Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Löbichau. Berlin. Baireuth. 1820. Am 3. September 1820 verliefen wir das schöne Heidelberg. Da der Reisewagen meiner Aeltern nur 4 Plätze faßte, so fuhr ich mit Paul in einem kleinen eignen Wagen, den mein Vater für mich angeschafft. Manchmal wechselte Lilli ihren Platz mit Paul, und dann hatte ich Gelegenheit, mich eine Station lang recht nach Herzenslust mit ihr auszusprechen. Wie viel hatten wir uns zu sagen, und wie viel Vergnügen gewährten diese Unterhaltungen! Gewöhnlieh hieß es beim Aussteigen: Gustav, ich habe dir noch sehr viel mitzutheilen! Die Rückreise nach Berlin ging über Löbichau, wo die Herzogin mit ihrer Schwester Elisa von der Recke, mit ihren drei ältesten Töchtern und deren jugendlichen Gesellschaftsdamen Emilie, Luise und Marie Hof hielt. Die dort zugebrachten wenigen Tage gewährten das Behagen eines vornehmen Landlebens. An Besuchern aus der Umgegend fehlte es dieses Mal eben so wenig als vor acht Jahren. Die Bekanntschaft mit den Fräuleins von Thümmel auf Nöbdenitz wurde erneuert; wir hatten den Schmerz, die eine Schwester Clementine an einer unheilbaren Brustkrankheit dahinwelken zu sehn; sie starb noch während meines Aufenthaltes in Löbichau. Aus den bei- Löbichau. Berlin. Baireuth. 1820. Am 3. September 1820 verliefen wir das schöne Heidelberg. Da der Reisewagen meiner Aeltern nur 4 Plätze faßte, so fuhr ich mit Paul in einem kleinen eignen Wagen, den mein Vater für mich angeschafft. Manchmal wechselte Lilli ihren Platz mit Paul, und dann hatte ich Gelegenheit, mich eine Station lang recht nach Herzenslust mit ihr auszusprechen. Wie viel hatten wir uns zu sagen, und wie viel Vergnügen gewährten diese Unterhaltungen! Gewöhnlieh hieß es beim Aussteigen: Gustav, ich habe dir noch sehr viel mitzutheilen! Die Rückreise nach Berlin ging über Löbichau, wo die Herzogin mit ihrer Schwester Elisa von der Recke, mit ihren drei ältesten Töchtern und deren jugendlichen Gesellschaftsdamen Emilie, Luise und Marie Hof hielt. Die dort zugebrachten wenigen Tage gewährten das Behagen eines vornehmen Landlebens. An Besuchern aus der Umgegend fehlte es dieses Mal eben so wenig als vor acht Jahren. Die Bekanntschaft mit den Fräuleins von Thümmel auf Nöbdenitz wurde erneuert; wir hatten den Schmerz, die eine Schwester Clementine an einer unheilbaren Brustkrankheit dahinwelken zu sehn; sie starb noch während meines Aufenthaltes in Löbichau. Aus den bei- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0395" n="387"/> <div n="1"> <head rendition="#c">Löbichau. Berlin. Baireuth. 1820.</head><lb/> <p>Am 3. September 1820 verliefen wir das schöne Heidelberg. Da der Reisewagen meiner Aeltern nur 4 Plätze faßte, so fuhr ich mit Paul in einem kleinen eignen Wagen, den mein Vater für mich angeschafft. Manchmal wechselte Lilli ihren Platz mit Paul, und dann hatte ich Gelegenheit, mich eine Station lang recht nach Herzenslust mit ihr auszusprechen. Wie viel hatten wir uns zu sagen, und wie viel Vergnügen gewährten diese Unterhaltungen! Gewöhnlieh hieß es beim Aussteigen: Gustav, ich habe dir noch sehr viel mitzutheilen!</p><lb/> <p>Die Rückreise nach Berlin ging über Löbichau, wo die Herzogin mit ihrer Schwester Elisa von der Recke, mit ihren drei ältesten Töchtern und deren jugendlichen Gesellschaftsdamen Emilie, Luise und Marie Hof hielt. Die dort zugebrachten wenigen Tage gewährten das Behagen eines vornehmen Landlebens. An Besuchern aus der Umgegend fehlte es dieses Mal eben so wenig als vor acht Jahren. Die Bekanntschaft mit den Fräuleins von Thümmel auf Nöbdenitz wurde erneuert; wir hatten den Schmerz, die eine Schwester Clementine an einer unheilbaren Brustkrankheit dahinwelken zu sehn; sie starb noch während meines Aufenthaltes in Löbichau. Aus den bei- </p> </div> </body> </text> </TEI> [387/0395]
Löbichau. Berlin. Baireuth. 1820.
Am 3. September 1820 verliefen wir das schöne Heidelberg. Da der Reisewagen meiner Aeltern nur 4 Plätze faßte, so fuhr ich mit Paul in einem kleinen eignen Wagen, den mein Vater für mich angeschafft. Manchmal wechselte Lilli ihren Platz mit Paul, und dann hatte ich Gelegenheit, mich eine Station lang recht nach Herzenslust mit ihr auszusprechen. Wie viel hatten wir uns zu sagen, und wie viel Vergnügen gewährten diese Unterhaltungen! Gewöhnlieh hieß es beim Aussteigen: Gustav, ich habe dir noch sehr viel mitzutheilen!
Die Rückreise nach Berlin ging über Löbichau, wo die Herzogin mit ihrer Schwester Elisa von der Recke, mit ihren drei ältesten Töchtern und deren jugendlichen Gesellschaftsdamen Emilie, Luise und Marie Hof hielt. Die dort zugebrachten wenigen Tage gewährten das Behagen eines vornehmen Landlebens. An Besuchern aus der Umgegend fehlte es dieses Mal eben so wenig als vor acht Jahren. Die Bekanntschaft mit den Fräuleins von Thümmel auf Nöbdenitz wurde erneuert; wir hatten den Schmerz, die eine Schwester Clementine an einer unheilbaren Brustkrankheit dahinwelken zu sehn; sie starb noch während meines Aufenthaltes in Löbichau. Aus den bei-
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