Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

Bild:
<< vorherige Seite

Als er einige Tage auf der Promenade fehlte, erfuhr man, er sei nach Strasburg hinübergefahren, dessen Münster man von mehreren hohen Punkten aus im fernen Westen deutlich unterscheiden konnte. Der König hatte dort vor der Revolution von 1789 als junger pfälzischer Prinz in französischen Diensten gestanden, und als Oberst ein Regiment kommandirt. Nach den Stürmen der Revolution und nach einem Zwischenraume von 30 Jahren konnte er wohl kaum hoffen, viele von seinen Kameraden anzutreffen; er erfuhr aber, daß ein ehemaliger Unteroffizier seines Regimentes als Seilermeister noch lebe. Diesen besuchte er in seiner Wohnung.

Kennst du mich noch, Alter?

Nein, wie sollte ich?

Du wirst doch deinen ehemaligen Obersten noch kennen?

Folgte die Erkennungsscene.

Wie geht's dir?

Recht gut; ich habe zu leben, und meine Kinder sind versorgt.

So geht's mir auch; ich habe zu leben, und meine Kinder sind gut versorgt.

Freut mich zu hören.

Da kann man dir wohl nicht einmal etwas schenken? Doch einen Maxd'or mußt du von mir annehmen, und mir dafür ein gutes Glas Bier holen. Gelt, Alter, das hättest du wohl nicht gedacht, daß dein Oberst einmal würde Goldmünzen prägen lassen!

Von den teuflischen Reizen der Spielbank in Baden ließen wir uns nur so weit verführen, daß wir ein paar Guldenstücke dem Satanas Roulette zum Opfer brachten. Paul wußte es sehr komisch zu beschreiben, wie er recht

Als er einige Tage auf der Promenade fehlte, erfuhr man, er sei nach Strasburg hinübergefahren, dessen Münster man von mehreren hohen Punkten aus im fernen Westen deutlich unterscheiden konnte. Der König hatte dort vor der Revolution von 1789 als junger pfälzischer Prinz in französischen Diensten gestanden, und als Oberst ein Regiment kommandirt. Nach den Stürmen der Revolution und nach einem Zwischenraume von 30 Jahren konnte er wohl kaum hoffen, viele von seinen Kameraden anzutreffen; er erfuhr aber, daß ein ehemaliger Unteroffizier seines Regimentes als Seilermeister noch lebe. Diesen besuchte er in seiner Wohnung.

Kennst du mich noch, Alter?

Nein, wie sollte ich?

Du wirst doch deinen ehemaligen Obersten noch kennen?

Folgte die Erkennungsscene.

Wie geht’s dir?

Recht gut; ich habe zu leben, und meine Kinder sind versorgt.

So geht’s mir auch; ich habe zu leben, und meine Kinder sind gut versorgt.

Freut mich zu hören.

Da kann man dir wohl nicht einmal etwas schenken? Doch einen Maxd’or mußt du von mir annehmen, und mir dafür ein gutes Glas Bier holen. Gelt, Alter, das hättest du wohl nicht gedacht, daß dein Oberst einmal würde Goldmünzen prägen lassen!

Von den teuflischen Reizen der Spielbank in Baden ließen wir uns nur so weit verführen, daß wir ein paar Guldenstücke dem Satanas Roulette zum Opfer brachten. Paul wußte es sehr komisch zu beschreiben, wie er recht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p>
          <pb facs="#f0387" n="379"/>
        </p><lb/>
        <p>Als er einige Tage auf der Promenade fehlte, erfuhr man, er sei nach Strasburg hinübergefahren, dessen Münster man von mehreren hohen Punkten aus im fernen Westen deutlich unterscheiden konnte. Der König hatte dort vor der Revolution von 1789 als junger pfälzischer Prinz in französischen Diensten gestanden, und als Oberst ein Regiment kommandirt. Nach den Stürmen der Revolution und nach einem Zwischenraume von 30 Jahren konnte er wohl kaum hoffen, viele von seinen Kameraden anzutreffen; er erfuhr aber, daß ein ehemaliger Unteroffizier seines Regimentes als Seilermeister noch lebe. Diesen besuchte er in seiner Wohnung. </p><lb/>
        <p>Kennst du mich noch, Alter? </p><lb/>
        <p>Nein, wie sollte ich? </p><lb/>
        <p>Du wirst doch deinen ehemaligen Obersten noch kennen? </p><lb/>
        <p>Folgte die Erkennungsscene. </p><lb/>
        <p>Wie geht&#x2019;s dir? </p><lb/>
        <p>Recht gut; ich habe zu leben, und meine Kinder sind versorgt. </p><lb/>
        <p>So geht&#x2019;s mir auch; ich habe zu leben, und meine Kinder sind gut versorgt. </p><lb/>
        <p>Freut mich zu hören. </p><lb/>
        <p>Da kann man dir wohl nicht einmal etwas schenken? Doch einen Maxd&#x2019;or mußt du von mir annehmen, und mir dafür ein gutes Glas Bier holen. Gelt, Alter, das hättest du wohl nicht gedacht, daß dein Oberst einmal würde Goldmünzen prägen lassen! </p><lb/>
        <p>Von den teuflischen Reizen der Spielbank in Baden ließen wir uns nur so weit verführen, daß wir ein paar Guldenstücke dem Satanas Roulette zum Opfer brachten. Paul wußte es sehr komisch zu beschreiben, wie er recht
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[379/0387] Als er einige Tage auf der Promenade fehlte, erfuhr man, er sei nach Strasburg hinübergefahren, dessen Münster man von mehreren hohen Punkten aus im fernen Westen deutlich unterscheiden konnte. Der König hatte dort vor der Revolution von 1789 als junger pfälzischer Prinz in französischen Diensten gestanden, und als Oberst ein Regiment kommandirt. Nach den Stürmen der Revolution und nach einem Zwischenraume von 30 Jahren konnte er wohl kaum hoffen, viele von seinen Kameraden anzutreffen; er erfuhr aber, daß ein ehemaliger Unteroffizier seines Regimentes als Seilermeister noch lebe. Diesen besuchte er in seiner Wohnung. Kennst du mich noch, Alter? Nein, wie sollte ich? Du wirst doch deinen ehemaligen Obersten noch kennen? Folgte die Erkennungsscene. Wie geht’s dir? Recht gut; ich habe zu leben, und meine Kinder sind versorgt. So geht’s mir auch; ich habe zu leben, und meine Kinder sind gut versorgt. Freut mich zu hören. Da kann man dir wohl nicht einmal etwas schenken? Doch einen Maxd’or mußt du von mir annehmen, und mir dafür ein gutes Glas Bier holen. Gelt, Alter, das hättest du wohl nicht gedacht, daß dein Oberst einmal würde Goldmünzen prägen lassen! Von den teuflischen Reizen der Spielbank in Baden ließen wir uns nur so weit verführen, daß wir ein paar Guldenstücke dem Satanas Roulette zum Opfer brachten. Paul wußte es sehr komisch zu beschreiben, wie er recht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-01-07T13:04:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1) (2014-01-07T13:04:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • Kolumnentitel: nicht übernommen
  • Kustoden: nicht übernommen
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/387
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/387>, abgerufen am 24.11.2024.