Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.Still wischte die Mutter mit der Schürze das Vult eilte dem reitenden Bruder nach. Als Es war Schade, daß der Notarius, der samt Still wiſchte die Mutter mit der Schuͤrze das Vult eilte dem reitenden Bruder nach. Als Es war Schade, daß der Notarius, der ſamt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0142" n="132"/> Still wiſchte die Mutter mit der Schuͤrze das<lb/> Auge und fragte den Grosknecht, worauf er noch<lb/> warte und gaffe. Nur Ein weinendes Auge hatte<lb/> Goldine mit dem Tuche bedekt, um mit dem<lb/> andern nachzublicken, und ſagte: es geh Ihm<lb/> gut, und gieng langſam in ſein leeres Studier¬<lb/> ſtuͤbgen hinauf.</p><lb/> <p>Vult eilte dem reitenden Bruder nach. Als<lb/> er aber vor dem Maienbaume des Dorfs voruͤber<lb/> gieng, und am Fenſter die ſchoͤnaͤugige Goldine<lb/> und im Hausgaͤrtgen die einſame Mutter erblikte,<lb/> die mit tropfenden Augen, noch im Sizen gebuͤkt,<lb/> große Bohnen ſtekte und Knoblauch band: ſo<lb/> uͤberſtroͤmte ſeines Bruders warmes mildes Blut<lb/> ploͤzlich ſein Herz, und er lehnte ſich an den<lb/> Baum und blies einen Kirchenchoral, damit bei¬<lb/> der Augen ſich ſuͤßer loͤſeten, und ihr Gemuͤth<lb/> aufgienge; denn er hatte an beiden den keken<lb/> ſcharfen Seelen-Umriß innigſt werth gewonnen.</p><lb/> <p>Es war Schade, daß der Notarius, der ſamt<lb/> dem Schimmel auf Wieſenflaͤchen zwiſchen gruͤn¬<lb/> ſchimmernden Huͤgeln, im blauen wehenden Tage<lb/> flog, es nicht wuſte, daß hinter ihm ſein Bruder<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [132/0142]
Still wiſchte die Mutter mit der Schuͤrze das
Auge und fragte den Grosknecht, worauf er noch
warte und gaffe. Nur Ein weinendes Auge hatte
Goldine mit dem Tuche bedekt, um mit dem
andern nachzublicken, und ſagte: es geh Ihm
gut, und gieng langſam in ſein leeres Studier¬
ſtuͤbgen hinauf.
Vult eilte dem reitenden Bruder nach. Als
er aber vor dem Maienbaume des Dorfs voruͤber
gieng, und am Fenſter die ſchoͤnaͤugige Goldine
und im Hausgaͤrtgen die einſame Mutter erblikte,
die mit tropfenden Augen, noch im Sizen gebuͤkt,
große Bohnen ſtekte und Knoblauch band: ſo
uͤberſtroͤmte ſeines Bruders warmes mildes Blut
ploͤzlich ſein Herz, und er lehnte ſich an den
Baum und blies einen Kirchenchoral, damit bei¬
der Augen ſich ſuͤßer loͤſeten, und ihr Gemuͤth
aufgienge; denn er hatte an beiden den keken
ſcharfen Seelen-Umriß innigſt werth gewonnen.
Es war Schade, daß der Notarius, der ſamt
dem Schimmel auf Wieſenflaͤchen zwiſchen gruͤn¬
ſchimmernden Huͤgeln, im blauen wehenden Tage
flog, es nicht wuſte, daß hinter ihm ſein Bruder
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