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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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wandert sei, wenigstens haben wir keine sichern Data da-
rüber: allein Memphis, Babylon und Iran, wo eine so
hohe und ausgedehnte Kultur herschte, stehn diesen Ideen
entgegen, und zeigen, dass die Zivilisazion ihre Ursize auch
unter den Tropen haben kann.

Ganz anders wirkt die Kälte auf die menschlichen
Verhältnisse. In jenen Gegenden, wo die mittlere Temperatur
des Jahres 1 bis 1,5° R. beträgt, wo die des Sommers
sich nicht über +7° R. erhebt, (bei welcher Temperatur
erst die Birken anfangen auszuschlagen) da kann das
Menschengeschlecht nicht besonders gedeihen, noch we-
niger zur Kultur sich erheben. Da wo nicht einmal
die mehlreichen Gräser fortkommen, die dem Menschen
zur hauptsächlichsten Nahrung angewiesen sind, da
kann keine Geistesausbildung Statt finden; (am höch-
sten hinauf gedeihen die Gerste und die Kartoffeln)
dies ist das ganze nördliche Asien über 60° Nordbreite, in

73.
wandert sei, wenigstens haben wir keine sichern Data da-
rüber: allein Memphis, Babylon und Iran, wo eine so
hohe und ausgedehnte Kultur herschte, stehn diesen Ideen
entgegen, und zeigen, dass die Zivilisazion ihre Ursize auch
unter den Tropen haben kann.

Ganz anders wirkt die Kälte auf die menschlichen
Verhältnisse. In jenen Gegenden, wo die mittlere Temperatur
des Jahres −1 bis 1,5° R. beträgt, wo die des Sommers
sich nicht über +7° R. erhebt, (bei welcher Temperatur
erst die Birken anfangen auszuschlagen) da kann das
Menschengeschlecht nicht besonders gedeihen, noch we-
niger zur Kultur sich erheben. Da wo nicht einmal
die mehlreichen Gräser fortkommen, die dem Menschen
zur hauptsächlichsten Nahrung angewiesen sind, da
kann keine Geistesausbildung Statt finden; (am höch-
sten hinauf gedeihen die Gerste und die Kartoffeln)
dies ist das ganze nördliche Asien über 60° Nordbreite, in

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[290r/0583] 73. wandert sei, wenigstens haben wir keine sichern Data da- rüber: allein Memphis, Babylon und Iran, wo eine so hohe und ausgedehnte Kultur herschte, stehn diesen Ideen entgegen, und zeigen, dass die Zivilisazion ihre Ursize auch unter den Tropen haben kann. Ganz anders wirkt die Kälte auf die menschlichen Verhältnisse. In jenen Gegenden, wo die mittlere Temperatur des Jahres −1 bis 1,5° R. beträgt, wo die des Sommers sich nicht über +7° R. erhebt, (bei welcher Temperatur erst die Birken anfangen auszuschlagen) da kann das Menschengeschlecht nicht besonders gedeihen, noch we- niger zur Kultur sich erheben. Da wo nicht einmal die mehlreichen Gräser fortkommen, die dem Menschen zur hauptsächlichsten Nahrung angewiesen sind, da kann keine Geistesausbildung Statt finden; (am höch- sten hinauf gedeihen die Gerste und die Kartoffeln) dies ist das ganze nördliche Asien über 60° NBr., in

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 290r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/583>, abgerufen am 25.11.2024.