Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Napoleon sah das Bülowsche Corps in seiner rechten Flanke erscheinen, und hielt es anfangs für die Truppen des Marschalls Grouchy, den er nach jener Gegend beordert, doch bald ward er seines Irrthums inne. Er erkannte, daß alles verloren sei, und beschloß, auf dem Schlachtfelde zu sterben. An der Spitze der alten Garde machte er einen letzten verzweifelten Angriff gegen die englischen Batterien, und hielt lange Zeit ruhig im ärgsten Kartätschenfeuer. Ein ruhmvoller Soldatentod war ihm nicht bestimmt. Der Marschall Soult ergriff den Zügel seines Pferdes, und führte den Kaiser fast wider Willen aus dem Schlachtgetümmel. Stumm setzte Napoleon sich in seinen Reisewagen, und dachte gemächlich den Rückzug anzutreten. Da kamen die preußischen Dragoner herangejagt; eilig sprang der Kaiser aus dem Wagen, warf sich ohne Hut auf ein Pferd, und entging mit genauer Noth der Gefangenschaft. Spät am Abend des 18. Juni trafen Wellington und Blücher bei dem Dorfe Belle-Alliance zusammen. Wellington sagte in seiner kühlen gehaltenen Art: ich danke Ihnen, daß Sie mir diesen schönen Sieg haben gewinnen helfen! Ob er ihn ohne Blücher gewonnen hätte, wird wohl immer zweifelhaft bleiben; genug, daß er gewonnen war. Die weitere Verfolgung des Feindes, zu der Wellington sich für unfähig erklärte, übernahm nun Gneisenau mit solchem Nachdrucke, daß die ganze französische Armee sich in regelloser Flucht auflöste. Gneisenau ließ unter andern den einzigen noch übrigen Tambour auf ein Pferd setzen, das von Napoleons Reisewagen abgespannt war; er schlug rastlos Generalmarsch, so daß die Franzosen glauben mußten, es seien bedeutende Infanteriemassen im Anzuge. Napoléon sah das Bülowsche Corps in seiner rechten Flanke erscheinen, und hielt es anfangs für die Truppen des Marschalls Grouchy, den er nach jener Gegend beordert, doch bald ward er seines Irrthums inne. Er erkannte, daß alles verloren sei, und beschloß, auf dem Schlachtfelde zu sterben. An der Spitze der alten Garde machte er einen letzten verzweifelten Angriff gegen die englischen Batterien, und hielt lange Zeit ruhig im ärgsten Kartätschenfeuer. Ein ruhmvoller Soldatentod war ihm nicht bestimmt. Der Marschall Soult ergriff den Zügel seines Pferdes, und führte den Kaiser fast wider Willen aus dem Schlachtgetümmel. Stumm setzte Napoléon sich in seinen Reisewagen, und dachte gemächlich den Rückzug anzutreten. Da kamen die preußischen Dragoner herangejagt; eilig sprang der Kaiser aus dem Wagen, warf sich ohne Hut auf ein Pferd, und entging mit genauer Noth der Gefangenschaft. Spät am Abend des 18. Juni trafen Wellington und Blücher bei dem Dorfe Belle-Alliance zusammen. Wellington sagte in seiner kühlen gehaltenen Art: ich danke Ihnen, daß Sie mir diesen schönen Sieg haben gewinnen helfen! Ob er ihn ohne Blücher gewonnen hätte, wird wohl immer zweifelhaft bleiben; genug, daß er gewonnen war. Die weitere Verfolgung des Feindes, zu der Wellington sich für unfähig erklärte, übernahm nun Gneisenau mit solchem Nachdrucke, daß die ganze französische Armee sich in regelloser Flucht auflöste. Gneisenau ließ unter andern den einzigen noch übrigen Tambour auf ein Pferd setzen, das von Napoléons Reisewagen abgespannt war; er schlug rastlos Generalmarsch, so daß die Franzosen glauben mußten, es seien bedeutende Infanteriemassen im Anzuge. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0049" n="41"/> Napoléon sah das Bülowsche Corps in seiner rechten Flanke erscheinen, und hielt es anfangs für die Truppen des Marschalls Grouchy, den er nach jener Gegend beordert, doch bald ward er seines Irrthums inne. Er erkannte, daß alles verloren sei, und beschloß, auf dem Schlachtfelde zu sterben. An der Spitze der alten Garde machte er einen letzten verzweifelten Angriff gegen die englischen Batterien, und hielt lange Zeit ruhig im ärgsten Kartätschenfeuer. Ein ruhmvoller Soldatentod war ihm nicht bestimmt. Der Marschall Soult ergriff den Zügel seines Pferdes, und führte den Kaiser fast wider Willen aus dem Schlachtgetümmel. Stumm setzte Napoléon sich in seinen Reisewagen, und dachte gemächlich den Rückzug anzutreten. Da kamen die preußischen Dragoner herangejagt; eilig sprang der Kaiser aus dem Wagen, warf sich ohne Hut auf ein Pferd, und entging mit genauer Noth der Gefangenschaft. </p><lb/> <p>Spät am Abend des 18. Juni trafen Wellington und Blücher bei dem Dorfe Belle-Alliance zusammen. Wellington sagte in seiner kühlen gehaltenen Art: ich danke Ihnen, daß Sie mir diesen schönen Sieg haben gewinnen helfen! Ob er ihn ohne Blücher gewonnen hätte, wird wohl immer zweifelhaft bleiben; genug, daß er gewonnen war. Die weitere Verfolgung des Feindes, zu der Wellington sich für unfähig erklärte, übernahm nun Gneisenau mit solchem Nachdrucke, daß die ganze französische Armee sich in regelloser Flucht auflöste. Gneisenau ließ unter andern den einzigen noch übrigen Tambour auf ein Pferd setzen, das von Napoléons Reisewagen abgespannt war; er schlug rastlos Generalmarsch, so daß die Franzosen glauben mußten, es seien bedeutende Infanteriemassen im Anzuge. </p> </div> </body> </text> </TEI> [41/0049]
Napoléon sah das Bülowsche Corps in seiner rechten Flanke erscheinen, und hielt es anfangs für die Truppen des Marschalls Grouchy, den er nach jener Gegend beordert, doch bald ward er seines Irrthums inne. Er erkannte, daß alles verloren sei, und beschloß, auf dem Schlachtfelde zu sterben. An der Spitze der alten Garde machte er einen letzten verzweifelten Angriff gegen die englischen Batterien, und hielt lange Zeit ruhig im ärgsten Kartätschenfeuer. Ein ruhmvoller Soldatentod war ihm nicht bestimmt. Der Marschall Soult ergriff den Zügel seines Pferdes, und führte den Kaiser fast wider Willen aus dem Schlachtgetümmel. Stumm setzte Napoléon sich in seinen Reisewagen, und dachte gemächlich den Rückzug anzutreten. Da kamen die preußischen Dragoner herangejagt; eilig sprang der Kaiser aus dem Wagen, warf sich ohne Hut auf ein Pferd, und entging mit genauer Noth der Gefangenschaft.
Spät am Abend des 18. Juni trafen Wellington und Blücher bei dem Dorfe Belle-Alliance zusammen. Wellington sagte in seiner kühlen gehaltenen Art: ich danke Ihnen, daß Sie mir diesen schönen Sieg haben gewinnen helfen! Ob er ihn ohne Blücher gewonnen hätte, wird wohl immer zweifelhaft bleiben; genug, daß er gewonnen war. Die weitere Verfolgung des Feindes, zu der Wellington sich für unfähig erklärte, übernahm nun Gneisenau mit solchem Nachdrucke, daß die ganze französische Armee sich in regelloser Flucht auflöste. Gneisenau ließ unter andern den einzigen noch übrigen Tambour auf ein Pferd setzen, das von Napoléons Reisewagen abgespannt war; er schlug rastlos Generalmarsch, so daß die Franzosen glauben mußten, es seien bedeutende Infanteriemassen im Anzuge.
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