Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

Bild:
<< vorherige Seite

darbiete; er ging daher nach Sagan, dem Wohnsitze der ältesten Tochter der Herzogin von Kurland, wo er eben sowohl im Schlosse, als in der Stadt und auf dem Lande sich einer ausgedehnten und gedeihlichen Praxis erfreute.

Paul widmete sich dem Lehrfache und erhielt sehr bald eine Stelle am Grauen Kloster, das er vor wenigen Jahren als Abiturient verlassen. Seine Pflichttreue, seine Arbeitsamkeit, sein guter Humor machten ihn bei seinen Kollegen und bei den Schülern im höchsten Grade beliebt. Von den ersteren erfuhr ich später, daß Paul den französischen Unterricht für drei aufsteigende Klassen in ein ganz neues und besseres Stadium gebracht. So lange ich in Berlin blieb, waren wir unzertrennlich.

Von Klein wüßte ich nur zu sagen, daß er sich fortwährend um meine Schwester bemühte, aber mit keinem Erfolg. Im musikalischen Schaffen war er unermüdlich; seine Lieder fanden allgemeinen Beifall, doch zur öffentlichen Ausführung seiner ernsten geistlichen Arbeiten gab es wenig Gelegenheit. Die Singakademie blieb ziemlich stabil im Kreise der von Fasch und Zelter ausgewählten älteren Stücke, die wenigen neben der Singakademie bestehenden Vereine waren zu schwach, einen Domchor gab es eben so wenig als eine besondere musikalische Abtheilung in der Kunstakademie. Klein unterrichtete einen Studentenchor, dessen Leitung ihm von der Universität anvertraut worden war, im Generalbaß etc. Seine Obliegenheit bestand darin, den Rektoratswechsel und andre Feste der Universität durch ernste Vokalmusik zu verherrlichen.

Zu den neuen, aber stets willkomnen Gästen unseres Hauses gehörte Dr. Bancroft aus Amerika. Er trieb das deutsche mit so eingehendem Fleiße, daß man ihn, bis auf

darbiete; er ging daher nach Sagan, dem Wohnsitze der ältesten Tochter der Herzogin von Kurland, wo er eben sowohl im Schlosse, als in der Stadt und auf dem Lande sich einer ausgedehnten und gedeihlichen Praxis erfreute.

Paul widmete sich dem Lehrfache und erhielt sehr bald eine Stelle am Grauen Kloster, das er vor wenigen Jahren als Abiturient verlassen. Seine Pflichttreue, seine Arbeitsamkeit, sein guter Humor machten ihn bei seinen Kollegen und bei den Schülern im höchsten Grade beliebt. Von den ersteren erfuhr ich später, daß Paul den französischen Unterricht für drei aufsteigende Klassen in ein ganz neues und besseres Stadium gebracht. So lange ich in Berlin blieb, waren wir unzertrennlich.

Von Klein wüßte ich nur zu sagen, daß er sich fortwährend um meine Schwester bemühte, aber mit keinem Erfolg. Im musikalischen Schaffen war er unermüdlich; seine Lieder fanden allgemeinen Beifall, doch zur öffentlichen Ausführung seiner ernsten geistlichen Arbeiten gab es wenig Gelegenheit. Die Singakademie blieb ziemlich stabil im Kreise der von Fasch und Zelter ausgewählten älteren Stücke, die wenigen neben der Singakademie bestehenden Vereine waren zu schwach, einen Domchor gab es eben so wenig als eine besondere musikalische Abtheilung in der Kunstakademie. Klein unterrichtete einen Studentenchor, dessen Leitung ihm von der Universität anvertraut worden war, im Generalbaß etc. Seine Obliegenheit bestand darin, den Rektoratswechsel und andre Feste der Universität durch ernste Vokalmusik zu verherrlichen.

Zu den neuen, aber stets willkomnen Gästen unseres Hauses gehörte Dr. Bancroft aus Amerika. Er trieb das deutsche mit so eingehendem Fleiße, daß man ihn, bis auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0410" n="402"/>
darbiete; er ging daher nach Sagan, dem Wohnsitze der ältesten Tochter der Herzogin von Kurland, wo er eben sowohl im Schlosse, als in der Stadt und auf dem Lande sich einer ausgedehnten und gedeihlichen Praxis erfreute. </p><lb/>
        <p>Paul widmete sich dem Lehrfache und erhielt sehr bald eine Stelle am Grauen Kloster, das er vor wenigen Jahren als Abiturient verlassen. Seine Pflichttreue, seine Arbeitsamkeit, sein guter Humor machten ihn bei seinen Kollegen und bei den Schülern im höchsten Grade beliebt. Von den ersteren erfuhr ich später, daß Paul den französischen Unterricht für drei aufsteigende Klassen in ein ganz neues und besseres Stadium gebracht. So lange ich in Berlin blieb, waren wir unzertrennlich. </p><lb/>
        <p>Von Klein wüßte ich nur zu sagen, daß er sich fortwährend um meine Schwester bemühte, aber mit keinem Erfolg. Im musikalischen Schaffen war er unermüdlich; seine Lieder fanden allgemeinen Beifall, doch zur öffentlichen Ausführung seiner ernsten geistlichen Arbeiten gab es wenig Gelegenheit. Die Singakademie blieb ziemlich stabil im Kreise der von Fasch und Zelter ausgewählten älteren Stücke, die wenigen neben der Singakademie bestehenden Vereine waren zu schwach, einen Domchor gab es eben so wenig als eine besondere musikalische Abtheilung in der Kunstakademie. Klein unterrichtete einen Studentenchor, dessen Leitung ihm von der Universität anvertraut worden war, im Generalbaß etc. Seine Obliegenheit bestand darin, den Rektoratswechsel und andre Feste der Universität durch ernste Vokalmusik zu verherrlichen. </p><lb/>
        <p>Zu den neuen, aber stets willkomnen Gästen unseres Hauses gehörte Dr. Bancroft aus Amerika. Er trieb das deutsche mit so eingehendem Fleiße, daß man ihn, bis auf
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[402/0410] darbiete; er ging daher nach Sagan, dem Wohnsitze der ältesten Tochter der Herzogin von Kurland, wo er eben sowohl im Schlosse, als in der Stadt und auf dem Lande sich einer ausgedehnten und gedeihlichen Praxis erfreute. Paul widmete sich dem Lehrfache und erhielt sehr bald eine Stelle am Grauen Kloster, das er vor wenigen Jahren als Abiturient verlassen. Seine Pflichttreue, seine Arbeitsamkeit, sein guter Humor machten ihn bei seinen Kollegen und bei den Schülern im höchsten Grade beliebt. Von den ersteren erfuhr ich später, daß Paul den französischen Unterricht für drei aufsteigende Klassen in ein ganz neues und besseres Stadium gebracht. So lange ich in Berlin blieb, waren wir unzertrennlich. Von Klein wüßte ich nur zu sagen, daß er sich fortwährend um meine Schwester bemühte, aber mit keinem Erfolg. Im musikalischen Schaffen war er unermüdlich; seine Lieder fanden allgemeinen Beifall, doch zur öffentlichen Ausführung seiner ernsten geistlichen Arbeiten gab es wenig Gelegenheit. Die Singakademie blieb ziemlich stabil im Kreise der von Fasch und Zelter ausgewählten älteren Stücke, die wenigen neben der Singakademie bestehenden Vereine waren zu schwach, einen Domchor gab es eben so wenig als eine besondere musikalische Abtheilung in der Kunstakademie. Klein unterrichtete einen Studentenchor, dessen Leitung ihm von der Universität anvertraut worden war, im Generalbaß etc. Seine Obliegenheit bestand darin, den Rektoratswechsel und andre Feste der Universität durch ernste Vokalmusik zu verherrlichen. Zu den neuen, aber stets willkomnen Gästen unseres Hauses gehörte Dr. Bancroft aus Amerika. Er trieb das deutsche mit so eingehendem Fleiße, daß man ihn, bis auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-01-07T13:04:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1) (2014-01-07T13:04:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • Kolumnentitel: nicht übernommen
  • Kustoden: nicht übernommen
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/410
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/410>, abgerufen am 24.11.2024.