Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].und Damen zu beiden Seiten des Saales, sobald der Grandhuissier ausrief: l'Empereur! Die Herzogin bestätigte, daß Napoleon I. bei seinen Audienzen nichts weniger als liebenswürdig auftrat. Man erkannte darin seine Ungewohnheit sich in Hofkreisen zu bewegen. Als die Herzogin im Jahre 1809 mit ihrer Tochter nach Paris kam, und sich am kaiserlichen Hofe vorstellen ließ, hatte Napoleon sich von ihren früheren Verhältnissen genau unterrichtet. So sehr es nun seinem Ehrgeize schmeicheln mußte, daß eine schöne, reiche und wegen ihres Geistes allgemein bewunderte Fürstin seinen Hof allen übrigen Höfen vorzog, so sagte er ihr doch bei der ersten Cour etwas unpassendes. Mit rauher Stimme und mit keineswegs verbindlichem Accente, aber mit vieler Ausführlichkeit fragte er nach ihren früheren Erlebnissen, und sagte dann: Vous etes nee en Russie, vous habitez l'Allemagne et maintenant vous vous faites Francaise; vous voulez un peu de tout! - Sire, erwiederte sie mit sehr ernster Miene, ma patrie est la Courlande, mais j'ai le bonheur de n'appartenir a personne! Er fühlte den leisen Vorwurf, aber weit entfernt seine Revue wieder gut zu machen, sann er einen Augenblick nach, stieß ein verdrießliches Hm! heraus und ging im Saale weiter. Von anderen Seiten hörte ich indeß, daß der Kaiser die Herzogin stets mit der höchsten Auszeichnung behandelt, ja was den Neid der Hofschranzen höchlich erregte, öfters zweimal angeredet habe. In den folgenden Jahren kam es wohl vor, daß die Gräfin Perigord wegen interessanter Umstände bei Hofe fehlte. Je ne vois pas Madame votre fille! herrschte der Kaiser die Herzogin an. - Sire, elle est incommodee! - und Damen zu beiden Seiten des Saales, sobald der Grandhuissier ausrief: l’Empereur! Die Herzogin bestätigte, daß Napoléon I. bei seinen Audienzen nichts weniger als liebenswürdig auftrat. Man erkannte darin seine Ungewohnheit sich in Hofkreisen zu bewegen. Als die Herzogin im Jahre 1809 mit ihrer Tochter nach Paris kam, und sich am kaiserlichen Hofe vorstellen ließ, hatte Napoléon sich von ihren früheren Verhältnissen genau unterrichtet. So sehr es nun seinem Ehrgeize schmeicheln mußte, daß eine schöne, reiche und wegen ihres Geistes allgemein bewunderte Fürstin seinen Hof allen übrigen Höfen vorzog, so sagte er ihr doch bei der ersten Cour etwas unpassendes. Mit rauher Stimme und mit keineswegs verbindlichem Accente, aber mit vieler Ausführlichkeit fragte er nach ihren früheren Erlebnissen, und sagte dann: Vous etes née en Russie, vous habitez l’Allemagne et maintenant vous vous faites Française; vous voulez un peu de tout! – Sire, erwiederte sie mit sehr ernster Miene, ma patrie est la Courlande, mais j’ai le bonheur de n’appartenir à personne! Er fühlte den leisen Vorwurf, aber weit entfernt seine Révue wieder gut zu machen, sann er einen Augenblick nach, stieß ein verdrießliches Hm! heraus und ging im Saale weiter. Von anderen Seiten hörte ich indeß, daß der Kaiser die Herzogin stets mit der höchsten Auszeichnung behandelt, ja was den Neid der Hofschranzen höchlich erregte, öfters zweimal angeredet habe. In den folgenden Jahren kam es wohl vor, daß die Gräfin Périgord wegen interessanter Umstände bei Hofe fehlte. 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Mit rauher Stimme und mit keineswegs verbindlichem Accente, aber mit vieler Ausführlichkeit fragte er nach ihren früheren Erlebnissen, und sagte dann: Vous etes née en Russie, vous habitez l’Allemagne et maintenant vous vous faites Française; vous voulez un peu de tout! – Sire, erwiederte sie mit sehr ernster Miene, ma patrie est la Courlande, mais j’ai le bonheur de n’appartenir à personne! Er fühlte den leisen Vorwurf, aber weit entfernt seine Révue wieder gut zu machen, sann er einen Augenblick nach, stieß ein verdrießliches Hm! heraus und ging im Saale weiter. Von anderen Seiten hörte ich indeß, daß der Kaiser die Herzogin stets mit der höchsten Auszeichnung behandelt, ja was den Neid der Hofschranzen höchlich erregte, öfters zweimal angeredet habe. </p><lb/> <p>In den folgenden Jahren kam es wohl vor, daß die Gräfin Périgord wegen interessanter Umstände bei Hofe fehlte. 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und Damen zu beiden Seiten des Saales, sobald der Grandhuissier ausrief: l’Empereur!
Die Herzogin bestätigte, daß Napoléon I. bei seinen Audienzen nichts weniger als liebenswürdig auftrat. Man erkannte darin seine Ungewohnheit sich in Hofkreisen zu bewegen. Als die Herzogin im Jahre 1809 mit ihrer Tochter nach Paris kam, und sich am kaiserlichen Hofe vorstellen ließ, hatte Napoléon sich von ihren früheren Verhältnissen genau unterrichtet. So sehr es nun seinem Ehrgeize schmeicheln mußte, daß eine schöne, reiche und wegen ihres Geistes allgemein bewunderte Fürstin seinen Hof allen übrigen Höfen vorzog, so sagte er ihr doch bei der ersten Cour etwas unpassendes. Mit rauher Stimme und mit keineswegs verbindlichem Accente, aber mit vieler Ausführlichkeit fragte er nach ihren früheren Erlebnissen, und sagte dann: Vous etes née en Russie, vous habitez l’Allemagne et maintenant vous vous faites Française; vous voulez un peu de tout! – Sire, erwiederte sie mit sehr ernster Miene, ma patrie est la Courlande, mais j’ai le bonheur de n’appartenir à personne! Er fühlte den leisen Vorwurf, aber weit entfernt seine Révue wieder gut zu machen, sann er einen Augenblick nach, stieß ein verdrießliches Hm! heraus und ging im Saale weiter. Von anderen Seiten hörte ich indeß, daß der Kaiser die Herzogin stets mit der höchsten Auszeichnung behandelt, ja was den Neid der Hofschranzen höchlich erregte, öfters zweimal angeredet habe.
In den folgenden Jahren kam es wohl vor, daß die Gräfin Périgord wegen interessanter Umstände bei Hofe fehlte. Je ne vois pas Madame votre fille! herrschte der Kaiser die Herzogin an. – Sire, elle est incommodée! –
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