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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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Tölken hatte das Buch mit einem kurzen Vorworte eingeleitet. Die Sauberkeit der Kupfer erwarb auch der Uebersetzung des Textes die Gunst des Publikums. Es wurden im Laufe der Jahre drei Auflagen zu den aus Paris verschriebenen Kupferabdrücken veranstaltet. Vor allen Dingen sandte ich ein Exemplar nach Heidelberg an Creuzer, mit dem ergebensten Anheimstellen, dieses specimen eruditionis statt der nicht gelieferten Doctordissertation anzunehmen.

In den anderthalb Jahren, die ich fern von der Heimath zugebracht, hatte sich in Berlin wenig verändert.

Abeken war vom Grauen Kloster als Professor an das Joachimsthal übergetreten; er fuhr fort, die Klassiker aller Nationen in unfruchtbarer Genußsucht durchzulesen; meine scherzhaften Ermahnungen zu eigner Arbeit machten ihn ganz unglücklich. Gott, o Gott, o Gott! stammelte er, sich auf das Sopha werfend, wenn ich nur erst ein Thema fände! - Embarras de richesse! Die ganze klassische, biblische und moderne Litteratur stecken in deinem Kopfe. - Ich wußte, daß er über manche Stellen des Horaz gründliche Untersuchungen angestellt, das gefährliche Feld der Konjekturen vermieden, und nur die besseren Lesarten durch einsichtige Abwägung der Gründe dafür und dawider geschützt hatte. Ich rieth ihm, diese lucubrationes horatianae zusammenzustellen und weiter auszuarbeiten. Er fand aber gleich so viele Bedenklichkeiten, daß ich deutlich sah, er werde nie zur Ausführung gelangen.

Meinen lieben Freund August fand ich nicht mehr in Berlin. Nach Vollendung des vierjährigen medizinischen Kursus bemerkte er, daß die Hauptstadt einem angehenden praktischen Arzte gar zu wenig Aussicht auf baldigen Erfolg

Tölken hatte das Buch mit einem kurzen Vorworte eingeleitet. Die Sauberkeit der Kupfer erwarb auch der Uebersetzung des Textes die Gunst des Publikums. Es wurden im Laufe der Jahre drei Auflagen zu den aus Paris verschriebenen Kupferabdrücken veranstaltet. Vor allen Dingen sandte ich ein Exemplar nach Heidelberg an Creuzer, mit dem ergebensten Anheimstellen, dieses specimen eruditionis statt der nicht gelieferten Doctordissertation anzunehmen.

In den anderthalb Jahren, die ich fern von der Heimath zugebracht, hatte sich in Berlin wenig verändert.

Abeken war vom Grauen Kloster als Professor an das Joachimsthal übergetreten; er fuhr fort, die Klassiker aller Nationen in unfruchtbarer Genußsucht durchzulesen; meine scherzhaften Ermahnungen zu eigner Arbeit machten ihn ganz unglücklich. Gott, o Gott, o Gott! stammelte er, sich auf das Sopha werfend, wenn ich nur erst ein Thema fände! – Embarras de richesse! Die ganze klassische, biblische und moderne Litteratur stecken in deinem Kopfe. – Ich wußte, daß er über manche Stellen des Horaz gründliche Untersuchungen angestellt, das gefährliche Feld der Konjekturen vermieden, und nur die besseren Lesarten durch einsichtige Abwägung der Gründe dafür und dawider geschützt hatte. Ich rieth ihm, diese lucubrationes horatianae zusammenzustellen und weiter auszuarbeiten. Er fand aber gleich so viele Bedenklichkeiten, daß ich deutlich sah, er werde nie zur Ausführung gelangen.

Meinen lieben Freund August fand ich nicht mehr in Berlin. Nach Vollendung des vierjährigen medizinischen Kursus bemerkte er, daß die Hauptstadt einem angehenden praktischen Arzte gar zu wenig Aussicht auf baldigen Erfolg

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Tölken hatte das Buch mit einem kurzen Vorworte eingeleitet. Die Sauberkeit der Kupfer erwarb auch der Uebersetzung des Textes die Gunst des Publikums. Es wurden im Laufe der Jahre drei Auflagen zu den aus Paris verschriebenen Kupferabdrücken veranstaltet. Vor allen Dingen sandte ich ein Exemplar nach Heidelberg an Creuzer, mit dem ergebensten Anheimstellen, dieses specimen eruditionis statt der nicht gelieferten Doctordissertation anzunehmen. </p><lb/>
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[401/0409] Tölken hatte das Buch mit einem kurzen Vorworte eingeleitet. Die Sauberkeit der Kupfer erwarb auch der Uebersetzung des Textes die Gunst des Publikums. Es wurden im Laufe der Jahre drei Auflagen zu den aus Paris verschriebenen Kupferabdrücken veranstaltet. Vor allen Dingen sandte ich ein Exemplar nach Heidelberg an Creuzer, mit dem ergebensten Anheimstellen, dieses specimen eruditionis statt der nicht gelieferten Doctordissertation anzunehmen. In den anderthalb Jahren, die ich fern von der Heimath zugebracht, hatte sich in Berlin wenig verändert. Abeken war vom Grauen Kloster als Professor an das Joachimsthal übergetreten; er fuhr fort, die Klassiker aller Nationen in unfruchtbarer Genußsucht durchzulesen; meine scherzhaften Ermahnungen zu eigner Arbeit machten ihn ganz unglücklich. Gott, o Gott, o Gott! stammelte er, sich auf das Sopha werfend, wenn ich nur erst ein Thema fände! – Embarras de richesse! Die ganze klassische, biblische und moderne Litteratur stecken in deinem Kopfe. – Ich wußte, daß er über manche Stellen des Horaz gründliche Untersuchungen angestellt, das gefährliche Feld der Konjekturen vermieden, und nur die besseren Lesarten durch einsichtige Abwägung der Gründe dafür und dawider geschützt hatte. Ich rieth ihm, diese lucubrationes horatianae zusammenzustellen und weiter auszuarbeiten. Er fand aber gleich so viele Bedenklichkeiten, daß ich deutlich sah, er werde nie zur Ausführung gelangen. Meinen lieben Freund August fand ich nicht mehr in Berlin. Nach Vollendung des vierjährigen medizinischen Kursus bemerkte er, daß die Hauptstadt einem angehenden praktischen Arzte gar zu wenig Aussicht auf baldigen Erfolg

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/409>, abgerufen am 24.11.2024.