Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Babelthurm --: -- so wär' es wohl ge¬
gangen, hätt' er sich nicht umgedreht und gese¬
hen, was hinter seiner Statua equestris und
curulis zog; ein Heer sah er, sez' ihm hizig
mit und ohne Wagen nach, Pilger voll Flüche,
sieben weisse Weisen voll Spas, und der Student.
Der menschliche Verstand muß sehr irren, oder
an dem, was er nachher that, hatte die Vermu¬
thung aus dem vorigen großen Theil, daß der
nachschwimmende Hintergrund nicht nur seinen
Durchgang durch ein rothes Meer erzwingen, son¬
dern daß sogar das Meer selber mit ihm gehen
würde; weil er auf seinem lebendigen Laufstuhl
niemand zu entrinnen vermochte. Schon das
bloße Zurükdenken an den Nachtrab muste wie
Lärmtrommeln, in die schönsten leisen Klänge
fahren, die er jezt am blauesten Tage aus den
Himmels-Sphären seiner Phantasie leicht herun¬
ter hören konnte.

Deshalb ritt er geradezu aus der Landstraße
über Wiesen in eine Schäferei hinein, wo er halb
gleichgültig gegen lächerlichen Schein, halb mit
erröthender Ruhmliebe -- für Geld, gute Worte

dem Babelthurm —: — ſo waͤr' es wohl ge¬
gangen, haͤtt' er ſich nicht umgedreht und geſe¬
hen, was hinter ſeiner Statua equestris und
curulis zog; ein Heer ſah er, ſez' ihm hizig
mit und ohne Wagen nach, Pilger voll Fluͤche,
ſieben weiſſe Weiſen voll Spas, und der Student.
Der menſchliche Verſtand muß ſehr irren, oder
an dem, was er nachher that, hatte die Vermu¬
thung aus dem vorigen großen Theil, daß der
nachſchwimmende Hintergrund nicht nur ſeinen
Durchgang durch ein rothes Meer erzwingen, ſon¬
dern daß ſogar das Meer ſelber mit ihm gehen
wuͤrde; weil er auf ſeinem lebendigen Laufſtuhl
niemand zu entrinnen vermochte. Schon das
bloße Zuruͤkdenken an den Nachtrab muſte wie
Laͤrmtrommeln, in die ſchoͤnſten leiſen Klaͤnge
fahren, die er jezt am blaueſten Tage aus den
Himmels-Sphaͤren ſeiner Phantaſie leicht herun¬
ter hoͤren konnte.

Deshalb ritt er geradezu aus der Landſtraße
uͤber Wieſen in eine Schaͤferei hinein, wo er halb
gleichguͤltig gegen laͤcherlichen Schein, halb mit
erroͤthender Ruhmliebe — fuͤr Geld, gute Worte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0149" n="139"/>
dem Babelthurm &#x2014;: &#x2014; &#x017F;o wa&#x0364;r' es wohl ge¬<lb/>
gangen, ha&#x0364;tt' er &#x017F;ich nicht umgedreht und ge&#x017F;<lb/>
hen, was hinter &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Statua equestris</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">curulis</hi> zog; ein Heer &#x017F;ah er, &#x017F;ez' ihm hizig<lb/>
mit und ohne Wagen nach, Pilger voll Flu&#x0364;che,<lb/>
&#x017F;ieben wei&#x017F;&#x017F;e Wei&#x017F;en voll Spas, und der Student.<lb/>
Der men&#x017F;chliche Ver&#x017F;tand muß &#x017F;ehr irren, oder<lb/>
an dem, was er nachher that, hatte die Vermu¬<lb/>
thung aus dem vorigen großen Theil, daß der<lb/>
nach&#x017F;chwimmende Hintergrund nicht nur &#x017F;einen<lb/>
Durchgang durch ein rothes Meer erzwingen, &#x017F;on¬<lb/>
dern daß &#x017F;ogar das Meer &#x017F;elber mit ihm gehen<lb/>
wu&#x0364;rde; weil er auf &#x017F;einem lebendigen Lauf&#x017F;tuhl<lb/>
niemand zu entrinnen vermochte. Schon das<lb/>
bloße Zuru&#x0364;kdenken an den Nachtrab mu&#x017F;te wie<lb/>
La&#x0364;rmtrommeln, in die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten lei&#x017F;en Kla&#x0364;nge<lb/>
fahren, die er jezt am blaue&#x017F;ten Tage aus den<lb/>
Himmels-Spha&#x0364;ren &#x017F;einer Phanta&#x017F;ie leicht herun¬<lb/>
ter ho&#x0364;ren konnte.</p><lb/>
        <p>Deshalb ritt er geradezu aus der Land&#x017F;traße<lb/>
u&#x0364;ber Wie&#x017F;en in eine Scha&#x0364;ferei hinein, wo er halb<lb/>
gleichgu&#x0364;ltig gegen la&#x0364;cherlichen Schein, halb mit<lb/>
erro&#x0364;thender Ruhmliebe &#x2014; fu&#x0364;r Geld, gute Worte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0149] dem Babelthurm —: — ſo waͤr' es wohl ge¬ gangen, haͤtt' er ſich nicht umgedreht und geſe¬ hen, was hinter ſeiner Statua equestris und curulis zog; ein Heer ſah er, ſez' ihm hizig mit und ohne Wagen nach, Pilger voll Fluͤche, ſieben weiſſe Weiſen voll Spas, und der Student. Der menſchliche Verſtand muß ſehr irren, oder an dem, was er nachher that, hatte die Vermu¬ thung aus dem vorigen großen Theil, daß der nachſchwimmende Hintergrund nicht nur ſeinen Durchgang durch ein rothes Meer erzwingen, ſon¬ dern daß ſogar das Meer ſelber mit ihm gehen wuͤrde; weil er auf ſeinem lebendigen Laufſtuhl niemand zu entrinnen vermochte. Schon das bloße Zuruͤkdenken an den Nachtrab muſte wie Laͤrmtrommeln, in die ſchoͤnſten leiſen Klaͤnge fahren, die er jezt am blaueſten Tage aus den Himmels-Sphaͤren ſeiner Phantaſie leicht herun¬ ter hoͤren konnte. Deshalb ritt er geradezu aus der Landſtraße uͤber Wieſen in eine Schaͤferei hinein, wo er halb gleichguͤltig gegen laͤcherlichen Schein, halb mit erroͤthender Ruhmliebe — fuͤr Geld, gute Worte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/149
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/149>, abgerufen am 22.11.2024.