Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Von den Hauptstatuen aus den Giebelfeldern des Parthenon hatte ich, wie oben bemerkt, schon in Berlin durch meinen Lehrer Dähling die Gypsabgüsse kennen gelernt, aber hier entfaltete sich neben diesen Meisterwerken ersten Ranges eine Menge der merkwürdigsten Bruchstücke von Basreliefs, Säulenknäufen, Statuetten etc., von denen auch jetzt nach 60 Jahren noch keine Abgüsse nach Deutschland gekommen sind. Mehreres hier im einzelnen anzuführen, würde mir nicht möglich sein; ich erwähne nur eines riesenhaften ägyptischen Skarabaeus aus dem härtesten Steine (vielleicht Serpentin) von beinahe 4 Fuß Länge und 2 Fuß Höhe; die Arbeit von der höchsten Vollendung, der Fundort nicht angegeben. Auch erinnre ich mich des unnennbaren Gefühles beim Beschauen der Original-Sonnenuhr vom Dionysos-Theater in Athen: denn man kann mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß vor diesem steinernen ausgehöhlten Zeitmesser die Stücke des Sophokles, des Aristophanes und anderer attischer Dichter aufgeführt wurden. In den letzten Tagen des londoner Aufenthaltes konnten wir noch einer Sitzung des Unterhauses beiwohnen, das damals in dem alten sehr bescheidenen Lokale tagte. Ein langer schmaler Saal enthielt auf jeder Seite vier oder fünf Reihen ganz schmuckloser hölzerner Bänke, die Gallerie für die Zuschauer mochte kaum hundert Personen fassen. Am Ende des Saales thronte der Sprecher mit langer Allongenperücke auf dem historischen Wollsacke. Er heißt bekanntlich deshalb der Sprecher, weil er sehr selten zu sprechen pflegt; er that in dieser Sitzung Von den Hauptstatuen aus den Giebelfeldern des Parthenon hatte ich, wie oben bemerkt, schon in Berlin durch meinen Lehrer Dähling die Gypsabgüsse kennen gelernt, aber hier entfaltete sich neben diesen Meisterwerken ersten Ranges eine Menge der merkwürdigsten Bruchstücke von Basreliefs, Säulenknäufen, Statuetten etc., von denen auch jetzt nach 60 Jahren noch keine Abgüsse nach Deutschland gekommen sind. Mehreres hier im einzelnen anzuführen, würde mir nicht möglich sein; ich erwähne nur eines riesenhaften ägyptischen Skarabaeus aus dem härtesten Steine (vielleicht Serpentin) von beinahe 4 Fuß Länge und 2 Fuß Höhe; die Arbeit von der höchsten Vollendung, der Fundort nicht angegeben. Auch erinnre ich mich des unnennbaren Gefühles beim Beschauen der Original-Sonnenuhr vom Dionysos-Theater in Athen: denn man kann mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß vor diesem steinernen ausgehöhlten Zeitmesser die Stücke des Sophokles, des Aristophanes und anderer attischer Dichter aufgeführt wurden. In den letzten Tagen des londoner Aufenthaltes konnten wir noch einer Sitzung des Unterhauses beiwohnen, das damals in dem alten sehr bescheidenen Lokale tagte. Ein langer schmaler Saal enthielt auf jeder Seite vier oder fünf Reihen ganz schmuckloser hölzerner Bänke, die Gallerie für die Zuschauer mochte kaum hundert Personen fassen. Am Ende des Saales thronte der Sprecher mit langer Allongenperücke auf dem historischen Wollsacke. Er heißt bekanntlich deshalb der Sprecher, weil er sehr selten zu sprechen pflegt; er that in dieser Sitzung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0499" n="491"/> </p><lb/> <p>Von den Hauptstatuen aus den Giebelfeldern des Parthenon hatte ich, wie oben bemerkt, schon in Berlin durch meinen Lehrer Dähling die Gypsabgüsse kennen gelernt, aber hier entfaltete sich neben diesen Meisterwerken ersten Ranges eine Menge der merkwürdigsten Bruchstücke von Basreliefs, Säulenknäufen, Statuetten etc., von denen auch jetzt nach 60 Jahren noch keine Abgüsse nach Deutschland gekommen sind. Mehreres hier im einzelnen anzuführen, würde mir nicht möglich sein; ich erwähne nur eines riesenhaften ägyptischen Skarabaeus aus dem härtesten Steine (vielleicht Serpentin) von beinahe 4 Fuß Länge und 2 Fuß Höhe; die Arbeit von der höchsten Vollendung, der Fundort nicht angegeben. Auch erinnre ich mich des unnennbaren Gefühles beim Beschauen der Original-Sonnenuhr vom Dionysos-Theater in Athen: denn man kann mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß vor diesem steinernen ausgehöhlten Zeitmesser die Stücke des Sophokles, des Aristophanes und anderer attischer Dichter aufgeführt wurden. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>In den letzten Tagen des londoner Aufenthaltes konnten wir noch einer Sitzung des Unterhauses beiwohnen, das damals in dem alten sehr bescheidenen Lokale tagte. Ein langer schmaler Saal enthielt auf jeder Seite vier oder fünf Reihen ganz schmuckloser hölzerner Bänke, die Gallerie für die Zuschauer mochte kaum hundert Personen fassen. Am Ende des Saales thronte der Sprecher mit langer Allongenperücke auf dem historischen Wollsacke. Er heißt bekanntlich deshalb der Sprecher, weil er sehr selten zu sprechen pflegt; er that in dieser Sitzung </p> </div> </body> </text> </TEI> [491/0499]
Von den Hauptstatuen aus den Giebelfeldern des Parthenon hatte ich, wie oben bemerkt, schon in Berlin durch meinen Lehrer Dähling die Gypsabgüsse kennen gelernt, aber hier entfaltete sich neben diesen Meisterwerken ersten Ranges eine Menge der merkwürdigsten Bruchstücke von Basreliefs, Säulenknäufen, Statuetten etc., von denen auch jetzt nach 60 Jahren noch keine Abgüsse nach Deutschland gekommen sind. Mehreres hier im einzelnen anzuführen, würde mir nicht möglich sein; ich erwähne nur eines riesenhaften ägyptischen Skarabaeus aus dem härtesten Steine (vielleicht Serpentin) von beinahe 4 Fuß Länge und 2 Fuß Höhe; die Arbeit von der höchsten Vollendung, der Fundort nicht angegeben. Auch erinnre ich mich des unnennbaren Gefühles beim Beschauen der Original-Sonnenuhr vom Dionysos-Theater in Athen: denn man kann mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß vor diesem steinernen ausgehöhlten Zeitmesser die Stücke des Sophokles, des Aristophanes und anderer attischer Dichter aufgeführt wurden.
In den letzten Tagen des londoner Aufenthaltes konnten wir noch einer Sitzung des Unterhauses beiwohnen, das damals in dem alten sehr bescheidenen Lokale tagte. Ein langer schmaler Saal enthielt auf jeder Seite vier oder fünf Reihen ganz schmuckloser hölzerner Bänke, die Gallerie für die Zuschauer mochte kaum hundert Personen fassen. Am Ende des Saales thronte der Sprecher mit langer Allongenperücke auf dem historischen Wollsacke. Er heißt bekanntlich deshalb der Sprecher, weil er sehr selten zu sprechen pflegt; er that in dieser Sitzung
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