokwerk tiefer un¬
ten in ziemlichen Stücken -- als wahrhaft ver¬
doppelt -- denn die neue lag als Stein und Kalk
unten darneben --. "Weiter, fügte der Herrn¬
huter seelenruhig bei, als der Gast ein wenig
erstaunt mit dem großen Auge durch das sieben
Schritt breite Luftfenster durchfuhr, weiter hab'
ich im ganzen Hause nichts leer und jezt ists
Sommer." -- "Gut, sagte Walt stark und such¬
te zu befehlen; aber einen Besen!" -- Der Wirth
lief demüthig und gehorchend hinab.

"Ist unser Wirth nicht ein wahrer Filon?"
sagte Vult. "Im Grunde, mein Herr -- ver¬
sezte jener freudig -- ist das für mich schöner.
Welcher herrliche lange Strom von Feldern und
Dörfern, der herein glänzt und das Auge trägt
und zieht; und die Abendsonne und Röthe und
den Mond hat man ganz vor sich, sogar im
Bette die ganze Nacht!" -- Diese Einstimmung
ins Geschik und ins Wirthshaus kam aber nicht

Flegeljahre I. Bd. 10

Er friſſet aber brav, ſagte der Wirth, der ihn
bat nachzufolgen in ſein Zimmer. Als ers auf¬
ſchlos, war die Abendwand nicht ſowohl ganz
zerſtoͤrt — denn ſie lag ein Stokwerk tiefer un¬
ten in ziemlichen Stuͤcken — als wahrhaft ver¬
doppelt — denn die neue lag als Stein und Kalk
unten darneben —. „Weiter, fuͤgte der Herrn¬
huter ſeelenruhig bei, als der Gaſt ein wenig
erſtaunt mit dem großen Auge durch das ſieben
Schritt breite Luftfenſter durchfuhr, weiter hab'
ich im ganzen Hauſe nichts leer und jezt iſts
Sommer.“ — „Gut, ſagte Walt ſtark und ſuch¬
te zu befehlen; aber einen Beſen!“ — Der Wirth
lief demuͤthig und gehorchend hinab.

„Iſt unſer Wirth nicht ein wahrer Filon?“
ſagte Vult. „Im Grunde, mein Herr — ver¬
ſezte jener freudig — iſt das fuͤr mich ſchoͤner.
Welcher herrliche lange Strom von Feldern und
Doͤrfern, der herein glaͤnzt und das Auge traͤgt
und zieht; und die Abendſonne und Roͤthe und
den Mond hat man ganz vor ſich, ſogar im
Bette die ganze Nacht!“ — Dieſe Einſtimmung
ins Geſchik und ins Wirthshaus kam aber nicht

Flegeljahre I. Bd. 10
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[145/0155] Er friſſet aber brav, ſagte der Wirth, der ihn bat nachzufolgen in ſein Zimmer. Als ers auf¬ ſchlos, war die Abendwand nicht ſowohl ganz zerſtoͤrt — denn ſie lag ein Stokwerk tiefer un¬ ten in ziemlichen Stuͤcken — als wahrhaft ver¬ doppelt — denn die neue lag als Stein und Kalk unten darneben —. „Weiter, fuͤgte der Herrn¬ huter ſeelenruhig bei, als der Gaſt ein wenig erſtaunt mit dem großen Auge durch das ſieben Schritt breite Luftfenſter durchfuhr, weiter hab' ich im ganzen Hauſe nichts leer und jezt iſts Sommer.“ — „Gut, ſagte Walt ſtark und ſuch¬ te zu befehlen; aber einen Beſen!“ — Der Wirth lief demuͤthig und gehorchend hinab. „Iſt unſer Wirth nicht ein wahrer Filon?“ ſagte Vult. „Im Grunde, mein Herr — ver¬ ſezte jener freudig — iſt das fuͤr mich ſchoͤner. Welcher herrliche lange Strom von Feldern und Doͤrfern, der herein glaͤnzt und das Auge traͤgt und zieht; und die Abendſonne und Roͤthe und den Mond hat man ganz vor ſich, ſogar im Bette die ganze Nacht!“ — Dieſe Einſtimmung ins Geſchik und ins Wirthshaus kam aber nicht Flegeljahre I. Bd. 10

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/155>, abgerufen am 25.11.2024.