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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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überhört hatten, fällte er mit Geklirr sein Bajonet auf zwei Schritte Entfernung, und nöthigte uns, auf die andre Seite der Straße hinüber zu springen.

Eines Besuches in dem königlichen Taubstummen-Institute, obgleich er des interessanten sehr viel darbot, würde ich kaum erwähnen, wenn sich nicht dabei gezeigt hätte, welcher Mittel die geheime Polizei sich bediente, um die politischen Gesinnungen der Taubstummen, die sie freilich nicht mündlich befragen konnte, zu erforschen. Die Anstalt leitete der Abbe Sicard, ein würdiger Nachfolger des berühmten Abbe de l'Epee. Wie bei einem Examen standen die Zöglinge, etwa 30 bis 40 an der Zahl, auf einer Erhöhung. Sicard erklärte die von ihnen gebrauchte Zeichensprache, und forderte die Anwesenden auf, einige Fragen an die Schüler zu richten. Nach ein paar gleichgültigen Sätzen erhob sich ein bebänderter Herr von sehr konfiszirtem Aeußeren und stellte die Frage: quelle est la difference entre une fleur de lis et un aigle en sens heraldique? - Voyez le mouchard! raunte mir mein Nachbar zu, mais Sicard l'enverra promener. Auf Sicards Gesichte zeigte sich ein leiser Anflug von Unmuth, der aber bald verschwand. Da diese Materie, sagte er, höhere Kenntnisse voraussetzte, so werde er erst die Frage pantomimisch deutlich machen, dann solle sein bester Schüler Massieu die Frage, die er gewiß nicht gehört, an die Tafel schreiben und die Antwort darunter setzen. Nachdem er viele krausen Gebehrden und spitzigen Fingerzeichen gemacht, die er uns alle genau erklärte, trat Massieu, ein lebhafter schwarzer Krauskopf von etwa 30 Jahren an die Tafel, und schrieb die Frage mit kleinen Abweichungen ganz richtig hin. Anstatt: quelle est la difference setzte er: en quoi differe

überhört hatten, fällte er mit Geklirr sein Bajonet auf zwei Schritte Entfernung, und nöthigte uns, auf die andre Seite der Straße hinüber zu springen.

Eines Besuches in dem königlichen Taubstummen-Institute, obgleich er des interessanten sehr viel darbot, würde ich kaum erwähnen, wenn sich nicht dabei gezeigt hätte, welcher Mittel die geheime Polizei sich bediente, um die politischen Gesinnungen der Taubstummen, die sie freilich nicht mündlich befragen konnte, zu erforschen. Die Anstalt leitete der Abbé Sicard, ein würdiger Nachfolger des berühmten Abbé de l’Epée. Wie bei einem Examen standen die Zöglinge, etwa 30 bis 40 an der Zahl, auf einer Erhöhung. Sicard erklärte die von ihnen gebrauchte Zeichensprache, und forderte die Anwesenden auf, einige Fragen an die Schüler zu richten. Nach ein paar gleichgültigen Sätzen erhob sich ein bebänderter Herr von sehr konfiszirtem Aeußeren und stellte die Frage: quelle est la différence entre une fleur de lis et un aigle en sens héraldique? – Voyez le mouchard! raunte mir mein Nachbar zu, mais Sicard l’enverra promener. Auf Sicards Gesichte zeigte sich ein leiser Anflug von Unmuth, der aber bald verschwand. Da diese Materie, sagte er, höhere Kenntnisse voraussetzte, so werde er erst die Frage pantomimisch deutlich machen, dann solle sein bester Schüler Massieu die Frage, die er gewiß nicht gehört, an die Tafel schreiben und die Antwort darunter setzen. Nachdem er viele krausen Gebehrden und spitzigen Fingerzeichen gemacht, die er uns alle genau erklärte, trat Massieu, ein lebhafter schwarzer Krauskopf von etwa 30 Jahren an die Tafel, und schrieb die Frage mit kleinen Abweichungen ganz richtig hin. Anstatt: quelle est la différence setzte er: en quoi diffère

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[464/0472] überhört hatten, fällte er mit Geklirr sein Bajonet auf zwei Schritte Entfernung, und nöthigte uns, auf die andre Seite der Straße hinüber zu springen. Eines Besuches in dem königlichen Taubstummen-Institute, obgleich er des interessanten sehr viel darbot, würde ich kaum erwähnen, wenn sich nicht dabei gezeigt hätte, welcher Mittel die geheime Polizei sich bediente, um die politischen Gesinnungen der Taubstummen, die sie freilich nicht mündlich befragen konnte, zu erforschen. Die Anstalt leitete der Abbé Sicard, ein würdiger Nachfolger des berühmten Abbé de l’Epée. Wie bei einem Examen standen die Zöglinge, etwa 30 bis 40 an der Zahl, auf einer Erhöhung. Sicard erklärte die von ihnen gebrauchte Zeichensprache, und forderte die Anwesenden auf, einige Fragen an die Schüler zu richten. Nach ein paar gleichgültigen Sätzen erhob sich ein bebänderter Herr von sehr konfiszirtem Aeußeren und stellte die Frage: quelle est la différence entre une fleur de lis et un aigle en sens héraldique? – Voyez le mouchard! raunte mir mein Nachbar zu, mais Sicard l’enverra promener. Auf Sicards Gesichte zeigte sich ein leiser Anflug von Unmuth, der aber bald verschwand. Da diese Materie, sagte er, höhere Kenntnisse voraussetzte, so werde er erst die Frage pantomimisch deutlich machen, dann solle sein bester Schüler Massieu die Frage, die er gewiß nicht gehört, an die Tafel schreiben und die Antwort darunter setzen. Nachdem er viele krausen Gebehrden und spitzigen Fingerzeichen gemacht, die er uns alle genau erklärte, trat Massieu, ein lebhafter schwarzer Krauskopf von etwa 30 Jahren an die Tafel, und schrieb die Frage mit kleinen Abweichungen ganz richtig hin. Anstatt: quelle est la différence setzte er: en quoi diffère

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/472>, abgerufen am 24.11.2024.