Zu den aus dem Felde glücklich heimgekehrten gehörte auch der Dr. Kohlrausch. Im Jahre 1816 heirathete er Tante Jettchen, und wurde von nun an als ein Glied unserer Familie betrachtet. Er kaufte sich ein schönes Haus mit Garten in der Dorotheenstraße (damals Letzte Straße genannt) gegenüber der alten Sternwarte, bewohnte den ganzen ersten Stock, und schmückte seine Zimmer mit den vielen trefflichen, in Italien erworbenen Kunstwerken. Hier habe ich die glücklichsten Stunden verlebt, bei deren Erinnerung ich um so lieber verweile, als sie mir zuerst einen weiteren Blick in das Gebiet der Kunst eröffneten. Rauch, Schinkel, Tieck, Wach, Dähling und andre Künstler verkehrten viel bei Kohlrausch; aus ihren gelegentlichen Aeußerungen vor den Bildern suchte ich, so viel als möglich, mich zu belehren. Sonst war ich ziemlich auf mich selbst angewiesen: denn meine Jugendfreunde, Fritz, August und Paul sahen wohl gern hübsche Bilder und Kupferstiche an, aber ich merkte bald, daß ein näheres Eingehn darauf ihnen gar kein Interesse erregte. Von einer öffentlichen Bildergallerie wußte man damals in Berlin eben so wenig, als von einem Antikenkabinet oder einer Samlung von Gypsabgüssen, es war daher eine besondere Gunst des
Kunstsachen bei Kohlrausch 1815.
Zu den aus dem Felde glücklich heimgekehrten gehörte auch der Dr. Kohlrausch. Im Jahre 1816 heirathete er Tante Jettchen, und wurde von nun an als ein Glied unserer Familie betrachtet. Er kaufte sich ein schönes Haus mit Garten in der Dorotheenstraße (damals Letzte Straße genannt) gegenüber der alten Sternwarte, bewohnte den ganzen ersten Stock, und schmückte seine Zimmer mit den vielen trefflichen, in Italien erworbenen Kunstwerken. Hier habe ich die glücklichsten Stunden verlebt, bei deren Erinnerung ich um so lieber verweile, als sie mir zuerst einen weiteren Blick in das Gebiet der Kunst eröffneten. Rauch, Schinkel, Tieck, Wach, Dähling und andre Künstler verkehrten viel bei Kohlrausch; aus ihren gelegentlichen Aeußerungen vor den Bildern suchte ich, so viel als möglich, mich zu belehren. Sonst war ich ziemlich auf mich selbst angewiesen: denn meine Jugendfreunde, Fritz, August und Paul sahen wohl gern hübsche Bilder und Kupferstiche an, aber ich merkte bald, daß ein näheres Eingehn darauf ihnen gar kein Interesse erregte. Von einer öffentlichen Bildergallerie wußte man damals in Berlin eben so wenig, als von einem Antikenkabinet oder einer Samlung von Gypsabgüssen, es war daher eine besondere Gunst des
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Kunstsachen bei Kohlrausch 1815.
Zu den aus dem Felde glücklich heimgekehrten gehörte auch der Dr. Kohlrausch. Im Jahre 1816 heirathete er Tante Jettchen, und wurde von nun an als ein Glied unserer Familie betrachtet. Er kaufte sich ein schönes Haus mit Garten in der Dorotheenstraße (damals Letzte Straße genannt) gegenüber der alten Sternwarte, bewohnte den ganzen ersten Stock, und schmückte seine Zimmer mit den vielen trefflichen, in Italien erworbenen Kunstwerken. Hier habe ich die glücklichsten Stunden verlebt, bei deren Erinnerung ich um so lieber verweile, als sie mir zuerst einen weiteren Blick in das Gebiet der Kunst eröffneten. Rauch, Schinkel, Tieck, Wach, Dähling und andre Künstler verkehrten viel bei Kohlrausch; aus ihren gelegentlichen Aeußerungen vor den Bildern suchte ich, so viel als möglich, mich zu belehren. Sonst war ich ziemlich auf mich selbst angewiesen: denn meine Jugendfreunde, Fritz, August und Paul sahen wohl gern hübsche Bilder und Kupferstiche an, aber ich merkte bald, daß ein näheres Eingehn darauf ihnen gar kein Interesse erregte. Von einer öffentlichen Bildergallerie wußte man damals in Berlin eben so wenig, als von einem Antikenkabinet oder einer Samlung von Gypsabgüssen, es war daher eine besondere Gunst des
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Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription.
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Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/68>, abgerufen am 05.07.2024.
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