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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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Altercationen Veranlassung. Wir sagten uns die derbsten Wahrheiten in der möglichst zierlichen Form und blieben immer die besten Freunde; ich erinnre mich nicht, daß jemals ein ernsthafter Verdruß vorgekommen wäre.

Fritzens mimisches Talent hatten wir bei den Damen öfters lobend erwähnt, und nicht selten ward er im Salon aufgefordert, zur Erheiterung der Gesellschaft irgend einen Scherz zum besten zu geben. Dies konnte er den vornehmen Bitterinnen gar nicht abschlagen, aber er that es höchst ungern. Im Kreise seiner Jugendgenossen war er unermüdlich und unerschöpflich an Schwänken aller Art, aber in einem größeren Zirkel seine Künste gleichsam auf Befehl sehn zu lassen, widerstrebte ihm durchaus. Zudem hatte die Fürstin von Hohenzollern seine frühere Spazierfahrt mit Michel Schnabel nicht vergessen. Da sie Fritzen von klein auf gekannt, so behielt sie das vertrauliche du, und sagte gleich in den ersten Tagen: Fritz, du mußt augenblicklich in den Hof hinunter, Michel wartet mit der Equipage! Fritz besaß leider nicht Einsicht genug, um den fürstlichen Scherz als Scherz zu nehmen; er erboßte sich innerlich über die Maaßen, suchte aber seinen Verdruß zu verbergen. Da gaben denn seine zornigen Augen und sein nach allen Richtungen verzogener Mund neuen Anlaß zu Neckereien.

Bei solchen Gelegenheiten ließ sich bemerken, daß Fräulein Luise, die Begleiterin der Herzogin von Acerenza sich Fritzens auf eine eben so feine als gutmüthige Weise annahm. Sie war sonst wegen ihrer durchdringenden Beobachtungsgabe eher zu scharfen Aeußerungen geneigt, die indessen niemals verletzten. Fritz schien für die ihm gewährte Hülfe nicht unempfindlich; es entspann sich ein

Altercationen Veranlassung. Wir sagten uns die derbsten Wahrheiten in der möglichst zierlichen Form und blieben immer die besten Freunde; ich erinnre mich nicht, daß jemals ein ernsthafter Verdruß vorgekommen wäre.

Fritzens mimisches Talent hatten wir bei den Damen öfters lobend erwähnt, und nicht selten ward er im Salon aufgefordert, zur Erheiterung der Gesellschaft irgend einen Scherz zum besten zu geben. Dies konnte er den vornehmen Bitterinnen gar nicht abschlagen, aber er that es höchst ungern. Im Kreise seiner Jugendgenossen war er unermüdlich und unerschöpflich an Schwänken aller Art, aber in einem größeren Zirkel seine Künste gleichsam auf Befehl sehn zu lassen, widerstrebte ihm durchaus. Zudem hatte die Fürstin von Hohenzollern seine frühere Spazierfahrt mit Michel Schnabel nicht vergessen. Da sie Fritzen von klein auf gekannt, so behielt sie das vertrauliche du, und sagte gleich in den ersten Tagen: Fritz, du mußt augenblicklich in den Hof hinunter, Michel wartet mit der Equipage! Fritz besaß leider nicht Einsicht genug, um den fürstlichen Scherz als Scherz zu nehmen; er erboßte sich innerlich über die Maaßen, suchte aber seinen Verdruß zu verbergen. Da gaben denn seine zornigen Augen und sein nach allen Richtungen verzogener Mund neuen Anlaß zu Neckereien.

Bei solchen Gelegenheiten ließ sich bemerken, daß Fräulein Luise, die Begleiterin der Herzogin von Acerenza sich Fritzens auf eine eben so feine als gutmüthige Weise annahm. Sie war sonst wegen ihrer durchdringenden Beobachtungsgabe eher zu scharfen Aeußerungen geneigt, die indessen niemals verletzten. Fritz schien für die ihm gewährte Hülfe nicht unempfindlich; es entspann sich ein

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[396/0404] Altercationen Veranlassung. Wir sagten uns die derbsten Wahrheiten in der möglichst zierlichen Form und blieben immer die besten Freunde; ich erinnre mich nicht, daß jemals ein ernsthafter Verdruß vorgekommen wäre. Fritzens mimisches Talent hatten wir bei den Damen öfters lobend erwähnt, und nicht selten ward er im Salon aufgefordert, zur Erheiterung der Gesellschaft irgend einen Scherz zum besten zu geben. Dies konnte er den vornehmen Bitterinnen gar nicht abschlagen, aber er that es höchst ungern. Im Kreise seiner Jugendgenossen war er unermüdlich und unerschöpflich an Schwänken aller Art, aber in einem größeren Zirkel seine Künste gleichsam auf Befehl sehn zu lassen, widerstrebte ihm durchaus. Zudem hatte die Fürstin von Hohenzollern seine frühere Spazierfahrt mit Michel Schnabel nicht vergessen. Da sie Fritzen von klein auf gekannt, so behielt sie das vertrauliche du, und sagte gleich in den ersten Tagen: Fritz, du mußt augenblicklich in den Hof hinunter, Michel wartet mit der Equipage! Fritz besaß leider nicht Einsicht genug, um den fürstlichen Scherz als Scherz zu nehmen; er erboßte sich innerlich über die Maaßen, suchte aber seinen Verdruß zu verbergen. Da gaben denn seine zornigen Augen und sein nach allen Richtungen verzogener Mund neuen Anlaß zu Neckereien. Bei solchen Gelegenheiten ließ sich bemerken, daß Fräulein Luise, die Begleiterin der Herzogin von Acerenza sich Fritzens auf eine eben so feine als gutmüthige Weise annahm. Sie war sonst wegen ihrer durchdringenden Beobachtungsgabe eher zu scharfen Aeußerungen geneigt, die indessen niemals verletzten. Fritz schien für die ihm gewährte Hülfe nicht unempfindlich; es entspann sich ein

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/404>, abgerufen am 24.11.2024.