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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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weil man ihm nicht sonderlich trauen wollte, da
er nicht nur so mürrischsittlich und uneigennüzig
überall wirthschaftete -- in der Sittlichkeit aber wa¬
ren die 7 Anverwandten noch Anfänger -- son¬
dern auch immer so spöttisch darein grif und mit
einem solchen Herzen voll Streiche und Fallstricke,
daß sich auf ihn nicht fußen lies. Das fortstrah¬
lende Lächeln um seine Schläfe und Wulstlippen
und die höhnische Fistel-Stimme schwächten den
guten Eindruck, den sein edel gebautes Gesicht
und ein Paar große Hände, aus denen jeden Tag
Neujahrsgeschenke und Benefiz-Komödien und
Graziale fielen, hätten machen können; deswegen
gab das Zug-Gevögel den Mann, diesen leben¬
digen Vogelbeerbaum, worauf es as und nistete,
für eine heimliche Schneus aus und konnte die sicht¬
baren Beere vor unsichtbaren Haarschlingen kaum
sehen.

Zwischen zwei Schlagflüssen hatt' er sein Te¬
stament aufgesezt und dem Magistrate anvertraut.
Noch als er den Deposizionsschein den 7 Präsum¬
tiv-Erben halbsterbend übergab: sagt' er mit al¬
tem Tone, er wolle nicht hoffen, daß dieses Zei¬

weil man ihm nicht ſonderlich trauen wollte, da
er nicht nur ſo muͤrriſchſittlich und uneigennuͤzig
uͤberall wirthſchaftete — in der Sittlichkeit aber wa¬
ren die 7 Anverwandten noch Anfaͤnger — ſon¬
dern auch immer ſo ſpoͤttiſch darein grif und mit
einem ſolchen Herzen voll Streiche und Fallſtricke,
daß ſich auf ihn nicht fußen lies. Das fortſtrah¬
lende Laͤcheln um ſeine Schlaͤfe und Wulſtlippen
und die hoͤhniſche Fiſtel-Stimme ſchwaͤchten den
guten Eindruck, den ſein edel gebautes Geſicht
und ein Paar große Haͤnde, aus denen jeden Tag
Neujahrsgeſchenke und Benefiz-Komoͤdien und
Graziale fielen, haͤtten machen koͤnnen; deswegen
gab das Zug-Gevoͤgel den Mann, dieſen leben¬
digen Vogelbeerbaum, worauf es as und niſtete,
fuͤr eine heimliche Schneus aus und konnte die ſicht¬
baren Beere vor unſichtbaren Haarſchlingen kaum
ſehen.

Zwiſchen zwei Schlagfluͤſſen hatt' er ſein Te¬
ſtament aufgeſezt und dem Magiſtrate anvertraut.
Noch als er den Depoſizionsſchein den 7 Praͤſum¬
tiv-Erben halbſterbend uͤbergab: ſagt' er mit al¬
tem Tone, er wolle nicht hoffen, daß dieſes Zei¬

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[2/0012] weil man ihm nicht ſonderlich trauen wollte, da er nicht nur ſo muͤrriſchſittlich und uneigennuͤzig uͤberall wirthſchaftete — in der Sittlichkeit aber wa¬ ren die 7 Anverwandten noch Anfaͤnger — ſon¬ dern auch immer ſo ſpoͤttiſch darein grif und mit einem ſolchen Herzen voll Streiche und Fallſtricke, daß ſich auf ihn nicht fußen lies. Das fortſtrah¬ lende Laͤcheln um ſeine Schlaͤfe und Wulſtlippen und die hoͤhniſche Fiſtel-Stimme ſchwaͤchten den guten Eindruck, den ſein edel gebautes Geſicht und ein Paar große Haͤnde, aus denen jeden Tag Neujahrsgeſchenke und Benefiz-Komoͤdien und Graziale fielen, haͤtten machen koͤnnen; deswegen gab das Zug-Gevoͤgel den Mann, dieſen leben¬ digen Vogelbeerbaum, worauf es as und niſtete, fuͤr eine heimliche Schneus aus und konnte die ſicht¬ baren Beere vor unſichtbaren Haarſchlingen kaum ſehen. Zwiſchen zwei Schlagfluͤſſen hatt' er ſein Te¬ ſtament aufgeſezt und dem Magiſtrate anvertraut. Noch als er den Depoſizionsſchein den 7 Praͤſum¬ tiv-Erben halbſterbend uͤbergab: ſagt' er mit al¬ tem Tone, er wolle nicht hoffen, daß dieſes Zei¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/12>, abgerufen am 21.11.2024.