Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Seite stehn könne. Wunderbar genug theilte diesmal der Grosvater Eichmann nicht ganz die siegesfrohe Zuversicht der jüngeren Generation. Er ließ es an Warnungen und besorglichen Mahnungen nicht fehlen. "Stellt euch nur die Sache nicht zu leicht vor, einen solchen Reiter noch einmal aus dem Sattel zu heben! Jetzt kann er nicht, wie bei Leipzig, von der Uebermacht erdrückt werden, da die Russen und Oestreicher längst nach Hause gezogen sind. Die Preußen werden wohl allein das Bad aussaufen müssen, und nachher einen Hundslohn davontragen." Aber unser Vertrauen konnte er nicht wankend machen, als wir sahen, daß die Freiwilligen ebenso wie im März 1813 zu den Fahnen strömten. Die meisten meiner Jugendfreunde standen noch beim Heere, oder kehrten gleich dahin zurück. Ich war damals 161/2 Jahr alt, und machte bei meinem Vater einen vergeblichen Versuch, einzutreten; ich berief mich auf das Beispiel des Herrn von Arnim, hatte aber nicht Muth und Kraft genug, das älterliche Haus heimlich zu verlassen. "Gustav", sagte der Grosvater mit nassen Augen zu mir, "du bist ein braver Junge, aber du bist zu schwach! darum bleib hier! Wer weiß, wie lange es dauern wird, bis wir den Korsen klein kriegen; im nächsten Jahre kannst du immer noch eintreten!" Wider Erwarten wurde man mit dem Korsen sehr schnell fertig. Sein zweites Kaiserreich dauerte nur 100 Tage. Drei Monate genügten ihm, um aus alten und neuen Soldaten eine vollkommen schlagfertige Armee herzustellen. In den Niederlanden zog sich ein englisches Heer unter Wellington, ein preußisches unter dem 75jährigen Blücher zusammen. In der Gegend von Namur lagerten die verbündeten Heere ungefähr einen Tagemarsch auseinander. Seite stehn könne. Wunderbar genug theilte diesmal der Grosvater Eichmann nicht ganz die siegesfrohe Zuversicht der jüngeren Generation. Er ließ es an Warnungen und besorglichen Mahnungen nicht fehlen. „Stellt euch nur die Sache nicht zu leicht vor, einen solchen Reiter noch einmal aus dem Sattel zu heben! Jetzt kann er nicht, wie bei Leipzig, von der Uebermacht erdrückt werden, da die Russen und Oestreicher längst nach Hause gezogen sind. Die Preußen werden wohl allein das Bad aussaufen müssen, und nachher einen Hundslohn davontragen.“ Aber unser Vertrauen konnte er nicht wankend machen, als wir sahen, daß die Freiwilligen ebenso wie im März 1813 zu den Fahnen strömten. Die meisten meiner Jugendfreunde standen noch beim Heere, oder kehrten gleich dahin zurück. Ich war damals 16½ Jahr alt, und machte bei meinem Vater einen vergeblichen Versuch, einzutreten; ich berief mich auf das Beispiel des Herrn von Arnim, hatte aber nicht Muth und Kraft genug, das älterliche Haus heimlich zu verlassen. „Gustav“, sagte der Grosvater mit nassen Augen zu mir, „du bist ein braver Junge, aber du bist zu schwach! darum bleib hier! Wer weiß, wie lange es dauern wird, bis wir den Korsen klein kriegen; im nächsten Jahre kannst du immer noch eintreten!“ Wider Erwarten wurde man mit dem Korsen sehr schnell fertig. Sein zweites Kaiserreich dauerte nur 100 Tage. Drei Monate genügten ihm, um aus alten und neuen Soldaten eine vollkommen schlagfertige Armee herzustellen. In den Niederlanden zog sich ein englisches Heer unter Wellington, ein preußisches unter dem 75jährigen Blücher zusammen. In der Gegend von Namur lagerten die verbündeten Heere ungefähr einen Tagemarsch auseinander. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0047" n="39"/> Seite stehn könne. Wunderbar genug theilte diesmal der Grosvater Eichmann nicht ganz die siegesfrohe Zuversicht der jüngeren Generation. Er ließ es an Warnungen und besorglichen Mahnungen nicht fehlen. „Stellt euch nur die Sache nicht zu leicht vor, einen solchen Reiter noch einmal aus dem Sattel zu heben! Jetzt kann er nicht, wie bei Leipzig, von der Uebermacht erdrückt werden, da die Russen und Oestreicher längst nach Hause gezogen sind. Die Preußen werden wohl allein das Bad aussaufen müssen, und nachher einen Hundslohn davontragen.“</p><lb/> <p>Aber unser Vertrauen konnte er nicht wankend machen, als wir sahen, daß die Freiwilligen ebenso wie im März 1813 zu den Fahnen strömten. Die meisten meiner Jugendfreunde standen noch beim Heere, oder kehrten gleich dahin zurück. Ich war damals 16½ Jahr alt, und machte bei meinem Vater einen vergeblichen Versuch, einzutreten; ich berief mich auf das Beispiel des Herrn von Arnim, hatte aber nicht Muth und Kraft genug, das älterliche Haus heimlich zu verlassen. „Gustav“, sagte der Grosvater mit nassen Augen zu mir, „du bist ein braver Junge, aber du bist zu schwach! darum bleib hier! Wer weiß, wie lange es dauern wird, bis wir den Korsen klein kriegen; im nächsten Jahre kannst du immer noch eintreten!“ </p><lb/> <p>Wider Erwarten wurde man mit dem Korsen sehr schnell fertig. Sein zweites Kaiserreich dauerte nur 100 Tage. Drei Monate genügten ihm, um aus alten und neuen Soldaten eine vollkommen schlagfertige Armee herzustellen. In den Niederlanden zog sich ein englisches Heer unter Wellington, ein preußisches unter dem 75jährigen Blücher zusammen. In der Gegend von Namur lagerten die verbündeten Heere ungefähr einen Tagemarsch auseinander. </p> </div> </body> </text> </TEI> [39/0047]
Seite stehn könne. Wunderbar genug theilte diesmal der Grosvater Eichmann nicht ganz die siegesfrohe Zuversicht der jüngeren Generation. Er ließ es an Warnungen und besorglichen Mahnungen nicht fehlen. „Stellt euch nur die Sache nicht zu leicht vor, einen solchen Reiter noch einmal aus dem Sattel zu heben! Jetzt kann er nicht, wie bei Leipzig, von der Uebermacht erdrückt werden, da die Russen und Oestreicher längst nach Hause gezogen sind. Die Preußen werden wohl allein das Bad aussaufen müssen, und nachher einen Hundslohn davontragen.“
Aber unser Vertrauen konnte er nicht wankend machen, als wir sahen, daß die Freiwilligen ebenso wie im März 1813 zu den Fahnen strömten. Die meisten meiner Jugendfreunde standen noch beim Heere, oder kehrten gleich dahin zurück. Ich war damals 16½ Jahr alt, und machte bei meinem Vater einen vergeblichen Versuch, einzutreten; ich berief mich auf das Beispiel des Herrn von Arnim, hatte aber nicht Muth und Kraft genug, das älterliche Haus heimlich zu verlassen. „Gustav“, sagte der Grosvater mit nassen Augen zu mir, „du bist ein braver Junge, aber du bist zu schwach! darum bleib hier! Wer weiß, wie lange es dauern wird, bis wir den Korsen klein kriegen; im nächsten Jahre kannst du immer noch eintreten!“
Wider Erwarten wurde man mit dem Korsen sehr schnell fertig. Sein zweites Kaiserreich dauerte nur 100 Tage. Drei Monate genügten ihm, um aus alten und neuen Soldaten eine vollkommen schlagfertige Armee herzustellen. In den Niederlanden zog sich ein englisches Heer unter Wellington, ein preußisches unter dem 75jährigen Blücher zusammen. In der Gegend von Namur lagerten die verbündeten Heere ungefähr einen Tagemarsch auseinander.
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/47>, abgerufen am 16.02.2025. |