Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Schreckenszeit, und besonders unter Robespierre war jeden Tag die Zahl der auf dem Richtplatze guillotinirten angegeben; auch erinnre ich mich der Bemerkung, daß man sehr bald unter der Guillotine einen gemauerten Kanal nach der nahen Seine zum Abflusse des Blutes angelegt habe. Am Schlusse dieser mörderischen Periode stand Robespierre selbst mit 24 anderen unter der Zahl der guillotinirten, und von da an wurden die Hinrichtungen durch das Fallbeil immer seltener. Von den philosophischen Schriften nahm ich zuerst Montesquieu esprit des loix zur Hand, an dessen drei dicken Bänden ich in des Grosvaters Bibliothek mit einer gewissen Scheu vorüber gegangen war. Hier that ich einen Anlauf und las mich ein gutes Stück in den ersten Band hinein. Die Grundsätze der höchsten Staatsweisheit sind so einfach und schlicht vorgetragen, daß man denkt, es könne gar nicht davon abgewichen werden, und doch zeigt die Geschichte in der Zeit nach Montesquieu, daß seine Principien überall höchlich gepriesen, aber nur selten befolgt werden. Eine französische Uebersetzung des Shakspeare empfahl sich durch ein glänzendes Aeußere, aber es war mir nicht möglich, nur ein Stück ganz durchzulesen, so fremd erschien mir der edle Britte in dem gallischen Rocke, während Schlegels deutsche Uebersetzung mir immer zum großen Genusse gereichte. Als ich nun vollends beim Hin- und Herblättern im Macbeth einen Fehler fand, der die geringe englische Kenntniß des französischen Uebersetzers ans Licht brachte, so ward im jugendlichen Eifer über das Granze der Stab gebrochen. In der Hexenscene des vierten Aktes sieht Macbeth die Reihe der gekrönten Schreckenszeit, und besonders unter Robespierre war jeden Tag die Zahl der auf dem Richtplatze guillotinirten angegeben; auch erinnre ich mich der Bemerkung, daß man sehr bald unter der Guillotine einen gemauerten Kanal nach der nahen Seine zum Abflusse des Blutes angelegt habe. Am Schlusse dieser mörderischen Periode stand Robespierre selbst mit 24 anderen unter der Zahl der guillotinirten, und von da an wurden die Hinrichtungen durch das Fallbeil immer seltener. Von den philosophischen Schriften nahm ich zuerst Montesquieu esprit des loix zur Hand, an dessen drei dicken Bänden ich in des Grosvaters Bibliothek mit einer gewissen Scheu vorüber gegangen war. Hier that ich einen Anlauf und las mich ein gutes Stück in den ersten Band hinein. Die Grundsätze der höchsten Staatsweisheit sind so einfach und schlicht vorgetragen, daß man denkt, es könne gar nicht davon abgewichen werden, und doch zeigt die Geschichte in der Zeit nach Montesquieu, daß seine Principien überall höchlich gepriesen, aber nur selten befolgt werden. Eine französische Uebersetzung des Shakspeare empfahl sich durch ein glänzendes Aeußere, aber es war mir nicht möglich, nur ein Stück ganz durchzulesen, so fremd erschien mir der edle Britte in dem gallischen Rocke, während Schlegels deutsche Uebersetzung mir immer zum großen Genusse gereichte. Als ich nun vollends beim Hin- und Herblättern im Macbeth einen Fehler fand, der die geringe englische Kenntniß des französischen Uebersetzers ans Licht brachte, so ward im jugendlichen Eifer über das Granze der Stab gebrochen. 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Schreckenszeit, und besonders unter Robespierre war jeden Tag die Zahl der auf dem Richtplatze guillotinirten angegeben; auch erinnre ich mich der Bemerkung, daß man sehr bald unter der Guillotine einen gemauerten Kanal nach der nahen Seine zum Abflusse des Blutes angelegt habe. Am Schlusse dieser mörderischen Periode stand Robespierre selbst mit 24 anderen unter der Zahl der guillotinirten, und von da an wurden die Hinrichtungen durch das Fallbeil immer seltener.
Von den philosophischen Schriften nahm ich zuerst Montesquieu esprit des loix zur Hand, an dessen drei dicken Bänden ich in des Grosvaters Bibliothek mit einer gewissen Scheu vorüber gegangen war. Hier that ich einen Anlauf und las mich ein gutes Stück in den ersten Band hinein. Die Grundsätze der höchsten Staatsweisheit sind so einfach und schlicht vorgetragen, daß man denkt, es könne gar nicht davon abgewichen werden, und doch zeigt die Geschichte in der Zeit nach Montesquieu, daß seine Principien überall höchlich gepriesen, aber nur selten befolgt werden.
Eine französische Uebersetzung des Shakspeare empfahl sich durch ein glänzendes Aeußere, aber es war mir nicht möglich, nur ein Stück ganz durchzulesen, so fremd erschien mir der edle Britte in dem gallischen Rocke, während Schlegels deutsche Uebersetzung mir immer zum großen Genusse gereichte. Als ich nun vollends beim Hin- und Herblättern im Macbeth einen Fehler fand, der die geringe englische Kenntniß des französischen Uebersetzers ans Licht brachte, so ward im jugendlichen Eifer über das Granze der Stab gebrochen. In der Hexenscene des vierten Aktes sieht Macbeth die Reihe der gekrönten
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/399>, abgerufen am 16.07.2024. |